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Lebenslagen im Land Bremen Armuts - Bremische Bürgerschaft

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3.1.5 Lebenslaufperspektive und Stärkung der Kinder<br />

Die bisherige Analyse zur Situation von Kindern in <strong>Bremen</strong> mithilfe von Konzepten des Kindeswohls<br />

und der sozialen Lage, eröffnet Aussagen zur Situation der jeweils gebildeten<br />

Gruppen von Kindern anhand ausgewählter Indikatoren. Auf dieser Grundlage lassen sich<br />

keine Aussagen über konkrete Lebensverläufe von Kindern machen und über jene Einflussfaktoren,<br />

die zu positiven oder negativen Entwicklungen beitragen. Die AWO-ISS-Studie 326<br />

leistet dies und ist daher wissenschaftlich und auch politisch von besonderer Bedeutung. In<br />

dieser Studie wurden zwischen 1997 und 2005 die Lebensverläufe armer und nicht-armer<br />

Kinder zu mehreren Zeitpunkten vergleichend untersucht.<br />

Deutlich wird darin, wie stark die sozioökonomische Situation der Familien die Entwicklung<br />

der Kinder beeinflusst. Je früher, je schutzloser und je länger Kinder einer <strong>Armuts</strong>situation<br />

ausgesetzt sind, umso gravierender sind die späteren Auswirkungen 327 . Entwicklungseinschränkungen,<br />

die sich bereits <strong>im</strong> Vorschulalter herausbilden, verfestigen sich massiv<br />

in der Grundschulzeit. Je gefestigter hingegen die Situation der Familie, desto gesicherter<br />

sind die Lebens- und Entwicklungsbedingungen der Kinder. Bereits <strong>im</strong> Vorschulalter sind die<br />

<strong>Lebenslagen</strong> der Kinder sehr unterschiedlich und ihre weiteren Lebenswege eingegrenzt.<br />

Trotz dieser Vorprägungen zeigt sich aber auch, dass Einkommensarmut nicht zwangsläufig<br />

zu Beeinträchtigungen führt, da etwa ein Viertel dieser Kinder keinerlei Auffälligkeiten zeigte.<br />

Auch ein (geringer) Teil der Kinder, die in gesichertem Wohlstand aufwachsen zeigen solche<br />

Auffälligkeiten. Starke Differenzen gibt es ebenso <strong>im</strong> kulturellen und sozialen Bereich. Arme<br />

Kinder haben weitaus weniger allgemeine und altersgemäße Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten,<br />

z. B. durch Vereinsmitgliedschaften, durch zusätzliche Kurse oder Veranstaltungen<br />

außerhalb der Familie und der Schule. Kindern aus einkommensarmen Familien werden<br />

durch diese Lebensbedingungen Möglichkeiten zum Erwerb sozialer Kompetenzen vorenthalten.<br />

Trotz der Feststellung, dass Einkommensarmut nicht zwangsläufig zu Beeinträchtigungen<br />

führen muss, verlaufen die Lebenswege in Armut lebender Kinder überwiegend negativ.<br />

Bei den nicht-armen Kindern dominieren gefestigte, positive Entwicklungsverläufe.<br />

Allerdings ist auch eine relativ hohe Dynamik zwischen den verschiedenen <strong>Lebenslagen</strong><br />

festzustellen. Mehr als die Hälfte der Kinder wechselte zwischen den Erhebungszeitpunkten<br />

(1999 und 2004) zwischen Phasen der Armut sowie des prekären und gesicherten Wohlstands.<br />

Die AWO-ISS-Studie belegt zudem auch die Existenz von Schutzfaktoren („Resilienz“ 328 ).<br />

Dazu wird das alltägliche (positive) Bewältigungshandeln der Eltern und eventueller Geschwister<br />

gezählt, eine gelingende, bewusst geförderte stabile Beziehung zu einer Bezugsperson<br />

oder auch die soziale Integration in Peergroups der Nachbarschaft, der Kindertagesbetreuung<br />

oder der Schule. Bei derartigen Schutzmechanismen handelt es sich aber nicht<br />

allein um individuell erworbene Kompetenzen oder um „Selbstheilungskräfte“ von Familien<br />

oder Nachbarschaften. Solche Schutzmechanismen entwickeln sich vielmehr durch eine<br />

bewusste soziale Förderung bzw. Stärkung der Kinder sowie durch die Veränderung von<br />

326 Vgl. Holz, G., u. a. (2003); Holz, G., u. a. (2006).<br />

327 Vgl. Holz 2006-1, S. 4.<br />

328 Unter Resilienz kann die die psychische Widerstandsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen gegenüber biologischen,<br />

psychischen und psychosozialen Entwicklungsrisiken verstanden werden (Wustermann 2004, 2005; vgl.<br />

auch Opp / Fingerle 2007-1).<br />

200<br />

<strong>Lebenslagen</strong> <strong>im</strong> <strong>Land</strong> <strong>Bremen</strong> 2009

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