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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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Natur und Mensch in Mitteleuropa (2007)<br />

2 Bevölkerungsgeschichte bis 1500, „Natur“ als Akteur<br />

Zweckmäßig sollte der Betrachtungszeitraum zwischen 1000 – 2000 AD geteilt<br />

werden. Der Abschnitt bis 1500 ließe sich unter der hier verfolgten Thematik hinsichtlich<br />

lange nachwirkender Ereignisse oder struktureller Faktoren auf nur wenige<br />

herausgehobene Daten bzw. Ereignisse begrenzen, zum Beispiel auf:<br />

� Ostkolonisation und Landnahme im Hohen Mittelalter (1)<br />

� Das Erdbeben von Villach 1348 (2)<br />

� Zweite Marcellusflut [„Grote Manndränke“] 1362 (3)<br />

� Der schwarze Tod ab 1347 (4)<br />

� Die Urbanisierung ab 13.Jh. (5)<br />

Drei der genannten Ereignisse (1, 3, 5) betreffen direkt Veränderungen der Umwelt,<br />

indem sie <strong>die</strong> Kulturlandschaft in <strong>die</strong> Fläche bringen bzw. das Landschaftsbild<br />

nachhaltig verändern. Die beiden anderen (2, 4) wirken, wie auch <strong>die</strong> katastrophale<br />

Sturmflut (3), auch oder mehr indirekt, über <strong>die</strong> Erschütterung der Menschen<br />

und deren nachfolgende Einstellungen.<br />

Mit der Ostkolonisation war endgültig <strong>die</strong> großflächige Öffnung der Landschaft<br />

für Siedlung und Landwirtschaft verbunden und damit eine nachhaltige<br />

Biodiversitätsverschiebung eingeleitet.<br />

Das Erdbeben von Villach war zwar in erster Linie eine Naturkatastrophe,<br />

brachte in seiner Konsequenz aber einen Modernisierungsschub für <strong>die</strong> Gesellschaft<br />

(Borst 1981/1990), dem auch eine verstärkte Naturbeobachtung zum Zwecke<br />

ihrer Beherrschbarkeit zugerechnet wird.<br />

Die schwere Sturmflut von 1362 verändert <strong>die</strong> deutsche Nordseeküste erheblich.<br />

Sie gilt, wie der Schwarze Tod, als Prüfung oder Strafe Gottes, vielleicht als<br />

Hinweis auf das bevorstehende Ende der Welt.<br />

Die Langzeitwirkung des Schwarzen Todes <strong>ist</strong> tiefergreifend. Nicht nur muss<br />

sich Gesamteuropa von einem bedeutenden Bevölkerungsverlust erholen. Das<br />

Ereignis hatte möglicherweise auch Konsequenzen für <strong>die</strong> Einstellung im Umgang<br />

mit der Umwelt. Betrachtet man <strong>die</strong> Charakter<strong>ist</strong>ik der rekonstruierbaren Bevölkerungskurve<br />

bis zum Ende des 14.Jh. (Abb.1), <strong>ist</strong> das Sättigungsplateau in der ersten<br />

Jahrhunderthälfte offenkundig. Nimmt man mit einigen Mittelalterh<strong>ist</strong>orikern an,<br />

dass sich in <strong>die</strong>ser Zeit, <strong>die</strong> überlagert war von klimatischer Verschlechterung, <strong>die</strong><br />

europäische Bevölkerung an ihrer Kapazitätsgrenze befunden habe, dann wären<br />

Erwartungen kontinentweiter Hungersituationen mit Bevölkerungszusammenbruch<br />

<strong>die</strong> logische Folge. Das Agrarsystem wäre zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt über seine<br />

Le<strong>ist</strong>ungskapazität hinaus gefordert gewesen und hätte vor einem klimatisch bedingten<br />

Kollaps gestanden. Aus <strong>die</strong>ser Vorstellung hat Bowlus (1980) <strong>die</strong> reizvolle<br />

Überlegung abgeleitet, dass der schwarze Tod aus „volkserzieherischer“ Sicht zum<br />

falschen Zeitpunkt kam. So blieb Gott der Urheber des pestbedingten Bevölkerungsrückganges<br />

und es entfiel <strong>die</strong> Chance, mit dem nicht eingetretenen alternati-<br />

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