Fahrradverkehr - Fonds für Verkehrssicherheit FVS
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Ein Hinweis auf die Unfallrelevanz geben die von<br />
der Polizei festgehaltenen Mängel und Einflüsse bei<br />
Unfällen in der Schweiz. In den Jahren 2005–2009<br />
wurden den schwer verletzten oder getöteten Radfahrenden<br />
die festgehaltenen Fehlverhaltensweisen<br />
als mögliche Unfallursache (neben anderen) angelastet<br />
(Tabelle 36). Es ist vorwegzunehmen, dass<br />
keine Aussagen über die Beweggründe dieser Fehlverhaltensweisen<br />
gemacht werden können. Sie<br />
können die Folge von Wissensdefiziten, einer rücksichtlosen<br />
Einstellung, eines Infrastrukturproblems,<br />
eines Fehlers seitens eines anderen Verkehrsteilnehmers<br />
oder Ähnliches sein. Besonders im Fall des<br />
häufigsten Fehlverhaltens «Vortrittsmissachtung»<br />
ist zu prüfen, ob dieses zu Stande kommt, weil die<br />
Verkehrssituation oder die Strassenraumgestaltung<br />
die Menschen überfordert.<br />
Somit steht gut die Hälfte aller den Radfahrenden<br />
zugeschriebenen Mängel im Zusammenhang mit<br />
einem Fehlverhalten. Daraus lässt sich nicht folgern,<br />
dass die Hälfte aller Unfälle durch Fehlverhalten<br />
der Radfahrenden verschuldet wurde. Denn<br />
viele Unfälle ereignen sich, ohne dass den Radfahrenden<br />
überhaupt ein Fehlverhalten zur Last gelegt<br />
wurde. Ausserdem ist es möglich, dass parallel zu<br />
den festgestellten Verhaltensfehlern der Radfahrenden<br />
gleichzeitig bei den Kollisionsgegnern<br />
Mängel auftraten und dass das Fehlverhalten durch<br />
eine unzulängliche Infrastruktur begünstigt wird.<br />
Insgesamt lässt sich aber festhalten, dass Verhaltensfehler<br />
seitens der Radfahrenden unfallrelevant<br />
sind. Vergleicht man diese Ergebnisse mit<br />
denjenigen der Jahre 1999–2003, so fällt auf, dass<br />
die Anzahl schwerer Unfälle von Radfahrenden, die<br />
unter Alkohol-, Drogen- oder Medikamenteneinfluss<br />
standen, stark angestiegen ist. Die eingetragenen<br />
Mängel «Alkohol, Drogen oder Medikamente»<br />
haben von 221 (5 % aller Mängel) in den Jah-<br />
ren 1999–2003 auf 348 (9 % aller Mängel) in den<br />
Jahren 2005–2009 zugenommen.<br />
Ein Fokus auf den Innerortsbereich verdeutlicht<br />
die Relevanz der Einhaltung von Vortrittsre-<br />
geln [64]. Von den 80 Radfahrenden, die in den<br />
Jahren 1999–2009 im Innerortsbereich tödlich<br />
aufgrund von Vortrittsmissachtungen von Verkehrsteilnehmenden<br />
verunfallten, sind 52 auf Vortrittsmissachtungen<br />
von Radfahrenden selbst zurückzuführen.<br />
Mit Abstand am häufigsten (N=21)<br />
starben diese Radfahrenden, weil sie ein «Stop»<br />
oder «kein Vortritt» missachteten.<br />
Bil et al. ermittelten, dass sich das Risiko bei regelwidrigem<br />
Verhalten seitens der Radfahrenden um<br />
mehr als das 3-Fache erhöht, bei einer Kollision mit<br />
einem Personenwagen schwer verletzt oder getötet<br />
zu werden (OR=3,28, KI=2,41–4,46 bei Vortrittsmissachtungen;<br />
OR=3,29, KI=1,50–7,22 beim<br />
Überholen) [60].<br />
2.12.3 Risikobeurteilung<br />
Die Risikobeurteilung des regelwidrigen Fahrverhal-<br />
tens wird in Tabelle 37 dargestellt.<br />
Tabelle 37<br />
Risikobeurteilung: Regelwidriges Fahrverhalten<br />
Risikofaktor Verbreitung Gefahrenpotenzial <br />
Unfallrelevanz<br />
Regelwidriges Fahrverhalten<br />
* sehr gering / ***** sehr gross<br />
**** *** ***<br />
bfu-Sicherheitsdossier Nr. 08 Risikofaktoren 109