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Studia SlavicaSavariensia 1999

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KOZÁRI<br />

Tisza: Ein europäisches Mandat ist die Okkupation und damit waren die Türken<br />

einverstanden.<br />

Ich (d.h. Ghyczy - M.K.): Aber mit Einwänden hinsichtlich der Einzelheiten -<br />

und so ist das Einverständnis nicht perfekt.<br />

Tisza: Die Okkupation ist ein europäisches Mandat, und damit gehen unsere<br />

Militärsehre und unser moralisches Gewicht einher, die Okkupation muß vollzogen<br />

werden und die dazu nötigen Kosten dürfen weder das Ministerium noch das Land<br />

verweigern: anfangs wird es keine Annexion geben, aber es kommt notwendigerweise<br />

dazu durch die Macht der Tatsachen: die arme Herzegowina kann Österreich bekommen<br />

und wir das reiche Bosnien. Im Ministerium glaubt man, daß Ungarn für die<br />

Administration von Bosnien kein Geld auszugeben hat. Unter uns haben wir schon mit<br />

Széll darüber gesprochen, aber das Militär in Bosnien kann man nicht weglassen.<br />

Ich: Darauf war ich ausgewesen. Wenn es möglich ist, sollte die Okkupation bis<br />

zur Einberufung des Parlaments vollzogen werden. Sei Bosnien eine autonome Provinz,<br />

unter türkischer Souveränität und dem Protektorat von Österreich unter Beibehaltung der<br />

österreichischen Kriegspositionen: aber man sollte dem Land deutlich erklären, was man<br />

will, daß man etwas Derartiges will; im Dunkel, das die Angelegenheit umhüllt, kann<br />

man unmöglich ein gutes Abstimmungsergebnis erwarten, auf jene Weise, die ich<br />

erwähnt habe und mit der richtigen Abfassung der Antwortadresse kann man im Parlament,<br />

in der Delegation die Bewilligung der Kosten für die Okkupation erwarten. Aber<br />

mehr ist nicht zu erwarten. Und wer bezahlt den Anteil Bosniens an den türkischen<br />

Staatsschulden? Ich bat sie, sich etwas Derartiges auszudenken, sonst würden sie<br />

gestürzt.<br />

Tisza: Wir gehen also hin.<br />

Ich: Das ist das Mindeste, das Problem besteht aber darin, daß kein anderes<br />

Ministerium in Frage kommt, nur eines, das bereit ist, Bosnien zu annektieren, wenn der<br />

Monarch seine Absicht nicht ändert, und daraus können sich viele Kalamitäten, ja sogar<br />

Verfassungsbruch ergeben. Ich sehe einer sehr traurigen Zukunft entgegen, wenn die<br />

Bosnien-Frage nicht im Guten beigelegt werden kann.<br />

Tisza: Anfangs habe ich die innenpolitischen Schwierigkeiten nach der<br />

Annexion vorhergesehen und -gesagt. Am Nichtzustandekommen der türkischen Konvention<br />

trägt Andrássy keine Schuld, die Türken machen die Schwierigkeiten, Kenner<br />

der türkischen Verhältnisse sagen, daß die Türkei nach der Okkupation von Sarajewo die<br />

Konvention abschließt. /: Ich: Das Publikum weiß das anders! :/ Anfangs passiert etwas<br />

Derartiges, was gesagt wurde, aber schließlich kommt es doch zur Annexion. Andrássy<br />

wird in der Delegation sagen: Wir bleiben solange in Bosnien, bis wir es pazifiziert und<br />

die Türken all unsere Kosten bezahlt haben.<br />

Ich: Also auf ewig. Anfangs hätten die Türken die kleinen Unruhen in der<br />

Herzegowina wie im roten Buch beschrieben leicht unterdrücken können: Andrássy hat<br />

eingegriffen, er hat verhindert, daß er dann gleich keinen Krieg angefangen hat, verstehe<br />

ich: aber dann beim Friedensabschluß von St. Stefano hätte er seine Stimme erheben<br />

müssen.<br />

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