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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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Empirische Zugänge (2008)<br />

<strong>ist</strong>. 377 Wie den übrigen Naturtheorien lässt sich <strong>die</strong> konzeptionelle Beseitigung von<br />

Organismen um ihrer selbst willen auch unter <strong>die</strong> von Holling et al. gefundenen<br />

fünf Grundmuster subsumieren. Wenn es, nach Auffassung der Autorenge<strong>mein</strong>schaft<br />

sowohl in den menschlichen Systemen als auch in den naturalen Systemen<br />

sowie in den Symbiosen von beiden allererst um „Stabilität“ geht, dann wäre<br />

Schädlingsbekämpfung mühelos als Bemühung <strong>zur</strong> Herstellung einer naturalen<br />

Stabilität zu klassifizieren. Verfahrensweisen (policies) außerhalb des „nature evolving“-Modells<br />

wären dann wenig empfehlenswert, und <strong>die</strong> einzig richtigen Strategien<br />

lägen in jenen Maßnahmen, <strong>die</strong> zu den für <strong>die</strong>ses Modell angegebenen Konsequenzen<br />

führen. 378 Eben <strong>die</strong>se Folgen („active learning and new institutions“) gelten<br />

aber auch für das jenige Naturmodell, das im Glückseligkeitsversprechen eingeschrieben<br />

<strong>ist</strong>. Entscheidend sind eben immer <strong>die</strong> Setzungen, <strong>die</strong> einer Argumentationskette<br />

vorangestellt werden.<br />

Holling et al. prüfen zwar ausschließlich zeitgenössisch veröffentlichte Konzepte,<br />

<strong>die</strong> sie als Naturtheorien klassifizieren. Ihr universal<strong>ist</strong>ischer Bewertungsanspruch<br />

fordert <strong>die</strong> Prüfung in der h<strong>ist</strong>orischen Tiefe geradezu heraus. Dabei zeigt<br />

sich eine Schwäche ihres Ansatzes. Ihre Bewertung trifft nämlich nur für eine entgrenzt<br />

begriffene Natur zu, <strong>die</strong> erst in und nach der Aufklärung entworfen wird.<br />

Wer auf kleiner Parzelle oder im Provinzmaßstab für den Zeitraum eines Menschenlebens<br />

und im Bewusstsein einer unveränderlichen Schöpfernatur wirtschaftet,<br />

lebt mit der Naturtheorie der Genesis oder wird mit einer beliebigen Naturtheorie<br />

zufrieden sein, mit irgendeiner „Naturbastelei“, der im Zweifelsfall irgendeine<br />

Empirie (z.B. <strong>die</strong> Hausväter oder selbst <strong>die</strong> magischen Wissenschaften) den Weg<br />

we<strong>ist</strong> (Herrmann 2007).<br />

Das „nature evolving“-Modell setzt aber <strong>die</strong> Verzeitlichung der Naturgeschichte<br />

voraus, setzt voraus <strong>die</strong> Entdeckung der h<strong>ist</strong>orischen Tiefe der Natur, der H<strong>ist</strong>orizität<br />

der sie bestimmenden Prozesse und Prozessabläufe. Diese Einsicht wird<br />

gegen Ende des 18. Jh.s etabliert. 379 Erst von jenem Moment an, von dem „Zeit“<br />

als eine entscheidende Größe der Natur erkannt <strong>ist</strong>, 380 kann über Folgen, Nebenfolgen<br />

und Langzeitfolgen von naturbezogenen Handlungen nachgedacht werden. 381<br />

377 Jedenfalls fehlt im Reg<strong>ist</strong>er das Lemma „vermin“ bzw. seine Äquivalenzbegriffe<br />

378 Die Einsichten von Holling et al. erleben gegenwärtig eine gewisse Konjunktur. In der h<strong>ist</strong>orischen<br />

Perspektive bilden sie jedoch lediglich ein simples rationallogisches Fortschrittsmodell nach<br />

dem Stufenprinzip, dessen Pointe (nature evolving) vorhersehbar <strong>ist</strong>. Weil seine Aussage trivial <strong>ist</strong>,<br />

<strong>ist</strong> auch das Modell selbst von zweifelhafter analytischer Kraft, wenn seine Einsicht darin besteht,<br />

dass eine Vielzahl von Informationen, <strong>die</strong> Kenntnis vieler Einflußfaktoren und <strong>die</strong> rückkoppelndkorrigierende<br />

Beobachtung zum besten Ergebnis führen. Einen solchen Ge<strong>mein</strong>platz wird niemand<br />

ernstlich bestreiten wollen.<br />

379 Lepenies 1986<br />

380 Der Gedanke <strong>ist</strong> gegen das Ende des 18. Jh. noch vage, mit dem Beginn des 19.Jh. deutlicher, bis<br />

er in der zweiten Hälfte des 19.Jh. seinen akzeptierten Platz gefunden hat<br />

381 Folgerichtig beginnen z.B. Überlegungen über <strong>die</strong> Konstanz von Artenzahlen angesichts bzw.<br />

trotz menschlicher Tätigkeit erst in der Mitte des 18. Jh.<br />

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