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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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<strong>Umweltgeschichte</strong> wozu? (2009)<br />

begriff: 452 ein Tauf- und Missionsbefehl, ein Schlachtruf und ein Börsenbegriff.<br />

Der „Tauf- und Missionsbefehl“ be<strong>die</strong>nt religiöse bzw. quasi-religiöse Bedürfnisse,<br />

auf <strong>die</strong> ich weiter unten noch eingehe. Der „Schlachtruf“ <strong>ist</strong> Instrument von<br />

NGOs und Körperschaften geworden und hat zu politischen Eckdaten geführt,<br />

<strong>die</strong> ihren Ausdruck u.a. im MEA 453 finden. Sehr interessant <strong>ist</strong> <strong>die</strong> börsenaffine<br />

Seite des Begriffs. Sie beklagt den Rückgang der Artendiversität vor dem Hintergrund<br />

entgehender menschlicher Verwertungsmöglichkeit und damit entgehender<br />

wirtschaftlicher Nutzung, vor allem aus pharmakologischem Interesse. Umwelth<strong>ist</strong>oriker<br />

wissen, dass <strong>die</strong>ser Aspekt der Naturnutzung schon vor 250 Jahren den<br />

europäischen Blick in <strong>die</strong> Kolonien beflügelte: „Nutzung“ und „Verbesserung“<br />

(der Natur) als Zentralbegriffe der Aufklärung. Allerdings bewegen sich heutige<br />

Ausbeutungsinteressen, <strong>die</strong> u.a. <strong>die</strong> Patentierung von Genombestandteilen anstreben,<br />

um dadurch wirtschaftliche Vormachtstellung zu erhalten, jenseits jeder Vorstellungsmöglichkeiten<br />

gutgläubiger Aufklärer. 454<br />

Fraglos sind „Biodiversität“ und sein mit der Rio-Konferenz etablierter Nachbarbegriff<br />

„Nachhaltigkeit“ sowie das Thema „Klimawandel“ gegenwärtige politikbestimmende<br />

Schlagwörter. 455 Umweltthemen haben längst <strong>die</strong> Feuilletons erreicht,<br />

sind Gegenstand von unterhaltungs<strong>die</strong>nlichen Katastrophenszenarios. 456<br />

Die Werbung arbeitet mit umwelth<strong>ist</strong>orischen Versatzstücken, wenn mit Chiffren<br />

des Para<strong>die</strong>sverlustes <strong>die</strong> Lust auf einen Urlaub „im Südseepara<strong>die</strong>s“ geschürt oder<br />

ein beliebiger Konsumartikel als „Natur pur“ angepriesen wird. Alle sind Hinweis<br />

darauf, dass Umweltthemen breit rezipiert werden, mithin Relevanzcharakter haben.<br />

Ließe sich da der <strong>Umweltgeschichte</strong> nicht eine Teilhabe an Relevanzfragen<br />

zuweisen?<br />

452 Herrmann 2006, S. 187<br />

453 Millenium Ecosystem Assessment.<br />

http://www.millenniumassessment.org – Wie man aus Biodiversitätsmodellen politische Kategorien<br />

macht, erzählen aufschlussreich Mann u. Plummer 1995.<br />

454 Beispielsweise <strong>ist</strong> mit dem geplanten Zugriff der Firma Monsanto, mit einer für <strong>die</strong>sen Agrarkonzern<br />

(bzw. Tochterunternehmen) patentierten Sequenz des Schweinegenoms <strong>die</strong> weltweite Schweineproduktion<br />

zu monopolisieren, bereits heute <strong>die</strong> bedrückendste Folge von Naturausbeutung durch<br />

Kommerzialisierung erreicht, weil davon möglicherweise selbst alte Landrassen nicht mehr ausgenommen<br />

wären. Die fatale Perspektive solcher Gen-Monopole liegt auf der Hand.<br />

455 Zu den Themen, <strong>die</strong> u.a. auf dem Workshop nicht erörtert wurden, gehört auch <strong>die</strong> Frage: „Was<br />

macht eigentlich….das Artensterben?“ Nach Jahren des hochrangigen politischen Arguments, scheint<br />

es im Moment etwas stiller um <strong>die</strong>se Frage geworden zu sein. Es lohnt sich, neben der Lektüre von<br />

Mann & Plummer (1995) auch jene Prognose von Global 2000 (1980, besonders S. 86) heranzuziehen,<br />

in der ein Aussterben von 15-20 % aller auf der Erde lebenden Arten bis zum Jahre 2000 für<br />

möglich gehalten wurde. Dies scheint nicht eingetroffen zu sein. – Für den ersten Alarmismus-<br />

Bericht des Club of Rome „Grenzen des Wachstums“ (Meadows et al. 1973) spielten mögliche Biodiversitätsverluste<br />

noch keine Rolle.<br />

456 z. B. <strong>die</strong> Filme „The Day after Tomorrow“ Regie: Roland Emmerich; „Deep Impact“ Regie: Mimi<br />

Leder; kriminal<strong>ist</strong>ische Bestseller: J.-C. Rufin, 100 Stunden, 2008<br />

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