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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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anderer Wortzusammensetzungen, etwa in Umweltpolitik, Umwelttechnik, Umweltproblem<br />

bzw. in Kirchengeschichte, Wirtschaftsgeschichte, Herrschaftsgeschichte.<br />

Folgt man einer wissenssoziologischen Bewertung, dann gilt der „Disziplinen“-<br />

Status als Ritterschlag und Ausweis für dynamische Entwicklung und Le<strong>ist</strong>ungsfähigkeit<br />

eines Wissensgebiets. Wissenschaftliche Disziplinen wären grundsätzlich<br />

durch bestimmte inhaltliche Merkmale gekennzeichnet (Fragestellungen, Methoden,<br />

Problemlösungen), 434 woraus ein Korpus akzeptierter Wissenselemente und<br />

akzeptierter Forschungsmethoden resultiert. Danach könnte <strong>Umweltgeschichte</strong><br />

Disziplinen-Qualität besitzen.<br />

Die außerdem erhobene Forderung nach einem homogenen Kommunikationszusammenhang<br />

<strong>ist</strong> für inter- und transdisziplinäre Wissensbereiche schon<br />

schwieriger zu erfüllen. Und damit deutet sich an, dass <strong>die</strong> <strong>Umweltgeschichte</strong> <strong>die</strong>sem<br />

soziologischen Kriterium nicht genügen könnte. 435<br />

Ganz sicher nicht erfüllt <strong>ist</strong> gegenwärtig schließlich das Kriterium von spezifischer<br />

Karriere und beruflicher Sozialisation in eigenen Institutionen.<br />

Ergänzend <strong>ist</strong> <strong>die</strong>sem Kanon <strong>die</strong> Frage der Alimentierung beizufügen (<strong>die</strong><br />

nicht zwingend mit eigenen Institutionen verbunden sein muss). Auf sie wird im<br />

Zusammenhang mit der Relevanzfrage noch ausführlicher einzugehen sein. Man<br />

wird nicht fehlgehen, wenn man der umwelth<strong>ist</strong>orischen Forschung eher eine Unterförderung<br />

als eine Überalimentierung attestiert und daraus auf ihren zumindest<br />

unsicheren Platz in der Wissenschaftssystematik schließt. In der Bundesrepublik<br />

gibt es z. Zt. keine selbstständige akademische Institution, <strong>die</strong> <strong>Umweltgeschichte</strong><br />

als alleinigen Namen führte. Es gibt keinen Lehrstuhl mit umwelth<strong>ist</strong>orischer Denomination.<br />

Die ersten (Junior-)Professuren für <strong>Umweltgeschichte</strong> sind gerade<br />

besetzt, weitere sind ausgeschrieben. 436 Forschungsverbünde mit umwelth<strong>ist</strong>orischer<br />

Ausrichtung haben Schwierigkeiten, sich im Wettbewerb bis <strong>zur</strong> Bewilligung<br />

zu behaupten. Immerhin gibt es einzelne Stu<strong>die</strong>nangebote <strong>zur</strong> <strong>Umweltgeschichte</strong><br />

(z.B. TU Berlin, TU Darmstadt, Univ. Göttingen). Erstaunlich <strong>ist</strong>, dass <strong>die</strong> Rahmenrichtlinien<br />

der gymnasialen Lehrerausbildung <strong>die</strong> Behandlung von <strong>Umweltgeschichte</strong><br />

ausdrücklich einfordern (z.B. in Niedersachsen), universitär dem aber<br />

kaum Angebote gegenüber stehen (hierzu auch Beitrag von Borries in <strong>die</strong>sem<br />

Band).<br />

434 Zusammengefasst nach Stichweh 1994.<br />

435 Unterstützung für <strong>mein</strong>e Diagnose sehe ich u.a. auch in Kap.10 von Uekötter 2007.<br />

436 <strong>Umweltgeschichte</strong> kann auch als h<strong>ist</strong>orisierende Variante der Humanökologie verstanden werden.<br />

Für <strong>die</strong> humanökologische Umweltforschung insgesamt hatte der Wissenschaftsrat bereits vor vierzehn<br />

Jahre <strong>die</strong> Schaffung institutioneller Einrichtungen an den Universitäten – bislang folgenlos –<br />

empfohlen (Wissenschaftsrat 1994, Bd.1, S. 104). Der Wissenschaftsrat hatte dabei <strong>die</strong> gesamte einschlägige<br />

Palette struktureller Maßnahmen vor Augen, <strong>die</strong> üblicherweise fachliche Gründungsinitiativen<br />

begleiten und vor allem darauf verwiesen, dass sich ohne institutionelle Strukturen der wissenschaftliche<br />

Nachwuchs nicht motivieren werden lasse, sich in <strong>die</strong>se Forschungsfelder hinein zu qualifizieren.<br />

Weiter heißt es (Bd.2, S.198): „<strong>Umweltgeschichte</strong> sollte hier [ge<strong>mein</strong>t <strong>ist</strong> an der Biologischen<br />

Fakultät der Universität Göttingen, B.H.] zu einem weiteren Schwerpunkt entwickelt werden, der bis<br />

zu Aktivitäten im Rahmen von Global Change reichen kann.“ Eine Umsetzung erfolgte nicht.

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