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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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336<br />

<strong>zur</strong> Schadorganismen-Bekämpfung vorgegangen. Die komplexen Folgen und Nebenfolgen<br />

von Einbringungen transgener Pflanzen in <strong>die</strong> natürlichen Kreisläufe<br />

scheinen aus Sicht der politisch verantwortlichen Min<strong>ist</strong>erin nicht hinreichend<br />

abschätzbar bzw. bekannt. 638 Auf der Europäischen Ebene scheinen dagegen für<br />

eine Neuzulassung von Mon-810 durch <strong>die</strong> EU-Kommission keine solchen Bedenken<br />

zu bestehen. 639<br />

Für <strong>die</strong> wirtschaftlich ebenfalls bedeutende Kartoffel scheint sich im Hinblick auf<br />

<strong>die</strong> Kraut- und Knollenfäule eine gentechnische Veränderung geradezu anzubieten.<br />

Tatsächlich wird z.Zt. auch an transgenen Kartoffeln gearbeitet, wobei nicht <strong>die</strong><br />

Schädlingsres<strong>ist</strong>enz im Vordergrund steht, sondern Variationen von Inhaltsstoffen.<br />

640 Als Nebenfolge werden allerdings auch Res<strong>ist</strong>enzeigenschaften gegenüber<br />

der Kraut- und Knollenfäule bzw. dem Kartoffelkäfer geprüft. Da <strong>die</strong> Kartoffelsaat<br />

aus vegetativen Vermehrungskörpern besteht, ihre Blüten und Blätter für <strong>die</strong><br />

Nahrungsnetze von höheren Tieren, mit Ausnahme der Schadorganismen, keinen<br />

Attraktionswert besitzen, wird einer unbeabsichtigten Verbreitung transgener Kartoffeln<br />

allerdings keine erhebliche Bedeutung beigemessen. 641 Andererseits sind<br />

Kartoffelsorten mit (annähernder) Res<strong>ist</strong>enz gegen Phytophthora infestans bekannt<br />

und wurden z. T. bereits im Deutschen Kaiserreich angebaut. Aus Gründen geschmacklicher<br />

Präferenz sind sie jedoch heute vom deutschen Markt verschwunden<br />

(und werden z. B. in Afrika angebaut). 642<br />

Was wie ein Filz aus Wirtschaftsinteressen, Monopolisierungsbestrebungen und<br />

Erzeugung von Abhängigkeiten anmutet, als deren strukturbedingte Opfer von<br />

vornherein <strong>die</strong> Kleinbauern festzustehen scheinen, geht in Wahrheit noch viel<br />

weiter: tatsächlich geht es um <strong>die</strong> grundsätzliche gesellschaftliche Entscheidung,<br />

was und wie viel von der „Natur“ patentiert und monopolisiert werden kann! Es<br />

geht darum, wem der natürliche Reichtum der Biodiversität gehört, 643 ob es akzep-<br />

638 Zu den systemischen Risiken bei Freisetzung von GMO aktuell Schmidt et al. – Die Bekämpfung<br />

des Maiszünslers ließe sich auch in konventioneller Landwirtschaft ohne großen Pestizidaufwand<br />

durch Unterpflügen der Stoppeln erreichen. – Man darf indes nicht übersehen, dass der Monsanto-<br />

Konzern, der ehedem Agent Orange herstellte, eine sehr aggressive Patentpolitik verfolgt. Zurzeit<br />

betreibt Monsanto (das Unternehmen steht hierbei möglicherweise stellvertretend auch für andere<br />

Agro- oder auch Pharma-Konzerne) <strong>die</strong> Patentierung von Sequenzen des Schweinegenoms. Sollte<br />

Monsanto <strong>die</strong>s erreichen, bestünde Gefahr, dass <strong>die</strong> Weltschweineproduktion (vermutlich einschließlich<br />

aller Landrassen) durch Monsanto monopolisiert würde. Über Praktiken des Saatgutherstellers<br />

Monsanto berichtet R. Lindner ausführlicher in der Frankfurter Allg. Ztg. am 13.6.2009 (Nr. 134;<br />

S. 3) und in pointierter Formulierung: „Monsanto verändert nicht nur <strong>die</strong> Gene des Saatguts. Es<br />

verändert das Erbgut der Landwirtschaft.“<br />

639 „ Genmais vor Neuzulassung?“ Frankfurter Allg. Zeitung Nr 155, 8.7.2009, Seite N1<br />

640 http://www.biosicherheit.de/de/schule/96.doku.html (21.5.2009)<br />

641 Goeser & Büntig<br />

642 Es <strong>ist</strong> nicht immer eine Verschiebung der Geschmackskultur beim Verbraucher, <strong>die</strong> eine Sorte<br />

vom Markt verschwinden lässt. Wie das Problembeispiel der Kartoffelsorte „Linda“ zeigt, kann eine<br />

bei Landwirten und Verbrauchern beliebt Sorte durch den Willen des Rechte-Inhabers <strong>zur</strong>ückgezogen<br />

werden.<br />

643 Hierzu Ausführungen bei Herrmann 2008

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