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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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Schädlinge in Brandenburg (2007)<br />

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts scheint es hinreichende empirische Gründe zu<br />

geben, <strong>die</strong> Sperlingssteuer nicht weiter einzutreiben. Jedenfalls erlahmt das staatliche<br />

Interesse an der Sperlingsbekämpfung, <strong>die</strong> Akten 307 enthalten am Ende des<br />

18. Jahrhunderts nur noch sporadische und substanzlose Einträge. Die Schadensdimensionen<br />

scheinen abschätzbar geworden zu sein. Betroffen <strong>ist</strong> <strong>die</strong> betriebswirtschaftliche<br />

Ebene, <strong>die</strong> Bekämpfung geht ohne weiteres Regelwerk, aber folgerichtig,<br />

in den Privatbereich über. Das staatliche Interesse kann auch deswegen<br />

<strong>zur</strong>ückgehen, weil nach der neuen Einsicht der Naturwissenschaft ein volkswirtschaftlicher<br />

Nutzen <strong>die</strong>ser Tiere besteht:<br />

Den größten Nutzen le<strong>ist</strong>en sie [<strong>die</strong> Sperlinge, BH] durch <strong>die</strong> Vertilgung unzähliger<br />

schädlicher Insecten, der Maikäfer, Erbsenwürmer, Raupen, besonders der<br />

grünen Wickelraupen und Heuschrecken, womit sie sich und ihre Jungen das<br />

ganze Jahr hindurch ernähren; sie sind gewiss nicht <strong>die</strong> schädlichen Thiere, wofür<br />

man sie ausschreyt; le<strong>ist</strong>en im Ganzen gewiss mehr Nutzen als Schaden; ob<br />

es gleich gewiss <strong>ist</strong>, daß sie oft einzelnen Personen, deren Aecker nahe an den<br />

Dörfern und Städten liegen, große Verwüstungen in ihrem Getraide anrichten.<br />

Ich kenne Landgüter, <strong>die</strong> einzeln liegen und wo man sie ihrer Schädlichkeit halber<br />

gänzlich austilgte; was geschah? <strong>die</strong> Eigenthümer bekamen niemals Obst,<br />

und wenn <strong>die</strong> Bäume in ihrer Nachbarschaft noch so reichlich trugen. Die Ursache<br />

war, daß <strong>die</strong> Raupen nicht von den Sperlingen ausgerottet wurden. Durch<br />

Schaden wurde man klug, und setze sogar <strong>die</strong> Sperlinge wieder aus. 308<br />

So ähnlich war das 70 Jahre früher schon bei Frisch und sogar davor zu lesen,<br />

musste sich aber wohl erst seinen Weg mit der und durch <strong>die</strong> Aufklärung bahnen.<br />

Auch der Hamster <strong>ist</strong> als Ernteschädling in den betroffenen Löß-Gebieten,<br />

was in Preußen vor allem <strong>die</strong> Gebiete um Magdeburg und Halberstadt waren, über<br />

eine Steuerabgabe bekämpft worden. Nach Verhältnissen an Bodenbesitz galten 10<br />

– 30 Felle als Pflichtabgabe. Allerdings konnte man sich hiervon freikaufen. 309<br />

Auch hier geht das staatliche Interesse an der Schädlingsverfolgung gegen Ende<br />

des 18. Jahrhunderts auffallend <strong>zur</strong>ück. Möglich <strong>ist</strong>, dass jetzt <strong>die</strong> Nutzung des<br />

Fells in den Vordergrund tritt und damit <strong>die</strong> Bestandsregulierung des Schädlings<br />

Kollateralfolge eines eigentlichen und zunehmenden Interesses am Rauchwerk <strong>ist</strong>.<br />

Immerhin gelten Hamsterfelle zu Beginn des 19. Jahrhunderts z.B. für <strong>die</strong> Herrschaft<br />

Gotha, aber auch andere Regionen Deutschlands als ein wichtiges Exportgut.<br />

310 Eine ähnliche wirtschaftliche Nutzung der bekämpften Schädlinge <strong>ist</strong> regional<br />

z.B. auch für Maikäfer gefunden worden, <strong>die</strong> als organischer Dünger vermarktet<br />

wurden. 311<br />

307 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin-Dahlem, HA Kurmark Materien Tit.<br />

CCLXVIII.<br />

308 Bechstein (Bd. II, 1791), S.391. Hervorhebung im Original.<br />

309 Zu Details siehe Herrmann (2003).<br />

310 z. B. Stein (1811), Bd 1, Sp. 795; Meusel (1817) S. 43.<br />

311 z. B. Say (1818) Bd. 1, S. 328.<br />

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