01.12.2012 Aufrufe

Lebenslagen im Land Bremen Armuts - Bremische Bürgerschaft

Lebenslagen im Land Bremen Armuts - Bremische Bürgerschaft

Lebenslagen im Land Bremen Armuts - Bremische Bürgerschaft

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

3.8.6.1 „Ein Z<strong>im</strong>mer für mich allein“ - Wohnraum ist Lebensraum<br />

Viele Wohnungsgrundrisse <strong>im</strong> Bestand (vor allem der großen Siedlungsgebiete seit den<br />

Nachkriegsjahren) folgen einer spezialisierten Vorstellung von Paarfamilien mit berufstätigem<br />

Familienvater. Die Grundrisse sind in aller Regel auf deren idealtypische Bedarfe zugeschnitten.<br />

Für einen Dreipersonenhaushalt heißt das beispielsweise, dass der Wohnungsgrundriss ein<br />

großes Wohnz<strong>im</strong>mer, ein mittleres Elternschlafz<strong>im</strong>mer und ein kleines Kinderz<strong>im</strong>mer enthält,<br />

dazu eine (meist kleine) Küche und ein Bad. Diese Raumzuschnitte können schon bei klassischen<br />

Familienkonstellationen problematisch werden, da den Erwachsenen nur ein gemeinsames<br />

Z<strong>im</strong>mer zur Verfügung steht. Die Bedarfe von Alleinerziehenden sind aber noch<br />

andere.<br />

Besteht die Familie aus einer alleinerziehenden Mutter mit zwei Kindern, wählt sie in der Regel<br />

das gemeinsame Wohnz<strong>im</strong>mer auch als ihren Schlafraum, um den beiden Kindern jeweils<br />

ein eigenes Z<strong>im</strong>mer zu ermöglichen. Es fehlt der individuelle Rückzugsraum – belastend<br />

für nicht erwerbstätige Mütter, wenn alle Familienmitglieder viel Zeit in der Wohnung<br />

verbringen, ebenso wie für Erwerbstätige, die sich zu keinem Tageszeitpunkt zurückziehen<br />

können.<br />

Die Fördergrenzen für Wohnraum lassen - ungeachtet der Familienkonstellation - für Dreipersonenhaushalte<br />

max<strong>im</strong>al eine 75 m 2 Wohnung zu. Starre Grundrisse gepaart mit starren<br />

Fördergrenzen für Wohnraum wirken sich bei Alleinerziehenden unmittelbar auf die individuelle<br />

Verfügbarkeit von Platz und damit ihre Wohn- und Lebensqualität aus.<br />

Wohnungsanpassung sollte daher nicht auf Standardmodernisierungen (Bad, Küche) und<br />

auf Modernisierung zur Barrierefreiheit beschränkt bleiben. Um in den unterschiedlichen Lebenssituationen<br />

angemessen Platz zu bieten, wäre eine Anpassung der Grundrisse nötig.<br />

Modellprojekte der 80er und 90er Jahre zeigen dazu bei gleicher Wohnungsgröße das<br />

Grundprinzip gleich großer Z<strong>im</strong>mer, die variabel genutzt werden können.<br />

3.8.6.2 Wohnumfeld und Quartiersentwicklung – öffentlicher Raum als<br />

Aufenthaltsraum<br />

Alleinerziehende sind nicht nur auf die Qualität des Wohnraums, sondern in besonderer<br />

Weise ebenso auf die Qualität des Stadtteils angewiesen, in dem sie leben. Der Wohnort ist<br />

der Ort, an dem sie und ihre Kinder einen großen Teil des Alltags verbringen und in dem sie<br />

sozial vernetzt sind. Er ist zugleich der Ort, an dem ein wesentlicher Anteil ihres täglichen<br />

Tuns stattfindet. Der öffentliche Raum spielt eine wichtige Rolle als Aufenthaltsraum und<br />

Weg. Gerade wenn die Wohnungen wenig Platz bieten, übern<strong>im</strong>mt er Kompensationsfunktion.<br />

Dazu muss er gut nutzbar und angenehm gestaltet sein.<br />

Um der Vielfalt der Anforderungen an die Alltagsorganisation, an Freizeitbedürfnisse und die<br />

unterschiedlichen Zeitreg<strong>im</strong>es der Familienmitglieder gerecht zu werden, hilft das Prinzip der<br />

Nähe: Kurze Distanzen und kurze Wege erleichtern nicht zuletzt insbesondere Alleinerziehenden<br />

das Leben. Dabei ist die fußläufige Mobilität innerhalb des Stadtteils von großer Bedeutung.<br />

Gute Nutzbarkeit (wie z. B. Barrierefreiheit), gute Orientierung und ein gutes Sicherheitsgefühl<br />

sind ausschlaggebend für selbstständige Bewegungsmöglichkeiten auch der<br />

Kinder <strong>im</strong> Stadtteil. Auf die Selbstorganisationsmöglichkeiten ihrer Kinder in einem sicheren<br />

Umfeld sind Alleinerziehende in besonderem Maße angewiesen.<br />

<strong>Lebenslagen</strong> <strong>im</strong> <strong>Land</strong> <strong>Bremen</strong> 2009 329

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!