Fahrradverkehr - Fonds für Verkehrssicherheit FVS
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Die Epidemiologie lebt vom Vergleich zwischen<br />
Gruppen. Ohne Gruppenvergleiche lassen sich<br />
keine wissenschaftlich soliden Aussagen machen3 .<br />
Masse zur Berechnung relativer Effekte kommen<br />
insbesondere bei der Ursachenforschung zum<br />
Einsatz. Sie sagen etwas über die Stärke eines<br />
Zusammenhangs aus. Als relatives Mass werden in<br />
der Epidemiologie anhand geeigneter Studiendesigns<br />
relative Risiken (RR) oder – in der Unfallforschung<br />
meist – Odds Ratio (OR) berechnet. Die<br />
Berechnung des OR basiert auf einem Gruppenvergleich<br />
hinsichtlich eines bestimmten Merkmals<br />
(z. B. auf dem Vergleich zwischen verunfallten und<br />
nicht-verunfallten Radfahrenden hinsichtlich ihrer<br />
Kleiderfarbe, Tabelle 3). Wenn der relative Effekt<br />
= 1 ist, hat das Untersuchungsmerkmal (hier<br />
die Kleiderfarbe) keinen Einfluss auf den Outcome<br />
(hier das Unfallrisiko). Es besteht also kein Zusammenhang.<br />
Ist der relative Effekt > 1 bedeutet<br />
dies, dass das Merkmal einen Risikofaktor darstellt<br />
(bei einem relativen Effekt < 1 ist es ein Schutzfaktor).<br />
Ein OR von 5,4 (Tabelle 3, fiktives Beispiel)<br />
bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit zu verunfallen,<br />
<strong>für</strong> einen Radfahrer in dunkler Kleidung gegenüber<br />
einem Radfahrer in heller Kleidung um<br />
den Faktor 5,4 erhöht ist4 .<br />
Tabelle 3<br />
Berechnungsbeispiel zu Odds Ratio<br />
⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />
3 Würde man z. B. in einem Spital feststellen, dass 70 % der<br />
behandelten Radfahrenden in dunkler Kleidung unterwegs<br />
waren, sagt diese Auskunft nichts über die Sicherheitsrelevanz<br />
der Kleiderfarbe bei Radfahrenden aus. Zu prüfen ist,<br />
ob Radfahrende, die nicht verunfallen, zu einem geringeren<br />
Anteil mit dunkler Kleidung unterwegs sind.<br />
4 Diese Interpretation ist nur zulässig, wenn ein solides Stu-<br />
diendesign vorliegt.<br />
Im Sicherheitsdossier finden sich relative Kenngrössen<br />
wie z. B. im Kapitel Unfallgeschehen: Wie<br />
stark erhöht sich das Unfallrisiko bei Nachtfahrten<br />
gegenüber Tagfahrten? Das Kapitel Risikofaktoren<br />
wirft z. B. die Frage auf, ob <strong>für</strong> Kinder mit<br />
geringen motorischen Fähigkeiten beim Radfahren<br />
ein erhöhtes Unfallrisiko besteht. Im Kapitel Prävention<br />
ist z. B. relevant, ob sich der Anteil an<br />
Kopfverletzungen zwischen gestürzten Helmträgern<br />
und Nicht-Helmträgern unterscheidet.<br />
Aus Public-Health-Sicht interessiert nicht nur die<br />
Stärke eines Zusammenhangs (d. h. die Höhe eines<br />
relativen Effekts). Denn es kann sein, dass ein Faktor<br />
die Unfall- oder Verletzungswahrscheinlichkeit<br />
zwar massiv erhöht, aber nur selten auftritt. Im<br />
Sicherheitsdossier wird daher nebst der «Gefährlichkeit»<br />
(basierend auf der Stärke der relativen<br />
Effekte) auch die «Verbreitung» der diskutierten<br />
Risikofaktoren beurteilt. Auf einer Fünf-Sterne-Skala<br />
wird anschliessend die Unfallrelevanz der Risikofaktoren<br />
<strong>für</strong> das Kollektiv der Radfahrenden<br />
abgeschätzt (1 Stern bedeutet: <strong>für</strong> das Kollektiv der<br />
Radfahrenden ist dieser Risikofaktor unbedeutend).<br />
Verunfallte<br />
Nicht-verunfallte<br />
Verunfallte<br />
Nicht-verunfallte<br />
Radfahrende<br />
Radfahrende<br />
Radfahrende<br />
Radfahrende<br />
Radfahrende mit dunkler Kleidung a=70% b=70% a=70% b=30%<br />
Radfahrende mit heller Kleidung c=30% d=30% c=30% d=70%<br />
OR=ab/cd 70*30/30*70=1 70*70/30*30=5.4<br />
bfu-Sicherheitsdossier Nr. 08 Einleitung 61