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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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ren, oder zumindest <strong>die</strong> Hoffnung auf <strong>die</strong>se, markierten auch Anfänge der deutschen<br />

wie der internationalen Umweltgeschichtsforschung.<br />

Dennoch hält sich allge<strong>mein</strong> hartnäckig <strong>die</strong> Vorstellung einer allein aus dem<br />

persönlichen Interesse des Forschenden resultierenden Fokussierung auf sein<br />

Thema. So wurde auch Anlässlich der Übergabe seines Rektorats des Berliner Wissenschaftskollegs<br />

2007 an Luca Giuliani von Dieter Grimm <strong>die</strong> Bedeutung <strong>die</strong>ser<br />

Institution mit folgenden Worten betont:<br />

„…Die Forschung des Einzelnen <strong>ist</strong> wichtig, nicht nur sein Beitrag als Gruppenmitglied in<br />

Großprojekten. Die nicht von vornherein nutzenorientierte Forschung <strong>ist</strong> wichtig, nicht nur, weil<br />

sie manchmal ungeplanten Nutzen stiftet, sondern wegen des Selbstwertes von Erkenntnis. Die<br />

Forschung, <strong>die</strong> nicht von Drittmitteln abhängig <strong>ist</strong>, <strong>ist</strong> wichtig, weil hier das Erkenntnisinteresse<br />

nicht extern, sondern intern bestimmt wird und weil man besser D<strong>ist</strong>anz zu den beobachteten<br />

Systemen halten kann. Die Pflege der sogenannten kleinen Fächer <strong>ist</strong> wichtig, weil sie einen kulturellen<br />

Reichtum erhalten und Verständnishorizonte eröffnen, <strong>die</strong> unter Globalisierungsbedingungen<br />

nötiger denn je sind.“ 447 Einer solchen Bewertung wird man vermutlich vorbehaltlos<br />

zustimmen, denn Grimm trägt hier eben das bekannte und anerkannte<br />

Rechtfertigungsmantra für das individual<strong>ist</strong>ische, selbstbestimmte Forschen vor.<br />

Ein Institute for Advanced Stu<strong>die</strong>s anerkennt also <strong>die</strong> Bedeutung des Einzelnen, enthebt<br />

ihn der Drittmittelabhängigkeit und feiert den nur sich selbst verpflichteten<br />

Gelehrten. Im Kleinen, so deuten wir Grimms Beschreibung um, funktioniert ein<br />

Graduiertenkolleg letztlich wie ein Institute for Advanced Stu<strong>die</strong>s. Genauso sahen sich<br />

und es ja auch einige Kollegiaten des Göttinger Kollegs, wie im Vorwort geschildert.<br />

Mit dem Hinweis auf Grimm, auf <strong>die</strong> Idee der Institutes for Advanced Stu<strong>die</strong>s und<br />

dem Hinweis darauf, dass der Wissenschaftler allein entscheide, was relevant, was<br />

also im Wortsinne „wichtig“ <strong>ist</strong>, könnte man <strong>die</strong> Sache als erledigt betrachten. Die<br />

„Relevanz“ wird damit kategorial <strong>zur</strong> „Relevation“ hin verschoben, mit der <strong>die</strong><br />

„Befreiung von einer Verbindlichkeit“ ge<strong>mein</strong>t <strong>ist</strong>. Der Wissenschaftler sei frei von<br />

Verbindlichkeiten gegenüber wem auch immer.<br />

Sollte Dieter Grimm tatsächlich entgangen sein, dass sein Kolleg mit der Fernhaltung<br />

der Fellows von den Niederungen praktischer Wissenschaftsorganisation<br />

und –alimentierung <strong>die</strong> damit verbundenen Probleme lediglich auf andere Ebenen<br />

verlagert hat, nämlich <strong>die</strong> der Admin<strong>ist</strong>ration seines Kollegs selbst? Käme man<br />

ohne Auswahl ans Wissenschaftskolleg? Gibt es keinen jährlichen Rechenschaftsbericht,<br />

mit dem <strong>die</strong> Geldgeber beruhigt werden? Verdanken sich <strong>die</strong> ge<strong>mein</strong>schaftlichen<br />

Forschungsprojekte des Kollegs wie auch der Fellows selbst nicht<br />

etwa auch jeweiligem gesellschaftlichem Interesse? 448 Eine ähnliches Beispiel kann<br />

man in dem geldschweren britische Forschungsprogramm erkennen, dem der programmatischen<br />

Name „Blue Skies Research“ gegeben wurde, und das sich beispielsweise<br />

überraschend konventionell der Mitwirkung von Gutachtern versi-<br />

447 Aus: Ansprache des Rektors des Wissenschaftskollegs zu Berlin, Dieter Grimm, aus Anlass der<br />

Rektoratsübergabe am 1.April 2007. Wissenschaftskolleg zu Berlin. Seiten 9- 10.<br />

448 Verf. glaubt, sich als ehem. Fellow-Sprecher (Class of 1995/96) <strong>die</strong>se Fragen erlauben zu dürfen.

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