06.01.2013 Aufrufe

"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Heuschreckenkalamitäten in Brandenburg (2010) 353<br />

stellen mit ca. 6 cm das obere Ende des Größenspektrums, das bei 3 cm beginnt. Abgebildet<br />

<strong>ist</strong> <strong>die</strong> sogen. Solitäre Phase, <strong>die</strong> nicht identisch mit der wandernden Form <strong>ist</strong>. (Foto:<br />

S. Hourticolon)<br />

Die Wanderheuschrecken (Abb. 3) sind Fraßschädlinge, <strong>die</strong> vor allem krautige<br />

oberirdische Pflanzenteile und Blätter verzehren. In großer Zahl sind sie als Flugform<br />

wie als flugunfähige Larve in der Lage, Kulturflächen innerhalb von Stunden<br />

vollständig zu vernichten. Wandernde Heuschreckenschwärme verdanken sich im<br />

Prinzip dem Zusammentreffen ökologischer Determinanten im primären Brutgebiet.<br />

Wenn eine Periode von Jahren, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Massenvermehrung der solitären<br />

Heuschrecken günstig waren, von einer längeren Trockenheit gefolgt wird, <strong>ist</strong> der<br />

noch verfügbare Lebensraum für <strong>die</strong> Bevölkerungsdichte der Heuschrecken zu<br />

klein, sie wandeln sich durch hormonelle Umstellung in Wanderformen und beginnen<br />

zu schwärmen.<br />

Solche Heuschreckenschwärme ereichten auch Brandenburg, wo sie sich als<br />

Schädlinge zeitweilig etablieren konnten. Die Heuschreckenkalamitäten hatten<br />

ihren Hintergrund auch darin, dass Wanderheuschrecken in Brandenburg und<br />

angrenzenden Gebieten sekundäre Brutplätze fanden. Weil Brandenburg noch<br />

zum natürlichen Verbreitungsrand der Wanderheuschrecke (Locusta migratoria) gehörte,<br />

konnten sich deren Populationsbestände daher ggfl. auch aus sich heraus<br />

und ohne beständigen ergänzenden Einfall aus dem europäischen Südosten erhalten<br />

und höhere Dichten erreichen. Sofern <strong>die</strong> Witterungsbedingungen es zuließen,<br />

659 lag es in der Logik solcher Populationsdynamiken, dass auf ein Heuschreckenjahr<br />

häufig ein zweites folgte.<br />

In <strong>die</strong>sen sekundären Brutgebieten waren es dann vor allem <strong>die</strong> bis <strong>zur</strong> letzten<br />

Häutung noch flugunfähigen Larvensta<strong>die</strong>n, <strong>die</strong> den Kulturflächen ab Mai als<br />

Fraßschädlinge zusetzten. Wegen ihrer Flugunfähigkeit bewegten sie sich hüpfend,<br />

springend. Hieraus erklären sich <strong>die</strong> alten Bezeichnungen „Sprengsel“ und „Sprenkel“,<br />

<strong>die</strong> vor allem für <strong>die</strong> Larvensta<strong>die</strong>n und selten für <strong>die</strong> voll entwickelten Imagines<br />

verwendet wurden, <strong>die</strong> ganz überwiegend als „Heuschrecken“ bezeichnet<br />

wurden. Die Fortpflanzung der Heuschrecken <strong>ist</strong> an das Imaginalstadium gebunden.<br />

Die Eiablage begann in Brandenburg um das Monatsende im August.<br />

Begünstigt wurden sekundäre Bruten auch durch das Bewirtschaftungssystem:<br />

„Nach der gewöhnlichen Bestellung der Äcker in der Kurmark werden <strong>die</strong>selben<br />

zwei Jahr zum Fruchttragen genutzt und bleiben das dritte Jahr brach. Denjenigen<br />

<strong>Acker</strong>, welchen man nicht dergestalt nutzt, sondern nur nach Verlauf mehrerer<br />

Jahre bestellt, nennt man drei-, sechs-, neunjährigen <strong>Acker</strong>, je nach dem <strong>die</strong>se Be-<br />

659 Aus der Entwicklungsbiologie der Heuschrecke <strong>ist</strong> bekannt, dass Feuchtigkeit des Bodens und<br />

Wärme zusammentreffen müssen, um <strong>die</strong> Larvenentwicklung aus dem Ei zu befördern. Für <strong>die</strong><br />

Sandböden Brandenburgs ergibt sich entweder ein Entwicklungsschwerpunkt in den Oder-Auen<br />

bzw. benachbarter Flusssysteme und /oder auf den glazialen Sandflächen vor allem des Barnim nach<br />

ausreichenden Niederschlägen. Über <strong>die</strong> Witterung in den Heuschreckenjahren sind uns keine Zusammenstellungen<br />

oder Untersuchungen bekannt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!