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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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Kartoffel, Tod und Teufel (2009)<br />

leicht verständlich, denn <strong>die</strong> Kartoffeln, <strong>die</strong> den Pilz in sich tragen, verderben<br />

durch <strong>die</strong> Braunfäule und werden vor der Saat aussortiert, wenn sie denn überhaupt<br />

<strong>die</strong> Lagerphase während des Transportes von Übersee überstanden haben.<br />

Es konnten im Laufe der Zeit nur wenige infizierte Kartoffelknollen als Infektionsquellen<br />

für den europäischen Boden gewirkt haben. Nach DNA-Analysen erscheint<br />

ziemlich sicher, dass es sich um Pilze direkter südamerikanischer Provenienz<br />

handelte, <strong>die</strong> 1845 <strong>die</strong> Katastrophe europäischen Ausmaßes anrichteten.<br />

Unwahrscheinlich <strong>ist</strong>, dass <strong>die</strong> europäischen Pilz-Varietäten Ableger der 1843-1845<br />

in Nordamerika herrschenden Kartoffelfäule waren. Damit ergibt sich das Bild<br />

einer sehr langsamen, sich allmählich in Europa unterhalb der Besorgnisgrenze<br />

etablierenden Infektion, <strong>die</strong> unter den Witterungsbedingungen von 1845 zu einer<br />

annähernd den gesamten Kontinent erfassenden, plötzlichen Epidemie werden<br />

konnte. Welche Faktoren dabei im Sinne wechselseitiger Verstärkung und Selbstverstärkung<br />

wirken mussten, von der Pilzbiologie über das Klima bis <strong>zur</strong> Agrarproduktion,<br />

<strong>ist</strong> nicht geklärt. Ständige Beobachtung und wirksame Fungizide verhindern<br />

heute ein erneutes verheerendes Auftreten der Kartoffelfäule.<br />

Die Kartoffelfäule hatte nirgends solche dramatischen Auswirkungen wie in Irland,<br />

wo ihre Folgen nicht nur <strong>die</strong> Bevölkerungsgeschichte des irischen Mutterlandes<br />

grundlegend veränderte. Die hohen Auswanderungszahlen zwischen 1845 und<br />

1851 legten den Grundstein dafür, dass Irisch-stämmige Menschen in den USA<br />

heute den relativ höchsten Bevölkerungsanteil stellen, gemessen an der Größe<br />

ihrer Ursprungsbevölkerung. 620<br />

Das Bevölkerungswachstum in Irland zwischen 1780 und 1845 <strong>ist</strong> in der Europäischen<br />

Bevölkerungsgeschichte ohne bekannt gewordene Parallele. “In the late<br />

eighteenth and early nineteenth century it is clear that the Irish were ins<strong>ist</strong>ently<br />

urged and tempted to marry early: the wretchedness and hopelessness of their<br />

living conditions, their improvident temperament, the unattractiveness of remaining<br />

single, perhaps the persuasion of the spiritual leaders, all acted in this direction.”<br />

621 Das überraschend <strong>zur</strong>ückhaltende Urteil Connells bezüglich des Anteils<br />

der katholischen Kirche verdankt sich wahrscheinlich der zum Veröffentlichungszeitpunkt<br />

seiner klassisch gewordenen Arbeit noch sehr einflussreichen katholischen<br />

Interessenslage. 622<br />

Ende des 18.Jahrunderts verabschiedete das Irische Parlament – auf Druck des mit<br />

Frankreich kriegführenden England – Reformen, mit denen auch <strong>die</strong> Überführung<br />

von Weidegründen und bisherigem Unland (Sumpfland und Berghänge) in <strong>Acker</strong>-<br />

620 Der Irisch-stämmige Anteil an der Bevölkerung der heutigen USA beträgt 10,8 % (2000). Siehe<br />

http://www.census.gov/prod/2004pubs/c2kbr-35.pdf , S. 3 (16.6.2009)<br />

621 Connell, S. 81-82<br />

622 Dass sich an den reproduktiven Verhältnissen in Irland, einschließlich der begleitenden ge<strong>ist</strong>lichen<br />

Betreuung in den 150 Jahren nach 1800 offenbar wenig geändert hatte, kann man auch der Autobiographie<br />

von Frank McCourt, Die Asche <strong>mein</strong>er Mutter, entnehmen, in der bedrückende Einflussnahmen<br />

des Klerus noch für <strong>die</strong> 30er Jahre des 20. Jahrhunderts beschrieben werden.<br />

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