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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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verbinden <strong>die</strong> Erläuterungen kulturgeschichtliches und ökologisches Wissen in einer<br />

Weise, <strong>die</strong> man auch <strong>zur</strong> Zeit der Veröffentlichung des Buches gewiss „umwelth<strong>ist</strong>orisch“<br />

genannt hätte, wäre der Begriff schon allge<strong>mein</strong> verfügbar gewesen. Nach wie<br />

vor <strong>ist</strong> <strong>die</strong>ses Buch ein hervorragendes Musterbeispiel für umwelth<strong>ist</strong>orische Wissensbildung<br />

und -vermittlung. Im akademischen Kontext wird erstaunlich selten auf es<br />

verwiesen. Zum einen mag <strong>die</strong>s daran liegen, dass verwendete Literatur nur als Auswahl-L<strong>ist</strong>e<br />

im Anhang beigegeben und nicht in Form von Hinweisen, Bezügen und<br />

referenzierten Zitaten in den Textverlauf eingebettet <strong>ist</strong>. Das begrenzt den Nutzen des<br />

Buches auf unglückliche Weise. Es steht allerdings zu befürchten, dass <strong>die</strong>s zum anderen<br />

auch mit einem beobachtbaren Anerkennungsgeiz zusammenhängen könnte, den<br />

mancher professioneller H<strong>ist</strong>oriker den Le<strong>ist</strong>ungen entgegenbringt, <strong>die</strong> von Nichth<strong>ist</strong>orikern<br />

auf Feldern erbracht werden, für <strong>die</strong> jene H<strong>ist</strong>oriker Besitzstand annehmen.<br />

Das Werk von Makowski & Buderath kann heute zwar als umwelth<strong>ist</strong>orische Fibel<br />

verstanden und gelesen werden, 739 seine Entstehung verdankte es indes einem Impuls,<br />

den <strong>die</strong> Autoren selbst gleich mit den ersten Textzeilen des Buches benennen: „Die<br />

Anklage liegt vor. Die Verhandlungen sind öffentlich. Die Anklage lautet auf ‚Raubbau an der<br />

Natur in Tateinheit mit Nötigung und Gewaltanwendung’. Beklagter <strong>ist</strong> der Mensch, richtiger: der<br />

Mensch unserer Breiten und unserer Zeit. Der Hauptankläger <strong>ist</strong> ebenfalls der Mensch, unterstützt<br />

von einer Reihe von Nebenklägern. Die Verteidigung plä<strong>die</strong>rt auf den Befehlsnotstand, der niedergelegt<br />

<strong>ist</strong> in dem Auftrag, sich <strong>die</strong> Erde Untertan zu machen.“ (S. 7). Es <strong>ist</strong> <strong>die</strong> missionierende<br />

Aufforderung zu ökologischer Umkehr und naturkonservatorischer Buße, <strong>die</strong> Ende<br />

der 70er-, Anfang der 80er Jahre des 20. Jhs. in Deutschland den öffentlichen Diskurs<br />

als progressives politisches Programmelement durchzog. 740 Erst kurz vor der Veröffentlichung<br />

des Buches waren „Die Grünen“ als politische Partei gegründet worden<br />

(1980). Der pädagogische Zeigefinger zeigte, soweit <strong>ist</strong> in der Zwischenzeit von der<br />

Umweltgeschichtsforschung Klarheit geschaffen worden, zu Unrecht allein auf das<br />

ver<strong>mein</strong>tlich chr<strong>ist</strong>lich-abendländische Ausbeutungserbe, denn bis heute sucht <strong>die</strong><br />

Forschung vergeblich nach einer menschlichen Kultur, <strong>die</strong> sich außerhalb <strong>die</strong>ser Vorwürfe<br />

befindet, denen voreilig eine Spezifität chr<strong>ist</strong>licher Weltsicht unterstellt wurde. 741<br />

739 Die Deutsche Nationalbibliothek hat <strong>die</strong> beiden Druckversionen, <strong>die</strong> von <strong>die</strong>sem Werk ex<strong>ist</strong>ieren,<br />

folgenden Sachgruppen zugerechnet: „61 Geographie, Heimat- und Länderkunde, Reisen; 44 Umweltschutz,<br />

Raumordnung, Landschaftsgestaltung; 46 Bildende Kunst“. Einen Zusammenhang mit<br />

der Sachgruppe „63 Geschichte und H<strong>ist</strong>orische Hilfswissenschaften” sahen <strong>die</strong> Bibliothekare bei<br />

Aufnahme des Titels nicht (letzte Katalogabfrage 7.2.2010). Das <strong>ist</strong> nicht weiter zu kritisieren,<br />

schließlich fehlt „<strong>Umweltgeschichte</strong>“ sogar in den Rezensionsrubriken von H-Soz-u-Kult bis auf den<br />

heutigen Tag (7.2.2010), sie wird auch im weit verbreiteten „Bücherverzeichnis <strong>zur</strong> deutschen Geschichte“<br />

(Baumgart, letzte Auflage 2006) vergeblich gesucht.<br />

740 Mindestens ein Teil des Buches <strong>ist</strong> in Schneverdingen, Niedersachsen, geschrieben worden (u.a.<br />

das Vorwort). Schneverdingen <strong>ist</strong> seit 1981 Sitz der heute so genannten „Alfred Töpfer Akademie für<br />

Naturschutz (NNA)“<br />

741 Abgestellt wird auf Genesis 1, 28: „Und Gott segnete sie [Mann und Frau] und sprach zu ihnen:<br />

Seid fruchtbar und mehret euch und füllet <strong>die</strong> Erde und machet sie euch untertan und herrschet über <strong>die</strong><br />

Fische im Meer und über <strong>die</strong> Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das<br />

auf Erden kriecht.“ Das Gebot fun<strong>die</strong>rte theologisch den Umgang mit Natur im dominium terrae. (<br />

Einschub und Hervorhebung B.H.) – Der Vorwurf, <strong>die</strong> Ausbeutung der Natur sei ein spezifisch<br />

chr<strong>ist</strong>liches Erbe, wurde von dem Princeton-H<strong>ist</strong>oriker Lynn White (1967) in einem seinerzeit einflussreichen<br />

Aufsatz erhoben. Der Vorwurf schien damals, ohne hinreichende vergleichend umwelth<strong>ist</strong>orische<br />

Kenntnisse, überzeugend. Heute <strong>ist</strong> er überholt (hierzu z. B. Diamond; Kaiser). [Dia-

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