Fahrradverkehr - Fonds für Verkehrssicherheit FVS
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4.8 Fahrfähigkeit: Unaufmerksamkeit<br />
und Ablenkung<br />
4.8.1 Ausgangslage und Verbreitung<br />
Eine Erhebung zur Unaufmerksamkeit im Strassenverkehr<br />
ist kaum möglich, stellt sie doch einen<br />
mentalen Aktivierungszustand dar, welcher der<br />
Beobachtung nicht zugänglich ist. Zwar erfasst die<br />
Polizei im Rahmen der Unfallprotokollierung auch<br />
die Unaufmerksamkeit als mögliche Mitursache,<br />
doch verkommt diese Angabe durch die Post-hoc-<br />
«Diagnose» zu einer nichtssagenden Information.<br />
Letztendlich könnte im Nachhinein beinahe bei<br />
jedem Unfall eine gewisse Unaufmerksamkeit als<br />
Mitursache festgestellt werden.<br />
Sinnvoller (da wissenschaftlich zugänglich) hingegen<br />
ist es, Ablenkungen von der Fahraufgabe (im Sinn<br />
von Nebentätigkeiten) zu betrachten. Solche Ablenkungssituationen<br />
entstehen insbesondere durch die<br />
Bedienung des Radios und des Telefons. Bei Letzterem<br />
ist nicht nur die direkte Gerätebedienung gefährlich<br />
(visuelle Ablenkung), sondern auch das<br />
Telefonieren per se; bindet es doch einen beachtlichen<br />
Teil der kognitiven Ressourcen (mentale Ablenkung).<br />
Aus der bfu-Bevölkerungsbefragung 2011<br />
geht hervor, dass sich eine Minderheit der PW-<br />
Lenkenden oft von Nebentätigkeiten während des<br />
Fahrens ablenken lässt. Gemäss Selbstdeklaration<br />
gibt es 30 %, die die Musikanlage oft bedienen<br />
und 10 %, die oft mit der Freisprechanlage telefonieren.<br />
Der Anteil der PW-Lenkenden, der oft mit<br />
dem Handy in der Hand telefoniert (3 %), das Navigationsgerät<br />
bedient (2 %), SMS liest (2 %) oder<br />
SMS schreibt (1 %), beträgt zwischen 1 und 3 %.<br />
4.8.2 Gefahrenpotenzial und Unfallrelevanz<br />
Gemäss der Strassenverkehrsunfallstatistik ist bei<br />
rund 14 % der Fahrrad-Motorfahrzeug-Kollisionen<br />
Unaufmerksamkeit der MFZ-Lenkenden eine (Mit-)<br />
Ursache. Bezogen auf alle schweren Fahrradunfälle<br />
wird in 9,2 % der Fälle von einem Mangel an Unaufmerksamkeit<br />
ausgegangen. Somit stellt die<br />
Unaufmerksamkeit nach der Vortrittsmissachtung<br />
den zweithäufigsten polizeilich protokollierten<br />
Mangel dar. Wie bereits erwähnt, haben diese<br />
Häufigkeitswerte durch die Post-hoc-«Diagnose»<br />
eine geringe Aussagekraft, zumal die Unaufmerksamkeit<br />
oftmals in Ermangelung augenscheinlicher<br />
Unfallursachen als Erklärung herangezogen wird.<br />
Somit kann gesagt werden, dass die Bedeutung<br />
der Aufmerksamkeit <strong>für</strong> ein sicheres Fahren zwar<br />
offenkundig ist, sich aber der wissenschaftlichen<br />
Unfallforschung entzieht.<br />
Es existiert eine Reihe identifizierbarer Situationen,<br />
in denen der Lenker seine Aufmerksamkeit statt<br />
dem Verkehr einer Nebentätigkeit widmet (z. B.<br />
Radio- oder Handybedienung). Gemäss der Strassenverkehrsunfallstatistik<br />
geht nicht einmal 1 %<br />
aller Fahrrad-Kollisionen auf solche Ablenkungen<br />
zurück. Die Bedeutung von ablenkenden Handlungen<br />
und Gesprächen wird in der Strassenverkehrsunfallstatistik<br />
wohl unterschätzt, da MFZ-Lenkende<br />
sich davor hüten, ein solches Vergehen gegenüber<br />
dem protokollierenden Polizeibeamten zuzugeben.<br />
Dass sich die Bedienung eines Handys auch mit<br />
Freisprechanlage negativ auf die Fahrsicherheit<br />
auswirkt, ist bereits länger bekannt. Wie eine Studie<br />
des staatlichen schwedischen Verkehrsforschungsinstituts<br />
(VTI) gezeigt hat, erhöht jedoch<br />
eine Freisprecheinrichtung die Fahrsicherheit<br />
nicht. Die Aufmerksamkeit ist beim freien Sprechen<br />
bfu-Sicherheitsdossier Nr. 08 Risikofaktoren 135