01.12.2012 Aufrufe

Lebenslagen im Land Bremen Armuts - Bremische Bürgerschaft

Lebenslagen im Land Bremen Armuts - Bremische Bürgerschaft

Lebenslagen im Land Bremen Armuts - Bremische Bürgerschaft

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Im Gegenteil potenziert längerfristig erlebte Obdachlosigkeit die genannten benachteiligenden<br />

Faktoren und Risiken noch weiter, sodass sich <strong>im</strong> Ergebnis die „besonderen sozialen<br />

Problemlagen“ ergeben - als verstetigte Lebenslage mit ökonomischer, sozialer und institutioneller<br />

Ausgrenzung. Auf diese ist mit entsprechenden Hilfeangeboten zu reagieren. Ein Teil<br />

der Betreffenden lehnt Hilfen ab, z. B., sofern sie mit einem institutionellen Hilfesystem verknüpft<br />

sind. Auch hierauf muss - mit entsprechend niedrigschwelligen - Angeboten geantwortet<br />

werden.<br />

Als Folgen von längerfristiger Obdachlosigkeit sind <strong>im</strong> Einzelnen zu nennen:<br />

• Der Verlust der Normalität des Alltags und sozialer Integration durch die fehlende Tagesstruktur,<br />

die Erwerbsarbeit bietet (mehr als 90 % der Obdachlosen sind erwerbslos) sowie<br />

den Ausschluss von sozialen, politischen und kulturellen Freizeitaktivitäten und Teilhabemöglichkeiten.<br />

• Armut in Gestalt von Obdachlosigkeit wirkt als weitere Zugangsbarriere, z. B. zu Vereinen,<br />

Sportangeboten, Fortbildungs- und Erholungsmaßnahmen oder Parteien und Verbänden. 450<br />

• Soziale Kontakte in der Obdachlosen„szene“ selber sind kein adäquater Ersatz für langfristige<br />

soziale Beziehungen; sie sind oft wegen der unsteten Lebensplanung nicht stabil und<br />

zudem <strong>im</strong>mer wieder von Gewalterfahrungen und Eigentumsdelikten geprägt.<br />

• Mangelernährung<br />

• Bewegungsmangel<br />

• Schwierigkeiten be<strong>im</strong> Zugang zu normalen Dienstleistungen wie:<br />

o Geld (kein Bankkonto)<br />

o Post (keine Anschrift)<br />

o Informationen der Medien (Zeitungen, Fernsehen)<br />

o Gesundheitsversorgung mit der Folge eines schlechten Allgemeinzustandes, chronifizierten<br />

Erkrankungen (Haut insbesondere, Bewegungsapparat, psychischen und Suchterkrankungen;<br />

hohe Erreichbarkeitsschwelle bei niedergelassenen Ärzten), einer kürzeren<br />

Lebenserwartung (zu Maßnahmen vgl. weiter unten). 451<br />

• Sekundärfolgen nach langjähriger Unterbringung <strong>im</strong> institutionellen Hilfesystem: Resignation,<br />

Passivität, Verzicht auf eigene Lebensplanung, Verlust von Alltagskompetenzen, Delegation<br />

von Verantwortung an die Institution („Hospitalisierung“).<br />

Obdachlos zu sein kann konkret bedeuten:<br />

Wind und Wetter ausgesetzt zu sein, Hunger zu haben, um Almosen bitten zu müssen, keinen<br />

sicheren Schlafplatz, kein Z<strong>im</strong>mer und keine Privatsphäre zu haben, sich in Angst und<br />

Unsicherheit vor Übergriffen zu befinden, lange Wege zu Fuß zurück zu legen, die Familie zu<br />

verlieren, keine Freunde, keinen Kühlschrank und keinen Fernseher zu haben, gebrauchte<br />

450 „Reiche“ Stadtteile sind für Obdachlose, insbesondere für alleinstehende Wohnungslose „no go areas“, d. h.<br />

ihr Aufenthalt dort löst ebenso wie an wichtigen stadtöffentlichen Plätzen Proteste aus. Die Gruppe bewegt sich<br />

daher besonders eingeengt in den wenigen innerstädtischen Bereichen, wo sie die Betrachtenden weniger „stört“<br />

bzw. wo ein Gewöhnungsprozess stattgefunden hat. Im Umkreis der Bremer Notunterkunft für Männer handelt es<br />

sich um ein Quartier mit gewerblicher Nutzung, in dem keine Gelegenheit zu Nachbarschaftskontakten besteht.<br />

451 Wegen ihres Lebens auf der Straße und in Unterkünften sind die meisten Obdachlosen nicht in der Lage, z. B.<br />

Rezepte und Atteste zu sammeln, um von der Praxisgebühr oder Zuzahlungen befreit werden zu können (s.<br />

Maßnahmen).<br />

260<br />

<strong>Lebenslagen</strong> <strong>im</strong> <strong>Land</strong> <strong>Bremen</strong> 2009

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!