Fahrradverkehr - Fonds für Verkehrssicherheit FVS
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In der Schweiz wurden seit den 90er-Jahren jähr-<br />
lich massenmediale Fahrradhelmkampagnen durchgeführt.<br />
Diese wurden leider nie einer wissenschaftlichen<br />
Evaluation unterzogen. Als Indikator<br />
<strong>für</strong> die Wirksamkeit können Ergebnisse aus einer<br />
repräsentativen Bevölkerungsbefragung beigezogen<br />
werden [192]. In dieser zeigen sich keine Unterschiede<br />
bezüglich Helmverfügbarkeit, Helmtragen<br />
oder Gründen, warum der Helm nicht getragen<br />
wird, zwischen Personen, die die damals aktuelle<br />
Kampagne «Fahrradhelm tragen. Oder beten»<br />
kannten bzw. nicht kannten. Die ermittelten Zusammenhangsdaten<br />
weisen eher in die Richtung,<br />
dass Personen, die zum Radfahren (bzw. zum<br />
Helm) eine Affinität haben, die Kampagne eher<br />
wahrgenommen haben, und nicht umgekehrt, dass<br />
die Kampagne die Einstellung oder das Verhalten<br />
bezüglich Fahrradhelm beeinflusst hat.<br />
Generell wurde aber aufgezeigt, dass Kommunikationskampagnen<br />
im Bereich der <strong>Verkehrssicherheit</strong><br />
handlungsrelevant wirken können, wenn<br />
gewisse Kriterien bei der Entwicklung, Implementierung<br />
und Evaluation berücksichtigt werden<br />
[191,193].<br />
Edukative Interventionen (z. B. Schulungsprogramme,<br />
Kommunikationskampagnen) bedürfen<br />
zur Erreichung von Wirksamkeit in jedem Fall eine<br />
vertiefte Situationsanalyse bei der anvisierten<br />
Zielgruppe. Studien über Determinanten der Helmnutzung<br />
und über Handlungstheorien am Beispiel<br />
des Helmtragens sind wichtige Quellen, die bei der<br />
Konzipierung zwingend berücksichtigt werden<br />
müssen [181,183,194–201].<br />
Übersichtsarbeiten dokumentieren übereinstimmend<br />
eine Zunahme der Helmtragquote nach der<br />
Einführung eines Obligatoriums [202,203]. Die<br />
Datenqualität der berücksichtigten Studien ist gut,<br />
aber nicht hervorragend. Die Konsistenz und die<br />
Grösse der Effekte lassen vermuten, dass es sich<br />
um zuverlässige Resultate handelt. Leider wurden<br />
sie in den Übersichtsarbeiten nicht hinsichtlich<br />
eines Publikationsbias überprüft.<br />
Die eine Übersichtsarbeit [202] umfasst 12 Studien<br />
(aus den USA, Kanada, Australien und Neusee-<br />
land). In einer dieser Studien wurde nach der Einführung<br />
eines Helmobligatoriums eine Zunahme<br />
der Tragquote um weniger als 10 % festgestellt,<br />
in 4 Studien eine Zunahme um 10–30 % und in 7<br />
Studien eine Zunahme um mehr als 30 %. Vor der<br />
Einführung der Obligatorien lagen die Tragquoten<br />
zwischen 4 und 50 %, danach zwischen 37 und<br />
91 %. Die gesetzliche Verpflichtung <strong>für</strong> das Tragen<br />
eines Helms erhöhte die Tragquote minimal um<br />
den Faktor 1,5 (OR=1,24; 95 % CI 1,10–1,41) und<br />
maximal um den Faktor 22 (OR=22,35; 95 %<br />
CI 17,33–28,16). Die grosse Heterogenität der<br />
Ergebnisse konnte nur zum Teil erklärt werden:<br />
Studien mit Vorher-Nachher-Design ohne Kontrollgruppe<br />
zeigten eine deutlichere Zunahme als Studien<br />
mit einer quasi-equivalenten Kontrollgruppe.<br />
Auch waren die Effekte tendenziell (aber nicht<br />
signifikant) grösser, wenn die Ausgangslage der<br />
Tragquote tief war. Die Zunahme der Tragquoten<br />
war hingegen unabhängig davon, ob die Obligatorien<br />
nur Kinder oder alle Altersgruppen betrafen.<br />
Insgesamt machen die Autoren darauf aufmerksam,<br />
dass die Zunahme mit einer Vielzahl von Faktoren<br />
zusammenhängen könne, die durch die<br />
Übersichtsarbeit nicht geklärt werden konnten.<br />
Offen bleibt insbesondere die Frage nach dem<br />
Einfluss auf die Tragquoten durch parallele Promotionsbemühungen<br />
oder Sanktionierungen.<br />
Da die Sanktionierungen in den Ländern/Regionen<br />
der berücksichtigten Studien als gering einzustufen<br />
bfu-Sicherheitsdossier Nr. 08 Prävention 209