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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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308<br />

Ob <strong>die</strong>se klimatische Sequenz <strong>die</strong> Katastrophe begünstigte, <strong>ist</strong> völlig unbekannt.<br />

Dem europäischen Ereignis ging 1843 eine Krautfäuleepidemie in den USA voraus.<br />

Sicher <strong>ist</strong>, dass <strong>die</strong> Krautfäule zuerst im Juni 1845 in Belgien beobachtet wurde,<br />

von wo aus sie sich in den nächsten Wochen in <strong>die</strong> Niederlande, nach Nordfrankreich<br />

und <strong>die</strong> benachbarte englische Küste ausbreitete (Abb. 5). Mitte August erreicht<br />

sie Westdeutschland, das südliche Dänemark, den Rest Englands und den<br />

östlichen Teil Irlands. Erst Mitte September sind das gesamte Irland, Ostdeutschland,<br />

Süd-Norwegen und Süd-Schweden erreicht. 543<br />

Das erste wirksame Fungizid, <strong>die</strong> Bordeauxbrühe, 544 wurde ab 1888 auch erfolgreich<br />

gegen <strong>die</strong> Krautfäule eingesetzt. Es beruht auf der toxischen Wirkung anorganischen<br />

Kupfers. 1940 wurde das erste organische Fungizid entwickelt und seitdem<br />

<strong>die</strong> Gruppe wirksamer Fungizide gegen Krautfäule verbessert. Epidemien<br />

sind heute durch Sortenres<strong>ist</strong>enz, Prognoseverfahen, Beobachtungen und Bedarfsspritzungen<br />

wirksam zu begegnen. 545 Dennoch belaufen sich <strong>die</strong> jährlichen weltweiten<br />

Ernteverluste durch Krautfäule nach Angaben des Massachusetts Institute<br />

of Technology, das an der Aufklärung des Genoms von P. infestans arbeitet, 546 auf<br />

fünf Milliarden US $.<br />

2.2 Sozio-Demographische Folgen<br />

Ganz sicher hatte <strong>die</strong> Kartoffel ihren Anteil am Europäischen Bevölkerungsanstieg<br />

in der zweiten Hälfte des 18.Jh.s. Ihr Anbau auf der für persönliche Nutzung verfügbaren<br />

Parzellen oder auf Brachflächen war bei der nichtbesitzenden Landbevölkerung<br />

überlebensnotwendig und damit zugleich Ursache wie Wirkung.<br />

In Irland wurden 1845 zunächst nur 30-40% des Kartoffelbestandes zerstört<br />

(Tab. 1), aber man beließ <strong>die</strong> infizierten Knollen unter Verkennung der Ursachen<br />

einfach im Boden. Die offenbar idealen epidemiologischen Wetter-Bedingungen<br />

des Jahres 1846 führten <strong>zur</strong> sofortigen Infektion der Kartoffeln, so dass <strong>die</strong> Erträge<br />

in Irland auf unter 10 % normaler Werte sanken. Große Teile der Bevölkerung<br />

waren ohne Nahrung, denn <strong>die</strong> Kartoffel war hier längst zum Hauptnahrungsmittel<br />

der Unterschichten geworden, wobei das Ausmaß der Kartoffelabhängigkeit<br />

großer irischer Bevölkerungsteile einzigartig bleibt. In Irland starb eine Million<br />

Menschen an den Hungerfolgen, eine weitere Million wanderte aus. 547 Im übrigen<br />

543 Vanhaute et al. S 23<br />

544 „Bordeauxbrühe“ wurde 1885 gegen den Mehltau entwickelt, der durch amerikanische Weinrebenimporte<br />

eingeschleppt worden war.<br />

545 Weitere Maßnahmen und detailliert Schöber-Butin S. 46ff<br />

546 http://www.broad.mit.edu/annotation/genome/phytophthora_infestans/Info.html#t5 (7.4.2009<br />

)<br />

547 Vanhaute et al. S. 26

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