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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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Heuschreckenkalamitäten in Brandenburg (2010) 355<br />

ferenzierung der an den Kalamitäten beteiligten Arten <strong>ist</strong> für <strong>die</strong> folgende Betrachtung<br />

jedoch nicht erforderlich.<br />

2.2 H<strong>ist</strong>orische Orientierung<br />

Die Literatur berichtet für <strong>die</strong> Zeit vor dem 18. Jh. nur gelegentlich über Heuschreckenzüge<br />

nach Mitteleuropa, sie waren augenscheinlich selten und erfolgten<br />

auch nicht regelhaft. Dieser Befund befindet sich in Übereinstimmung mit den<br />

Kenntnissen über h<strong>ist</strong>orische Klimaverhältnisse. 663<br />

Da <strong>die</strong> Heuschrecken zum alttestamentarischen Plagenrepertoir gehören, waren<br />

sie selbstverständlich den Landeskindern vertraut, selbst, wenn eigene Anschauung<br />

fehlen sollte. Die vorauseilende straftheologische Bewertung eines Heuschreckenauftretens<br />

<strong>ist</strong> daher immer auch mit zu denken. Dieses Vorverständnis<br />

beeinflusste vermutlich auch <strong>die</strong> Bewertung eines möglichen tatsächlichen Schadens,<br />

der vor dem religiösen Hintergrund dann subjektiv höher ausfallen könnte<br />

als ökonomisch gerechtfertigt, weil in <strong>die</strong>ser Bewertung der immaterielle Schaden<br />

des Betroffenen als subtextliche Hypothek nicht ausgeschlossen werden kann: Der<br />

Geschädigte sah sich als vom Schicksal ungerechtfertigt behandelt an.<br />

Mit Bezug zu Brandenburg setzten Mitteilungen spät ein. Coler (1566 – 1639), der<br />

mit den Verhältnissen in der Mark Brandenburg gut vertraut war und der sich in<br />

seiner Darstellung ohnehin hauptsächlich auf den deutschen Raum bezog, berichtete<br />

lediglich über einen Heuschreckenzug größeren Ausmaßes von 1542, „da ein<br />

grosser trefflicher Hauffe der großen Heuschrecken im Anfang deß Herbsts auß<br />

Lieffland herauß flogen, durch Polen und Schlesien, und kamen biß in Meissen,<br />

welche alles Graß, Kraut und Gesäme auff dem Feld abfrassen, und den Leuten<br />

grossen Schaden thaten.“ 664 Man wird mit gewisser Berechtigung annehmen müssen,<br />

dass Coler größere Heuschreckenkalamitäten zumindest seiner Lebzeiten für<br />

den Brandenburger Raum erwähnt hätte. 665 Er erwe<strong>ist</strong> sich zudem als unsicherer<br />

Zeuge, denn das von ihm angeführte Ursprungsgebiet <strong>ist</strong> wenig wahrscheinlich,<br />

hingegen <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Erwähnung des Posener Raumes plausibel, sie findet sich für <strong>die</strong><br />

Folgezeit häufiger. Aber Colers Heuschrecken fielen offenbar nicht in Brandenburg<br />

ein. Uns <strong>die</strong>nt er hier als Hinweis, dass zumindest bis <strong>zur</strong> Mitte des 17. Jh.s<br />

663 Glaser, R. (2001): Klimageschichte Mitteleuropas. Primus: Darmstadt; Pf<strong>ist</strong>er, C. (2008): Von der<br />

Hexenjagd <strong>zur</strong> Risikoprävention. Reaktionen auf Klimaveränderungen seit 1500. In: Lutz, P. / Macho,<br />

T. (Hg.): Das Wetter, der Mensch und sein Klima. Eine Ausstellung des Deutschen Hygiene-<br />

Museums Dresden, Wallstein, Göttingen, S. 56-61.<br />

664 Coler, J. (1680): Oeconomia ruralis et domestica, Darin das gantz Ampt…, Schönwetter: Frankfurt,<br />

Kap. 23, S. 168.<br />

665 Coler war u. a. Professor der Philosophie an der Viadrina in Frankfurt a.d.O. [NDB]. – Nach<br />

Lindner <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Bibliographie zu Coler schwierig und damit das Entstehungsdatum der Textbeiträge<br />

einzelner seiner Ausgaben ungewiß. Im Grundsatz ändert sich dadurch an der hier getroffenen Aussage<br />

nichts, <strong>die</strong> sich auf das Göttinger Exemplar von 1680 bezieht, das nach Lindner mit den früheren<br />

Ausgaben von 1668 identisch <strong>ist</strong>.

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