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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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380<br />

6 Anhang<br />

6.1 Project, nach welchem <strong>die</strong> me<strong>ist</strong>en, wo nicht alle einheimische<br />

Heuschrecken noch in <strong>die</strong>sem Jahre zu tilgen wären.723<br />

Ein jeder unter uns Menschen, auch der allerbeste <strong>ist</strong> leider! allso geartet, daß keiner<br />

von uns <strong>die</strong>s oder jenes unserem Nächsten zugestoßenes Unglück ernstlich beherziget,<br />

wenn man zuvor nicht ein gleiches selbst erlitten hat. Das landverderbliche Übel der<br />

Heuschrecken, wodurch schon drey Jahr nacheinander der hiesige Theil der Mittelmark<br />

und <strong>die</strong> angrenzende Neu:Märkischen Kreise erbärmlich mitgenommen sind,<br />

wird denen me<strong>ist</strong>en hierzulande, gleich denen Auswärtigen, welche davon keinen<br />

Schaden gehabt, höchstens ein kaltsinniges Bedauern unseres Unglücks abgerungen<br />

haben. Allein, wie innigst würde sie alle <strong>die</strong>se Noth nicht gerühret haben, wenn sie auf<br />

ihrem eigenen <strong>Acker</strong>n vor einer Stunde den Waitzen dem dicksten Rohr gleich stehen<br />

gesehen, und vielleicht schon in ihren Gedanken ausgerechnet gehabt hätten, wie viel<br />

sie davon lösen wollten, eine Stunde danach aber darauf nichts, als pure Stoppeln erblicken<br />

können. Wie würden sie nicht <strong>die</strong> Achseln gezucket haben, da sie hätten wahrnehmen<br />

müssen, [2] 724 daß <strong>die</strong>se ohngedungene Schnitter nicht den schlechten, sondern<br />

ihren besten und stärksten Rocken zugesprochen hätten. Und wenn sie gleich<br />

noch standhaft genug gewesen wären, der darüber aufsteigenden Betrübniß Einhalt zu<br />

thun, so würden sie solche doch gewiß desto heftiger haben herausbrechen lassen,<br />

wenn sie ganze mit Hafer und Gerste besäete Felder der Brache gleich kahl gemacht<br />

gesehen; so daß sie nicht unterscheiden könnten, auf welchen von beiden Feldern <strong>die</strong><br />

abgefreßene Sommerung 725 gestanden.<br />

Dies <strong>ist</strong> nur eine schwache Abbildung eines durch <strong>die</strong> Sprenkel verheerten Feldes,<br />

davon jedoch das Uhrbild einen gewaltigen Eindruck bei uns Verunglückten hinterlaßen,<br />

und noch unterhält; da allem Menschlichen Vermuthen nach wir ein gleiches<br />

Schicksal übers Jahr zu befürchten haben, weil <strong>die</strong> etliche Wochen lang angehaltene<br />

naße Witterung verhindert hat, daß <strong>die</strong>ses Ungeziefer sich weggeben können. Es <strong>ist</strong><br />

eine so unbeschreibliche Menge der Heuschrecken nur auf <strong>mein</strong>er Lichtenbergischen 726<br />

723 aus: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, II. HA, Kurmark Materien, Tit. CCLXVIII,<br />

Nr. 2, Vol. II.<br />

Die Übertragung folgt in Duktus und Orthographie der Handschrift. Die Denkschrift <strong>ist</strong> in einer<br />

Kurrent-Schrift abgefasst. Für <strong>die</strong> Doppelbuchstaben „sz“ und „ss“ kennt <strong>die</strong> Kurrentschrift zwei<br />

unterschiedliche, aber recht ähnliche Buchstaben. Der Schreiber der Denkschrift verwendet mehrheitlich<br />

„ß“.<br />

724 Seitenumbruch in der Handschrift<br />

725 Nach dem Kontext bezeichnet der Begriff „Sommerung“ hier das Sommergetreide, das im Frühjahr<br />

eingesät wird; entsprechend im Folgenden: Winterung für Wintergetreide. Nicht ge<strong>mein</strong>t, aber<br />

nicht auszuschließen, sind hier offensichtlich <strong>die</strong> ebenfalls damals unter dem Begriff subsumierten<br />

anderen Sommerfrüchte der Dreifelderwirtschaft.<br />

726 Sind Wörter bzw. Wortelemente in lateinischen Buchstaben verwendet, wird <strong>die</strong>s hier durch Kursiv-Druck<br />

gekennzeichnet.

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