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Lebenslagen im Land Bremen Armuts - Bremische Bürgerschaft

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fortschreiende Segregation. Weitere Folge ist dann die soziale Ausgrenzung. Bewohnern<br />

benachteiligter Quartiere können gleich mehrfach ausgegrenzt sein:<br />

• Ökonomisch: z. T. aufgrund fehlender Qualifikationen durch einen dauerhaft verwehrten<br />

Zutritt zum ersten Arbeitsmarkt.<br />

• Sozial: durch gesellschaftliche Aufspaltung in Kerngesellschaft und „Ränder“ aufgrund<br />

sozialer Isolation in einem abgeschlossenen Milieu.<br />

• Institutionell: durch Abnahme des Kontaktes zwischen Betroffenen und politischen sowie<br />

sozialstaatlichen Institutionen.<br />

Diese Ausgrenzungsmechanismen verstärken sich in benachteiligten Wohngebieten<br />

gegenseitig auf dreierlei Art und Weise:<br />

• In diesen Gebieten stehen oft weniger Einrichtungen der sozialen Infrastruktur zur Verfügung<br />

616 , es gibt – jedenfalls in vielen Großsiedlungen des Sozialen Wohnungsbaus – weniger<br />

soziale Kontakte und soziale Netze („Das Wohngebiet als Ort mangelnder Ressourcen“<br />

617 ).<br />

• Es entstehen eher Kontakte zu Personen, bei denen es zum Erlernen von destruktiven<br />

bzw. abweichenden Verhaltensmustern kommt („Das Wohngebiet als Ort des Lernens falscher<br />

Handlungsmuster“) 618 .<br />

• Das Wohngebiet hat stadtweit ein schlechtes Image („Das Wohnquartier als Ort der Stigmatisierung“).<br />

Sobald die Ballung von Problemlagen in Quartieren übermäßig ausgeprägt ist,<br />

beginnen „schlechter Ruf“ des Quartiers und abgrenzende Ressent<strong>im</strong>entbildung Wirkung zu<br />

erzielen. Das führt zum Wegzug solcher Bürgerinnen und Bürger, die dem Stigma des Quartiers<br />

durch Umzug in weniger schlecht etikettierte Gegenden der Stadt entkommen wollen.<br />

Alle Bemühungen, bereits „gekippte“ Quartiere wieder aufzurichten, müssen daher auch darauf<br />

gerichtet sein, den Wegzug lokal integrierter Bewohnerschaften möglichst zu stoppen.<br />

Diese Entwicklungen betreffen die Stadt als ganze und sind nicht nur auf einige Quartiere<br />

beschränkt. Denn die Quartiere sind nicht vollständig räumlich abgetrennt, sondern die Stadt<br />

ist ein offener Lebensraum und die Menschen haben die Möglichkeit sich in der gesamten<br />

Stadt zu bewegen. Zu einer lebenswerten Stadt gehört Bewegungsfreiheit. „No-go-areas“<br />

gehören nicht dazu, sie widersprechen dem Anspruch einer offenen Stadt.<br />

Ein weiterer gewichtiger Faktor kommt hinzu. In den Ortsteilen, in denen heute die meisten<br />

Zuwanderinnen und Zuwanderer und Menschen mit Transferleistungen leben, wohnen auch<br />

die meisten Kinder unserer Stadt. Das birgt Risiken für die Zukunft und ist eine Herausforderung<br />

für unsere Stadtentwicklung. Denn es geht darum, alle Kinder mitzunehmen.<br />

Die rechtzeitige und wirksame „Investition“ in Kinder und Jugendliche ist der Schlüssel zum<br />

Herausbilden einer gelingenden wirtschaftlichen als auch sozialen Zukunft <strong>Bremen</strong>s. Sie<br />

stellt <strong>im</strong> europäischen Zusammenhang ein zentrales Erfolgskriterium für eine zukunftsorientierte<br />

Stadtpolitik zur Entwicklung von Metropolregionen dar.<br />

616 Dies ist in <strong>Bremen</strong> wegen der kompensatorischen Maßnahmen (z. B. Programm „Wohnen in Nachbarschaften“/<br />

Soziale Stadt) oft nicht mehr der Fall. Hierdurch sind zahlreiche Einrichtungen geschaffen worden.<br />

617 Farwick 2001, S. 156 ff. Dieser Entwicklung wird durch Programme wie WiN versucht entgegenzuwirken.<br />

618 „Sobald die räumliche Trennung einmal vollzogen ist und man sich längere Zeit in einem uniformen Umfeld<br />

bewegt (...), verlernt man die Kunst, sich auf gemeinsame Überzeugungen zu einigen und einen einvernehmlichen<br />

modus covivendi auf dem Verhandlungswege herbeizuführen.“ (Baumann 2007, S. 52 f)<br />

<strong>Lebenslagen</strong> <strong>im</strong> <strong>Land</strong> <strong>Bremen</strong> 2009 375

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