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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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Wenn <strong>die</strong> Gastgeber mit der Einladungsschrift zum Workshop ihre Standortortbestimmung<br />

mit dem Hinweis auf Clyde P. Snow verbunden haben, sollte der differenzierenden<br />

Einwände gegen Snows Diagnose gedacht werden. Dessen ungeachtet<br />

bleibt es ein Faktum, dass ein wissenschaftssystematisch einheitlicher Überbau<br />

nur in Verabredungen auf bestimmte rational-logische Operationen gründen kann<br />

und im Alltag <strong>die</strong> Disziplinen nebeneinander her ex<strong>ist</strong>ieren. Und das <strong>ist</strong> in einem<br />

pragmatischen Sinne durchaus akzeptabel, denn vor den Gewinn abstrakter erkenntn<strong>ist</strong>heoretischer<br />

Großentwürfe auf der metatheoretischen Plattform haben<br />

<strong>die</strong> Götter den Schweiß der alltäglichen disziplinären Kärrnerarbeit gesetzt.<br />

Der transdisziplinäre Diskurs ordnet <strong>die</strong> einzelfachlichen Wissenselemente<br />

neu, indem er sie zu neuen Wissenszusammenhängen mit Anschlussfähigkeit arrangiert.<br />

Man kann dabei an Ernst Cassirers 828 Aufforderung <strong>zur</strong> „Kontextualisierung<br />

des Wissens“ anknüpfen, an <strong>die</strong> Aufforderung <strong>zur</strong> Interaktion des disziplinär<br />

erarbeiteten Wissens mit benachbarten, aber auch entfernten Formen und Feldern<br />

des Wissens und der Erfahrung. Für Wolfgang Frühwald gehört <strong>die</strong>s zu jener<br />

„Anthropologisierung des Wissens, <strong>die</strong> im 19. Jahrhundert abgebrochen <strong>ist</strong>, weil <strong>die</strong> zunehmende<br />

(und zunächst notwendige) Spaltung der Wissensfelder, <strong>die</strong> Entwicklung von experimentellen<br />

Naturwissenschaften auf der einen und emphatisch verstandenen Ge<strong>ist</strong>eswissenschaften auf der<br />

anderen Seite, <strong>die</strong> Institutionalisierung einer Gesamthumanwissenschaft Anthropologie scheinbar<br />

überflüssig machte. Odo Marquard hat…verdeutlich, dass und wie im 19. Jahrhundert statt der<br />

Anthropologie <strong>die</strong> Biologie erfolgreich institutionalisiert wurde. Aus ihr wurde das Thema der<br />

Besonderheiten und Sonderbarkeiten des Menschen ausgeschlossen, seiner nahmen sich <strong>die</strong> Ge<strong>ist</strong>eswissenschaften<br />

an; so […] kam es gewissermaßen als Konsequenz der misslungenen Institutionalisierung<br />

der Anthropologie gegen Ende des 19. Jahrhunderts <strong>zur</strong> endgültigen theoretischen und<br />

institutionellen Durchsetzung der Ge<strong>ist</strong>eswissenschaften.“ Frühwald <strong>ist</strong> der Auffassung, dass „<strong>die</strong><br />

moderne Wissenschaftstheorie seit langem [versucht], auf der Basis hoch entwickelter Detailwissenschaften<br />

zu jener Kontextualisierung und Anthropologisierung der in allen Wissenschaften<br />

gleichartig wirkenden Denkformen zu kommen, von denen aus neue Wege, begehbare Wege auch<br />

durch <strong>die</strong> immer undurchdringlicheren Datengebirge der experimentellen Fächer ihren Ausgang<br />

nehmen könnten.“<br />

Ich kenne mich mit der hier erwähnten „Anthropologisierung“ nur mäßig aus. Der<br />

Verdacht liegt nahe und lässt sich auch gut begründen, dass dabei der Weg zu einer<br />

umfassenden, hol<strong>ist</strong>ischen Wissensproduktion beschritten wird, <strong>die</strong> transdisziplinär<br />

<strong>ist</strong>, weil sie alle Disziplinen hinter sich lässt, bzw. alle Disziplinen in ihr aufgehen.<br />

Unter der Generalhypothese von der Einheitlichkeit alles Humanen erscheint <strong>die</strong>se<br />

Entwicklung von gewisser Folgerichtigkeit. Welchen Erklärungswert <strong>die</strong> in <strong>die</strong>sem<br />

Zugang möglichen analytischen Arbeiten dann haben werden, scheint mir aller-<br />

828 nach Frühwald 2006, bes. Seiten 19/20, von dort auch Übernahme des nachfolgenden Wortlautes<br />

bis zum Absatzende. Frühwald beruft sich dabei auf W. Lepenies und O. Marquard

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