06.01.2013 Aufrufe

"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Krebse, Lachs und Hasenbraten (2006)<br />

gefunden, weil <strong>die</strong> Frage, <strong>die</strong> zu ihm führt, noch nicht gestellt wurde. Es <strong>ist</strong> dabei<br />

unmöglich, eine Frage zu einem Problem zu stellen, das sich erst in der Zukunft<br />

erkennen lassen wird, denn mit der Frage nach ihm <strong>ist</strong> zugleich auch immer das<br />

Problem bezeichnet, also gleichsam in <strong>die</strong> Welt gesetzt. 109 Und ob etwas dann ein<br />

wissenschaftliches Problem <strong>ist</strong> oder zu einem gemacht wird, steht nicht von vornherein<br />

fest. Ein solches Problem erscheint dann auch nicht erst beim Erreichen z.B.<br />

einer methodischen Grenze innerhalb analytischer Arbeit, vielmehr <strong>ist</strong> es unter<br />

anderem bereits in der Semantik der Ausgangsfrage eingeschlossen.<br />

Da uns <strong>die</strong> Dinge der Natur nicht als solche entgegentreten, sondern in der<br />

uns eigenen Form der symbolischen Weltaneignung 110 und unter der erkenntnisproduzierenden<br />

Kraft der Sprache 111 erst konstruiert werden, scheint es mir folgerichtig,<br />

den Biodiversitäts-Begriff nicht einfach hinnehmen zu sollen, sondern nach<br />

seinen Bedeutungsmöglichkeiten zu fragen. Mit der Hervorbringung des Biodiversitäts-Begriffs<br />

<strong>ist</strong> – mit oder ohne Absicht – eine unbekannte Menge vorher so<br />

nicht bestehender Annahmen und Bedeutungen in <strong>die</strong> Welt gesetzt worden. Welcher<br />

Bedeutungen <strong>die</strong>se sind, ob der Begriff von deskriptiver Qualität oder ein<br />

Konzept im Sinne eines Forschungsprogramms <strong>ist</strong> und damit vielleicht sogar eine<br />

spezifische Natursicht abbildet und wer Interesse an seiner Verwendung hat, 112 soll<br />

im Folgenden nachgegangen werden.<br />

Meine Frage zielt nicht auf eine Revue lexikalischer Informationen, etwa der Art:<br />

Wann und von wem der Begriff erstmals benutzt wurde, sondern auf seine Konnotationen<br />

und Kontexte in den wissenschaftlichen Partikularsprachen. Haeupler<br />

hat in seinem Handbuchartikel 113 zu recht darauf hingewiesen, dass der Begriff<br />

Diversität ohne adjektivische Bestimmung sinnlos <strong>ist</strong>: Diversität gibt es nicht als<br />

solche, das Epitheton „Bio-“ könnte demnach eine Erklärung liefern, zumal dasjenige<br />

Forum, welches <strong>die</strong> nachhaltigste Plazierung und Multiplizierung des Begriffs<br />

Korporationen „der Wissenschaft“ nachdrücklich einschlägige Grundlagenforschung einfordern,<br />

spricht sich der Nationale Ethikrat gegen eine Freigabe des therapeutischen Klonens aus.<br />

109 <strong>die</strong>ser Gedankengang führt u.a. auf <strong>die</strong> im Zusammenhang des Themas naheliegende Frage, ob<br />

denn <strong>die</strong> Organismen, <strong>die</strong> wir nicht kennen, Teil der Biodiversität sind oder Teil irgendeiner Biodiversität,<br />

also zu der Frage, ob und wenn ja, welche Teilbarkeit der Biodiversität besteht? Hierauf wird<br />

weiter unten <strong>zur</strong>ück zu kommen sein.<br />

110 Ernst Cassirer, Versuch über den Menschen. Einführung in eine Philosophie der Kultur, Hamburg<br />

1996.<br />

111 es genügt hier der Hinweis auf das Problemfeld ‚lingu<strong>ist</strong>ic turn’.<br />

112 Sonderbarerweise taucht der Begriff „Biodiversität“ im Reg<strong>ist</strong>er des einflussreichen Werks von<br />

Ernst Mayr „Das <strong>ist</strong> Biologie“ (Spektrum, Heidelberg 1998) nicht auf. Ebenso wenig <strong>ist</strong> der von<br />

Edward Wilson herausgegebene Tagungsband „Ende der Biologischen Vielfalt“(deutsch bei Spektrum,<br />

Heidelberg 1992) im Literaturverzeichnis erwähnt. Dieses ursprünglich von der American Academy<br />

of Sciences 1988 publizierte Beitragswerk propagierte den Begriff mit beispielloser Wirkungsmacht.<br />

Ernst Mayr werden <strong>die</strong>se beiden auffälligen Auslassungen nicht aus Nachlässigkeit passiert<br />

sein.<br />

113 Hennig Haeupler, Lemma „Diversität“, in: Handbuch <strong>zur</strong> Ökologie, hg. von Wilhelm Kuttler,<br />

Berlin 1993, Seite 99–104.<br />

51

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!