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Lebenslagen im Land Bremen Armuts - Bremische Bürgerschaft

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Diese Erfolgsmeldung verdeckt den Blick auf die nach wie vor bestehenden Ungleichheiten<br />

und Benachteiligungen <strong>im</strong> Bildungssystem. Junge Frauen verlieren ihren Vorsprung nämlich<br />

schnell, sobald sich die Schultür hinter ihnen geschlossen hat. Insbesondere sind ihre sogenannten<br />

Bildungsrenditen – also die Einkommens- und Karrierechancen, die Frauen durch<br />

ihre Bildungsgewinne erzielen können - deutlich geringer als die der Männer und gehen häufiger<br />

mit <strong>Armuts</strong>risiken einher.<br />

3.7.4.1 Junge Frauen in der beruflichen Bildung<br />

Mädchen müssen seltener eine Klasse wiederholen, sie verlassen die Schulen durchschnittlich<br />

mit höherwertigen Schulabschlüssen und außerdem noch mit besserem Notendurchschnitt,<br />

das ist inzwischen Alltagswissen. 508<br />

Weniger bekannt ist, dass die Kompetenzzuwächse <strong>im</strong> Laufe der Schulzeit zwischen den<br />

Geschlechtern sehr unterschiedlich verteilt sind. Das belegen alle neueren internationalen<br />

Vergleichstests wie PISA oder IGLU. So bestehen signifikante (und viel beachtete) Unterschiede<br />

in der Lesekompetenz zugunsten der Mädchen und gleichzeitig signifikante (weniger<br />

beachtete) Differenzen in der mathematischen Kompetenz zugunsten der Jungen. 509<br />

Sobald sich der Blick weg von der geschlechtsspezifischen Verteilung auf Schultypen und<br />

Abschlüsse und stattdessen hin zu Fächergruppen und Interessen richtet, scheint in der<br />

Schule fast unverändert, was Mädchen und Jungen voneinander unterscheidet. Oder anders<br />

ausgedrückt: Das bundesdeutsche Schulsystem leistet offenbar wenig, um die traditionelle<br />

Interessenpolarisierung zwischen den Geschlechtern und damit auch Stereotypen aufzulösen.<br />

Für den Übergang von der Schule in den Beruf, der unmittelbar über Arbeitsmarkterfolge und<br />

damit über individuelle <strong>Armuts</strong>prävention best<strong>im</strong>mt, ist aber genau das von großer Bedeutung.<br />

Denn was Interesse weckt und soziale Bestätigung erfährt, geht in die Lebenswelt außerhalb<br />

der Schule über (Mädchen lesen gern, Jungen beschäftigen sich mit Computern)<br />

und gewinnt Sicherheit durch Routinen. Gleichzeitig best<strong>im</strong>mt es neben anderen Sozialisationsfaktoren<br />

das Berufswahlverhalten.<br />

3.7.4.2 Berufswahlverhalten von Mädchen und die Folgen<br />

Im Kindergarten, später in der Schule und nicht zuletzt durch die Medien werden Rollenbilder<br />

von Männern und Frauen verfestigt, die noch <strong>im</strong>mer sehr traditionell geprägt sind. Für heranwachsende<br />

junge Frauen wirkt dabei nicht mehr - wie noch bis in die 70er Jahre hinein -<br />

der ausschließlich familienzentrierte Lebensentwurf normativ, sondern deutlich komplexere<br />

Lebensentwürfe, die sich allesamt um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gruppieren.<br />

Die inzwischen doppelte gesellschaftliche Erwartungshaltung an Frauen ist es, einerseits<br />

Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, die sie für eine berufliche Tätigkeit qualifizieren,<br />

andererseits aber jederzeit bereit zu sein, die Ausübung ihres Berufs zugunsten von Familienarbeit<br />

zurückzustellen. Vor diesem Hintergrund macht die oft beklagte Konstanz des engen<br />

Berufswahlverhaltens junger Frauen Sinn. Auf der Folie von normativen Vorgaben, kollektiven<br />

und biografischen Erfahrungen, gesellschaftlichen Identifikationsangeboten und<br />

Strukturen verhalten sie sich konform zu dieser doppelten Erwartungshaltung, wenn sie Be-<br />

508 Vgl. BMFSFJ 2005, S. 22.<br />

509 Vgl. BMFSFJ 2005, S. 40 ff; anzumerken ist, dass sowohl in der PISA-Studie als auch in anderen internationalen<br />

Vergleichsuntersuchungen wie IGLU der Schwerpunkt nicht auf dem Leistungsvergleich der Geschlechter lag,<br />

die Unterschiede aber dennoch offensichtlich waren.<br />

<strong>Lebenslagen</strong> <strong>im</strong> <strong>Land</strong> <strong>Bremen</strong> 2009 295

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