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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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<strong>Umweltgeschichte</strong> wozu? (2009)<br />

schichte graphische Visualisierungsversuche verbreitet, <strong>die</strong> das grundsätzliche<br />

Mensch-Umwelt-Verhältnis mit Varianten des Bedeutungsinhalts zu Mensch (auch<br />

„Gesellschaft“ bzw. „Kultur“) bzw. zu Umwelt (auch „Natur“, auch i.S. von „Umgebung“)<br />

im Hinblick auf eine geschichtstheoretische Funktionalität darstellen. 422<br />

Die analytische Qualität solcher Diagramme bleibt jedoch oft unklar. Vielmehr<br />

scheint sich ihre Verwendung eher der Vorstellung zu verdanken, dass ein Diagramm<br />

als Ausweis gehobenen wissenschaftlichen Anspruchs gilt, als dass es einen<br />

Beitrag <strong>zur</strong> Erklärung eines konkreten Problems oder <strong>zur</strong> Systematisierung eines<br />

Forschungsfeldes le<strong>ist</strong>et. Ich werde daher <strong>die</strong> diagrammatische Facette nicht weiter<br />

erörtern. 423 Gleichfalls reizlos <strong>ist</strong> für mich <strong>die</strong> Demonstration einer fleißigen Belesenheit,<br />

<strong>die</strong> in <strong>die</strong> Präsentation einer Tabelle mit nuancenreichen Definitionsbemühungen<br />

mündete, wie sie aus der Literatur zutage gefördert werden könnten.<br />

Stattdessen genügen mir einige Beispiele:<br />

Eine einflussreiche Schrift <strong>zur</strong> Frage „Was <strong>ist</strong> <strong>Umweltgeschichte</strong>?“ hat Radkau<br />

1993 vorgelegt. Ihr folgten später Definitions-Varianten in Buchform. Donald<br />

Hughes definiert „<strong>Umweltgeschichte</strong>“ in einem Satz und hängt das erläuternde<br />

Buch dann an. 424 Winiwarter u. Knoll (2007) definieren nicht explizit, sie machten<br />

ein Systematisierungsangebot, wie es eben <strong>die</strong> Aufgabe von Lehrbüchern <strong>ist</strong>. 425<br />

Lehmkuhls Aufsatz (2002) <strong>ist</strong> interessant, weil sie <strong>die</strong> Perspektive der h<strong>ist</strong>oire totale<br />

und das Zukunftspotential der <strong>Umweltgeschichte</strong> in den Blick nimmt. Der Aufsatz<br />

von Siemann & Freytag (2003) erläutert <strong>die</strong> Bedeutung des Ep<strong>ist</strong>ems Umwelt für<br />

<strong>die</strong> Geschichtswissenschaft und begründet seine gleichberechtigte Stellung neben<br />

den drei anderen Grundkategorien (Herrschaft, Wirtschaft, Kultur). 426 Nach Auffassung<br />

der Autoren <strong>ist</strong> <strong>die</strong> <strong>Umweltgeschichte</strong> „letztlich Menschen- und Naturgeschichte<br />

in einem…“. 427 Die Darstellung der „<strong>Umweltgeschichte</strong> im 19. und<br />

422 Es genügt hier der Hinweis auf Winiwarter & Knoll, Kap. 5.2., <strong>die</strong> einschlägige Graphiken (dort<br />

als „Modelle“ bezeichnet) zusammengestellt haben.<br />

423 Zu den breiter rezipierten Naturdefinitionen von Holling & Ludwig, <strong>die</strong> sehr einfache und damit<br />

einprägsame geometrische Darstellungen gefunden haben, vgl. Herrmann 2008. Sie sind aus den<br />

dort angegebenen Gründen m.E. für den umwelth<strong>ist</strong>orischen Diskurs unbrauchbar.<br />

424 „It is a kind of h<strong>ist</strong>ory that seeks understanding of human beings as they have lived, worked and thought in<br />

relationship to the rest of nature through the changes brought by time.“ (Hughes 2006, S. 1). Ungeachtet <strong>die</strong>ses<br />

Zitats konzentriere mich innerhalb des hier vorliegenden Aufsatzes auf den deutschsprachigen<br />

Raum, muss jedoch mindestens auf den etwas entlegen publizierten Reviewaufsatz von McNeill<br />

(2003) verweisen.<br />

425 Anstelle eines Definitionskapitels versammeln Winiwarter & Knoll Definitionsangebote aus der<br />

Literatur in der Einleitung (S.14-15). Sie folgen damit der Praxis vieler Lehrbücher unterschiedlichster<br />

Disziplinen, <strong>die</strong> ihren Gegenstand nicht eigens definieren, sondern vermutlich dem didaktischen<br />

Mittel folgen, mit dem Lehrbuchtext den Leser zu einer intuitiven Definition verhelfen zu wollen.<br />

Tatsächlich wird mit der Systematisierung des Stoffs in einem Lehrbuch implizit ein eigenes Definitionsangebot<br />

gemacht, was für praktische Belange zume<strong>ist</strong> ausreichend erscheint. – Eine ältere<br />

Definitionszusammenstellung für „<strong>Umweltgeschichte</strong>“ findet sich bei Fuchsloch.<br />

426 Siemann & Freytag haben eine nach <strong>mein</strong>em Urteil überzeugende Darstellung <strong>zur</strong> geschichtstheoretischen<br />

Bedeutung der „<strong>Umweltgeschichte</strong>“ verfasst. <strong>Umweltgeschichte</strong> wird von ihnen nicht<br />

eigens definiert, sondern pragmatisch ein Konsens von der „Erforschung der Wechselwirkungen zwischen<br />

Mensch und Natur“ unterstellt (S.8).<br />

427 A.a.O., S. 10.<br />

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