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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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gegen Mäuse usw. zwar schon seit Menschengedenken, doch <strong>die</strong> „In<strong>die</strong>nststellung<br />

der Natur“ erfolgt seit dem 18. Jh. in der zunehmend systematischen Weise, <strong>die</strong> sie<br />

sich aus dem Glückseligkeitsversprechen des Staates ergab (s.o.). Mit dem Beginn<br />

der daraus folgenden systematischen Suche <strong>zur</strong> Instrumentalisierung einer Art von<br />

Organismen gegen eine andere Art <strong>ist</strong> nun doch eine neue Qualität des Naturverständnisses<br />

spürbar, das sich bereits andeutete in den Meliorationsmaßnahmen,<br />

wenn man den neuen Kanal für <strong>die</strong> Oder nur vorgestaltet und seine endgültige<br />

Ausformung den Kräften des Stroms in den Nachfolgejahren überlässt. Man könnte<br />

natürlich darauf verweisen, dass es <strong>die</strong> Ausnutzung der Schwerkraft schon immer<br />

gegeben habe, so, wie es seit Jahrtausenden <strong>die</strong> Idee der Hauskatze gab. Auch<br />

<strong>die</strong> Hausväter empfahlen bereits früher hier und da, in <strong>die</strong> Gartenkulturen nützliche<br />

Pflanzen <strong>zur</strong> Abwehr von Schädlingen einzusetzen. Das Neue besteht jetzt aber in<br />

der systematisch-intelligenten rationalen Nutzung dessen, was vorher so nicht, zumindest<br />

nicht programmatisch praktiziert wurde. Es kann jetzt mit den Umsetzungsmöglichkeiten<br />

des Glückseligkeitsversprechens in <strong>die</strong> Handlungsprogrammatiken mit<br />

aufgenommen werden.<br />

Derjenige Organismus, der zum Schutz von Anbau, Eigentum, Produkten oder<br />

Vorräten belassen oder eingesetzt wird, verfestigt zugleich <strong>die</strong> Vorstellung von<br />

Nützlich-Schädlich-Oppositionen und hilft beim Sortieren von Entbehrlichem und<br />

Unentbehrlichem. Über <strong>die</strong>se Kategorien <strong>ist</strong> sich <strong>die</strong> magische Wissenschaft des<br />

17. und frühen 18. Jh.s noch nicht sicher. Die rationale Wissenschaft verhilft hier<br />

zu klaren Kriterien und Entscheidungsgrundlagen, auch in der Einschätzung der<br />

Natur hinsichtlich ihrer Nützlichkeit und Nutzbarkeit für den Menschen.<br />

Um 1800 <strong>ist</strong> z.B. <strong>die</strong> Waldameise nicht nur als absolut nützlich etabliert, sondern<br />

es <strong>ist</strong> auch ihre Rolle bei der Prävention und Bekämpfung von Forstkalamitäten<br />

geschätzt. Zur selben Zeit <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Antagon<strong>ist</strong>ennatur der Singvögel, selbst des<br />

nach wie vor seiner Superabundanz wegen bekämpften Sperlings, in der Wissenschaft<br />

längst erkannt. Der geforderte Singvogelschutz scheitert in der Praxis zu<br />

<strong>die</strong>sem Zeitpunkt noch an der pauper<strong>ist</strong>ischen Alltagslage, <strong>die</strong> sich <strong>zur</strong> Deckung<br />

eines Mindestanteils an tierlichem Protein einfach bei den kostenlosen und verfügbaren<br />

Singvögeln be<strong>die</strong>nen muss.<br />

Es gehört zu den überraschenden, gleichwohl verständlichen Einsichten einer<br />

h<strong>ist</strong>orischen Betrachtung, dass sich unter den seit dem Mittelalter bekannten Naturtheorien<br />

bis ins 20. Jh. hierzulande keine befindet, für <strong>die</strong> Schädlingsbekämpfung<br />

ein Problem darstellt (ausführlichere und vergleichende Erörterung von Naturtheorien<br />

und Schädlingsbekämpfung bei Herrmann 2007). Wie sollte es auch,<br />

wenn man sich vergegenwärtigt, dass das Agrarregime eigentlich bis etwa 1950<br />

dauerte und vor 1890 flächenwirksame Pestizide nicht bekannt waren.<br />

Hingegen <strong>ist</strong> es überraschend, dass in der Generalkritik von Naturtheorien bei<br />

Holling et al. (2002; Tabelle 1), <strong>die</strong> als Plädoyer für eine nachhaltige Naturnutzung<br />

zu begreifen <strong>ist</strong>, das Problem der Schädlinge und ihre Bekämpfung kein Thema

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