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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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268<br />

20. Jhs.“ 428 von Uekötter (2007) enthält im ersten Kapitel eine kurze, kritische<br />

Revision theoretischer Positionen und forschungspraktischer Themen, <strong>die</strong> in der<br />

deutschen Fachliteratur der <strong>Umweltgeschichte</strong> zu<strong>zur</strong>echnen sind. Definitorische<br />

Probleme, <strong>die</strong> sich aus vergleichender Betrachtung von Naturaneignungen in der<br />

Organismenwelt ergeben, 429 werden nicht allein von Uekötter abgelehnt, weil sie<br />

auf ein falsches Geschichtsverständnis gegründet wären. 430 Greift man auf das<br />

Lehrbuch von Winiwarter & Knoll <strong>zur</strong>ück, dann gäbe es (wenigstens) zwei konsensfähige<br />

Definitionen:<br />

„1) <strong>Umweltgeschichte</strong> befasst sich mit den Wechselbeziehungen zwischen Menschen und dem Rest<br />

der Natur in der Vergangenheit (nach Beinart & Coates, 1995:1)<br />

2) <strong>Umweltgeschichte</strong> beschäftigt sich mit der Rekonstruktion von Umweltbedingungen in der<br />

Vergangenheit sowie mit der Rekonstruktion von deren Wahrnehmung und Interpretation durch<br />

<strong>die</strong> damals lebenden Menschen (z.B. Herrmann, 1996:21, Sieferle, 1997:13f)“ 431<br />

Der Vorzug der zweiten Definition besteht darin, dass sie sich über <strong>die</strong> kulturell<br />

und subjektiv kontextualisierten Mensch-Natur-Beziehungen hinaus auch <strong>die</strong><br />

Rekonstruktion objektiver Naturzustände <strong>zur</strong> Aufgabe macht. Insofern <strong>ist</strong> <strong>die</strong><br />

scheinbar allge<strong>mein</strong>er gefasste Definition 1 tatsächlich <strong>die</strong> weniger umfassende,<br />

weil sie sich ausschließlich auf <strong>die</strong> anthropologische Dimension beschränkt. Wie<br />

immer der Gegenstandsbereich von „<strong>Umweltgeschichte</strong>“ be- oder entgrenzt wird,<br />

ihr wohnt nach <strong>mein</strong>em Urteil ein größerer Anteil wissenschaftsgeschichtlicher<br />

Selbstreflexion inne als anderen Geschichtsdisziplinen. 432 Für <strong>die</strong> „<strong>Umweltgeschichte</strong>“<br />

wird er jedoch nur zum Teil betrieben und zume<strong>ist</strong> auch ohne als solcher<br />

begriffen zu sein. An <strong>die</strong> h<strong>ist</strong>orischen Bedingungen, unter denen sich „<strong>Umweltgeschichte</strong>“<br />

als Wissenskorpus etablieren konnte, wird zwar gelegentlich erinnert.<br />

Aber das Abarbeiten der Elementarbegriffe des Wissenszusammenhangs „<strong>Umweltgeschichte</strong>“<br />

<strong>ist</strong> bislang in ihm selbst nur in geringem Umfang erfolgt, wie am<br />

Beispiel des „Natur“-Begriffs leicht erkennbar <strong>ist</strong>, der seit der Antike Dauerthema<br />

des philosophischen Diskurses <strong>ist</strong>, ohne von dort logisch in eine „<strong>Umweltgeschichte</strong>“<br />

geführt zu haben. Erschwert wird <strong>die</strong> wissenschaftsh<strong>ist</strong>orische Analyse<br />

allerdings durch methodischen Opportunismus („anything goes“, Feyerabend<br />

428 Uekötter 2007. Der Kürze seiner Gesamtdarstellung fallen einige gewichtige Aspekte und manches<br />

differenzierter zu denkendes Urteil zum Opfer. Uekötter scheint dem Raisonnement einer<br />

<strong>Umweltgeschichte</strong> nicht-h<strong>ist</strong>oriographischer Provenienz skeptisch gegenüber zu stehen, obwohl er in<br />

Kap.10 <strong>die</strong> „Vereinigung von menschlicher und natürlicher Geschichte als einen alten H<strong>ist</strong>orikertraum“<br />

(S. 90) bezeichnet.<br />

429 Das <strong>ist</strong> letztlich bei „Umwelt“-Wortzusammensetzungen nicht zu umgehen und müsste ein selbstverständlich<br />

erweitertes Verständnis von „<strong>Umweltgeschichte</strong>“ nach sich ziehen.<br />

430 Eine solche Position führt nun ihrerseits u.a. zu Konflikten mit dem einflussreichen „new ecological<br />

paradigm“ von Catton & Dunlap (1980) (siehe unten unter II).<br />

431 Winiwarter & Knoll 2007, S. 14 – 15.<br />

432 Die Rede <strong>ist</strong> nicht von einer Wissenschaftsgeschichte, <strong>die</strong> eine Nacherzählung einer Entwicklung<br />

<strong>ist</strong>. Unübersehbar hat ein Teil der „<strong>Umweltgeschichte</strong>“ so begonnen, z.B. als Verschmutzungsgeschichte.<br />

Vielmehr <strong>ist</strong> das hier ge<strong>mein</strong>te Verständnis von Wissenschaftsgeschichte eines, das der<br />

Ideengeschichte und Wissenschaftstheorie verpflichtet <strong>ist</strong> und von rein nacherzählenden Ansätzen<br />

abgegrenzt.

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