06.01.2013 Aufrufe

"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

100 Me<strong>ist</strong>erwerke (2010)<br />

(April-Mai) mit denen des wirklichen Sommers (ab Mitte Juni) durcheinander geraten,<br />

ließe sich unschwer durch dichterische Freiheit oder eine grundsätzliche Jahresteilung<br />

in „Sommer“ und „Winter“ erklären.<br />

Die drei anderen Deutungsebenen niederländischer Tafelmalerei treten im Brueghelschen<br />

Beispiel gegenüber der religiösen Ebene in den Hintergrund. Neben der<br />

Vanitas <strong>ist</strong> aber auch <strong>die</strong> Schöpfungsfülle eine religiöse Kategorie. Insbeson-dere<br />

<strong>die</strong> Gemälde der Niederländer des 16. und 17. Jhs. spielen mit dem<br />

Schöpfungsreichtum, in dem sie nicht nur einheimische Arten sondern auch <strong>die</strong><br />

zunehmend bekannt werdenden Exoten abbilden.<br />

Tatsächlich wird man <strong>die</strong>se Darstellungen nicht gelöst sehen können von der<br />

aufkommenden Idee der besten aller Welten und der großen Kette der Wesen. 776<br />

Es <strong>ist</strong> auch ein früher Höhepunkt einer (physikotheologisch) detailbesessenen<br />

natura-l<strong>ist</strong>ischen Abbildungkunst, <strong>die</strong> zugleich ein Weg in <strong>die</strong> moderne<br />

Wissenschaft <strong>ist</strong>. 777 Die Bestimmung von Pflanzen und Tieren auf<br />

Stilllebenbildern, 778 auf Jagd-, Markt- und Gartenszenen, <strong>ist</strong> aber auch eine<br />

Möglichkeit, das Auftreten und <strong>die</strong> Diffusionsgeschwindigkeit von Arten und <strong>die</strong><br />

Variabilität alter Landrassen (Kultivare) zu rekonstruieren.<br />

Die Idee der Fülle <strong>ist</strong> zugleich mit ihrer enzyklopädischen Erfassung, ihrer<br />

Aufl<strong>ist</strong>ung, ihrer seriellen Darstellung verbunden. Überrascht wird der Interessierte<br />

u.a. reg<strong>ist</strong>rieren, dass solche enzyklopädischen Bemühungen nicht nur das Repertoire<br />

der göttlichen Schöpfung erfasst und abgebildet haben. Roger Bacon hatte <strong>die</strong><br />

Natur durch eine Dreiteilung segmental geordnet, nämlich „in <strong>die</strong> H<strong>ist</strong>orie der<br />

Zeugungen, der Miss-Zeugungen und der Künste“. 779 Was zunächst als reiner<br />

Systematisierungsansatz erscheinen könnte, verpackt zugleich selbstbewusst <strong>die</strong><br />

Einsicht, dass auch <strong>die</strong> menschlichen Künste Dinge eigener Qualität hervor bringen.<br />

Zwar auf der Grundlage der „freien Natur“, aber aus den Vorgaben und Ansprüchen<br />

des Menschen, der der Natur „Bande“ auferlegt, ihr also vorschreibt, wie<br />

und wohin sie sich zu entwickeln hätte. Weithin sichtbar und erkennbar <strong>ist</strong> ein<br />

solches<br />

776 Lovejoy<br />

777 Alpers<br />

778 „Das Flämische Stilleben“ mit weiterführender Literatur<br />

779 „Die Einteilung der menschlichen H<strong>ist</strong>orie wollen wir nach dem Zustand und der Beschaffenheit<br />

der Natur selbst unternehmen, als <strong>die</strong> in dreifachen Zustand gesetzt erfunden wird und gleichsam<br />

eine dreifache Regierung eingeht. Denn entweder <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Natur frei und erklärt sich durch ihren gewöhnlichen<br />

Lauf, wie an den himmlischen Körpern, den Tieren, den Pflanzen und dem ganzen<br />

Vorrat der Natur; oder sie wird durch bösartige Ungewöhnlichkeiten eines unbändigen Stoffes und<br />

durch <strong>die</strong> Gewalt der Hindernisse außer ihren Zustand gestoßen, wie in Missgeburten; oder sie wird<br />

endlich von der menschlichen Kunst und Arbeit gebunden, gestaltet und gleichsam erneuert, wie an<br />

den Kunstsachen zu sehen. Also teilt sich <strong>die</strong> natürliche H<strong>ist</strong>orie in <strong>die</strong> H<strong>ist</strong>orie der Zeugungen, der<br />

Miss-Zeugungen und der Künste, welche letztere man auch Mechanik und <strong>die</strong> Erfahrende Naturlehre<br />

zu nennen gewohnt <strong>ist</strong>. Die erste behandelt <strong>die</strong> Freiheit der Natur, <strong>die</strong> zweite <strong>die</strong> Fehler, <strong>die</strong> dritte<br />

<strong>die</strong> Bande.“ Bacon, S. 173<br />

421

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!