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Lebenslagen im Land Bremen Armuts - Bremische Bürgerschaft

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4.5 Folgen sozialer Segregation und mögliche Gegenstrategien<br />

4.5.1 Folgen der Kumulation von Benachteiligungen in den Quartieren<br />

Die in Teil 2 dieses Berichts dargestellten einzelnen Faktoren (wie Arbeitslosigkeit, Einkommensarmut)<br />

wirken bereits als Benachteiligung „an sich“. Aber das Zusammentreffen mehrerer<br />

Benachteiligungsfaktoren in Ortsteilen und Quartieren - wie in diesem Teil geschildert -<br />

kann zusätzlich „eigene“ Folgen haben:<br />

• Leben viele Menschen mit geringem Einkommen in einem Quartier, sinkt die vorhandene<br />

Kaufkraft, die Gefahr der Abwanderung von Geschäften, Läden, Dienstleistern steigt.<br />

• Wird das Quartier in der Stadtöffentlichkeit als „Problemquartier“ angesehen und es entwickelt<br />

sich ein negatives Image, dann verringert sich der Zuzug von „aufstiegsorientierten“<br />

Familien bzw. verstärkt deren Abwanderungstendenzen.<br />

• Bleiben dann die Benachteiligten mehr oder weniger unter sich, wird die Gefahr gesehen,<br />

dass eine apathisch-resignative „Kultur der Armut“ entsteht. Positive Vorbilder fehlen, Ausstiegsmöglichkeiten<br />

werden nicht wahrgenommen.<br />

• Treffen in Quartieren Zuwanderergruppen aus unterschiedlichen Nationen zusammen,<br />

steigt die Gefahr interethnischer Konflikte – auch mit den dort wohnenden Haushalten<br />

deutscher Herkunft.<br />

Aus der Sozialforschung ist bekannt, dass die Begrenzung auf das lokale Milieu, insbesondere<br />

den Kindern und Jugendlichen, zwar zunächst Orientierung und soziale Identität geben<br />

kann. Die Segregationsfolgen in der Bevölkerungsschichtung dieser Quartiere verdichten<br />

diese Erfahrung aber durch relative Homogenität der <strong>Lebenslagen</strong> und der kulturellen Milieus<br />

ihrer Bewohner. Negative Integration, die Entwicklung von abweichenden Verhaltensweisen,<br />

die Einbindungen in illegale lokale Ökonomien, der Anschluss an Cliquen (die sich mit Gewalt<br />

„Respekt zu verschaffen“ wissen), die Gewöhnung an Gewalt zur Lösung von Konflikten<br />

kann unter dem Gesichtspunkt der Persönlichkeitsentwicklung, besser der Persönlichkeitsbildung,<br />

auch als „Bildungs“katastrophe <strong>im</strong> übertragenen Sinne bezeichnet werden. Zwar<br />

handelt es sich oft nur um kleine Gruppen der Bevölkerung (z. B. Gruppen jugendlicher Gewalttäter,<br />

Drogenabhängige), sie können aber das Image eines Quartiers nachteilig negativ<br />

beeinflussen – zumal bei skandalisierender Medienberichterstattung.<br />

Kinder, Jugendliche und ihre Eltern erleben in diesen Gebieten, dass Misserfolge ihr<br />

„Schicksal“ sind. Sie orientieren sich an dem, was <strong>im</strong> Nahumfeld an sozialen Kontakten zur<br />

Verfügung steht. Misserfolge in Bildung und Beruf verstärken die Bedeutung des Nahraums<br />

für die Persönlichkeitsentwicklung, weil der Lebensbezug sich mehr und mehr auf diesen<br />

beschränkt. So geraten die Strukturen dieser Nahräume zur symbolischen Ordnung der<br />

Welt.<br />

Die Eigendynamik der Abwertung städtischer Räume, die von den Bewohnern als unsicher,<br />

verwahrlost, gestaltlos, unwirtlich wahrgenommen werden, verstärkt einerseits den Prozess<br />

der selektiven Entmischung und bewirkt andererseits bei den Bewohnerinnen und Bewohnern<br />

die Ausrichtung auf Eigeninteressen, verfestigt die sozialen Ungleichheiten durch die<br />

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<strong>Lebenslagen</strong> <strong>im</strong> <strong>Land</strong> <strong>Bremen</strong> 2009

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