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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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100 Me<strong>ist</strong>erwerke (2010)<br />

Das zweite Beispiel<br />

Walton Ford (*1960)<br />

Falling Bough (Abb. 9)<br />

Beschriftung am unteren Bildrand in der Bildmitte: „Ectop<strong>ist</strong>es migratorius Passenger<br />

Pigeon.“ Text links davon: Obere Zeile: “They repair to some undiscovered satellite accompanying<br />

the earth at a near d<strong>ist</strong>ance. Cotton Mather”.<br />

Untere Zeile: “What it portends I know not. Tomas Dudley 1631”<br />

Text rechts von der Bildmitte: “Millions of Turtledoves on the green boughes, which sate<br />

pecking of the full ripe pleasant grapes that were supported by the lovely tree whose fruitfull<br />

loade did cause the arms to bend. T. Morton 1637” 782<br />

2002. Wasserfarbe, Gouache, Ble<strong>ist</strong>ift und Tinte auf Papier. 153,7 x 303,5 cm.<br />

[Ford, S.169-170; © Walton Ford und Paul Kasmin Gallery, New York]<br />

Walton Ford <strong>ist</strong> ein zeitgenössischer US-amerikanischer Maler, der sich selbst auf<br />

den großen US-amerikanischen Ornithologen und Zeichner der „Vögel Amerikas“,<br />

John James La Forest Audubon (1785-1851), bezieht und in dessen Tradition<br />

er zu sehen <strong>ist</strong>. Während Audubon erstmals vitale Situationen aus dem Vogelleben<br />

in präzise, wissenschaftlich ernst zu nehmende Darstellungen einbrachte, bereichert<br />

Ford seine lebensechten und minutiösen Darstellungen um Akzessoirs, um<br />

animalische Akteure und um Szenarien nahe am Katastrophenrande, scheinbar<br />

und anscheinend jenseits jeder Glaubwürdigkeit.<br />

Das Bild zeigt einen über und über mit Wandertauben besetzten Ast im Augenblick<br />

seines Herabstürzens. Es findet sich in der Sammlung von Bildern Walton<br />

Fords, <strong>die</strong> erstmals 2007 unter dem Titel „Pancha Tantra“ zusammengestellt und<br />

veröffentlicht wurde. Der Buchtitel „Pancha Tantra“ nimmt den Namen einer<br />

Erzählungssammlung aus dem Sanskrit auf, deren heute bekannte Form auf das 3.<br />

bis 6. Jh. unserer Zeitrechnung <strong>zur</strong>ückgeht und <strong>die</strong> moralische Geschichten in<br />

Form von Tierfabeln und -gleichnissen enthält. Die Sammlung „Pancha Tantra“<br />

selbst <strong>ist</strong> vergleichbar mit europäischen Tierfabeldichtungen von Aesop bis La<br />

Fontaine und darüber hinaus.<br />

In Tierfabeln werden anthropomorphisierten Tiergestalten (z. B. „Me<strong>ist</strong>er Bockert“<br />

= der Biber) menschliche Grundeigenschaften (Biber = arbeitswütig) zugeschrieben.<br />

Längst nicht alle fabelwürdigen Tiere sind in der europäischen Erzähltradition<br />

mit Eigennamen versehen worden. Der Taube fehlt ein Eigenname, aber<br />

ihr werden Eigenschaften nachgesagt, wie: dumm, friedensbringend, heilsbringend,<br />

treu. Die Emblematik knüpft an Ovids „Ars amatoria“, Vergils „Ekologe 1“, an<br />

782 Ich danke Nina Wiener, Taschen Verlag, New York, dass sie mir Abbildungsvorlagen zugänglich<br />

machte, denen ich <strong>die</strong> Texte entnehmen konnte. Die Texte sind am Original lesbar, wenn auch –<br />

wegen des Formates – in Fußbodennähe nicht leicht zugänglich (Walton Ford „Bestiarium“, Hamburger<br />

Bahnhof Berlin, 23.4.2010).<br />

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