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Lebenslagen im Land Bremen Armuts - Bremische Bürgerschaft

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3.8 Alleinerziehende<br />

Alleinerziehende sind keine homogene Gruppe. Sie sind unterschiedlichen Geschlechts und<br />

Alters, haben ein oder mehrere Kinder in wiederum unterschiedlichen Altersgruppen, ihr Bildungs-<br />

und Ausbildungsstand ist differenziert, ihre Erwerbsbiografien mehr, weniger oder gar<br />

nicht gebrochen, die einen erhalten keinerlei Unterhalt für sich und ihre Kinder, die anderen<br />

können sich allein durch Unterhaltsleistungen ökonomisch sichern, für die einen bietet ihr<br />

Wohn- und Lebensumfeld eine vielfältige sozio-kulturelle Infrastruktur und unterstützende<br />

soziale oder familiäre Netzwerke, andere leben räumlich oder sozial isoliert. Es gibt Alleinerziehende,<br />

die einer hoch qualifizierten und gut bezahlten Erwerbstätigkeit nachgehen, die<br />

sich familienunterstützende Dienstleistungen leisten können (und müssen), und die dennoch<br />

unter chronischer Zeitarmut leiden, während andere zwar Zeit, aber keinen Zugang zum Arbeitsmarkt<br />

haben, dauerhaft ausschließlich auf Transferleistungen angewiesen sind und keine<br />

alltagsentlastenden Angebote finanzieren können.<br />

Die Gleichung alleinerziehend = gleichermaßen arm an Einkommen und Teilhabemöglichkeiten<br />

geht demnach nicht auf. Das Leben ist vielschichtiger, unterschiedliche Ressourcen sind<br />

verschieden verteilt.<br />

Was aber in jedem Falle gilt: Die Konstruktion der Einelternfamilie ist in vielen Lebensbereichen<br />

fragiler als die der Paarbeziehung mit Kindern. Belastungen und Störungen können von<br />

einer erwachsenen Person allein weniger gut abgefedert und kompensiert werden. Und jede<br />

zusätzliche Interferenz steigert, jedes weitere Benachteiligungsmerkmal potenziert <strong>Armuts</strong>risiken.<br />

Unterm Strich sind in der Folge Einelternfamilien in Deutschland besonders stark von<br />

Armut betroffen. 529<br />

Entscheidend für das individuelle <strong>Armuts</strong>risiko ist dabei, welche Restriktionen oder auch welche<br />

Ressourcen für das Agieren auf dem Arbeitsmarkt wirksam werden. Dabei fließen Faktoren<br />

ein, die zu einem Teil individuell beeinflussbar sind (wie beispielsweise das Bildungskapital<br />

oder der bisherige Erwerbsverlauf des alleinerziehenden Elternteils), zu einem anderen<br />

Teil aber allein von der sozialen Lebenssituation und den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

abhängen (wie beispielsweise der Kinderzahl, dem Alter des jüngsten Kindes oder<br />

der Betreuungsinfrastrukturvor Ort).<br />

Zu diesem Schluss kommt auch die OECD-Studie "Mehr Ungleichheit trotz Wachstum?" aus<br />

dem Jahr 2008. Der Eintritt in Armut ist demnach hauptsächlich eine Folge familiärer und<br />

arbeitsplatzbezogener Ereignisse, wobei familiäre Ereignisse wie Trennung bzw. Scheidung<br />

eine besonders große Rolle spielen. Im Vergleich der 30 OECD-Länder weist Deutschland<br />

die fünfthöchste <strong>Armuts</strong>quote bei den Alleinerziehenden auf. Das Risiko, in Langzeitarmut zu<br />

geraten, ist hier sogar doppelt so groß wie <strong>im</strong> Bevölkerungsschnitt. 530<br />

Lebensgemeinschaften, in denen zwei Erwachsene mit Kind(ern) leben, haben zwar auch<br />

ein durchschnittlich höheres <strong>Armuts</strong>risiko, können diese Risiken aber besser auffangen.<br />

Meist gelingt dies durch ein Familieneinkommen, das sich zu einem Großteil aus dem Erwerbseinkommen<br />

eines i. d. R. männlichen Hauptverdieners speist. Erst wenn negative arbeitsplatzbezogene<br />

Ereignisse hinzukommen, entsteht in diesen Konstellationen eine Ar-<br />

529<br />

Siehe dazu auch: 2. <strong>Armuts</strong>- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, BMAS 2005-1.<br />

530<br />

Vgl. OECD 2008-1.<br />

<strong>Lebenslagen</strong> <strong>im</strong> <strong>Land</strong> <strong>Bremen</strong> 2009 309

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