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Lebenslagen im Land Bremen Armuts - Bremische Bürgerschaft

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4.4.4 Demografie, Lebensphasen und Haushalte in den Bremer<br />

Ortsteilen<br />

Die Stadt <strong>Bremen</strong> ist seit Mitte der 1980er Jahre durch eine nahezu stabile Bevölkerungsentwicklung<br />

gekennzeichnet, mit einem leichten Anstieg in den letzten Jahren. Aktuelle Modellrechnungen<br />

604 beschreiben auch für die Jahre bis 2015 eine Fortsetzung dieses Trends,<br />

danach wird mit einem leichten Bevölkerungsrückgang gerechnet. Diese relativ hohe Stabilität<br />

der Gesamtbevölkerung beruhte auf dem Zuzug zweier unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen.<br />

Als Großstadt mit einem hoch differenzierten Arbeitsmarkt und einer großen Universität<br />

ist <strong>Bremen</strong> vor allem für Jugendliche <strong>im</strong> Ausbildungs- und Studienalter attraktiv. Sie<br />

kompensierten in der Vergangenheit 605 den Rückgang der Einhe<strong>im</strong>ischen ebenso wie eine<br />

erhebliche Zahl von Migranten in Phasen starker Zuwanderung. Diesen positiven Wanderungseffekten<br />

steht jedoch der kontinuierliche Verlust von Personen und besonders von<br />

Familien <strong>im</strong> Erwerbsalter an das Umland entgegen. Dieser Trend hat sich in den letzten<br />

Jahren zwar leicht abgeschwächt. Die Auswirkungen dieser Entwicklungen zeigen sich jedoch<br />

in einem relativ gleichbleibenden Anteil von Kindern unter sechs Jahren und einer rückläufigen<br />

Zahl der Kinder <strong>im</strong> Schulalter. Voraussichtlich wird sich dieser Trend auch zukünftig<br />

fortsetzen, ebenso wie eine Reduzierung der erwerbsfähigen Bevölkerung zwischen 25 und<br />

50 Jahren.<br />

Ähnliche Entwicklungen hatten in der Vergangenheit maßgeblichen Einfluss auf die Prozesse<br />

der Segregation in vielen deutschen Großstädten und auch in der Stadt <strong>Bremen</strong>. Für die<br />

Großstädte <strong>im</strong> Ruhrgebiet sind diese Prozesse empirisch gut untersucht und dort als „doppelte<br />

Polarisierung“ charakterisiert worden 606 . Gemeint ist damit, dass zum einen Familien<br />

mit jüngeren Kindern ins Umland abwandern, um dort Eigentum zu erwerben. Gleichzeitig<br />

wandern junge Menschen <strong>im</strong> Ausbildungsalter und Familien mit einem Migrationshintergrund<br />

in die urbanen Kernstädte. Einem Teil dieser Zuwanderer fehlen für eine erfolgreiche Teilhabe<br />

am Erwerbsleben jedoch nachgefragte berufliche Qualifikationen. Weil insbesondere viele<br />

Migrantinnen und Migranten in solche Quartiere ziehen wollen oder ziehen müssen, in denen<br />

bereits ein hoher Anteil von Migranten lebt, wachsen die sozialen Ungleichheiten. In den<br />

Großstädten entstehen dadurch sowohl Quartiere in denen überdurchschnittlich viele Kinder<br />

und Menschen mit Migrationshintergrund leben, sowie Quartiere mit einem geringeren Kinderanteil,<br />

in denen nur wenige Einwohner einen Migrationshintergrund haben (innerstädtische<br />

Polarisierung). Am Stadtrand, vor allem aber <strong>im</strong> Umland der Großstädte wohnen hingegen<br />

eher materiell besser situierte Familien (Stadt-Umland-Polarisierung).<br />

Diese demografischen Prozesse sind eng mit den Lebens- und Familienzyklen der Stadtbevölkerung<br />

verbunden. Sie zu berücksichtigen ist gerade für die Untersuchung von Wohlstand<br />

und Armut ein zentraler Bezugspunkt, wie die dynamische <strong>Armuts</strong>forschung nachgewiesen<br />

hat 607 . Danach ist Armut für die meisten Betroffenen nicht ein lebenslanges Merkmal, sondern<br />

tritt gehäuft in spezifischen Lebensphasen 608 auf. Ein erhöhtes <strong>Armuts</strong>risiko besteht vor<br />

allem<br />

604 Vgl. Kirk, Lendner u. a. 2008.<br />

605 Der bisherige starke Zuzug von jungen Erwachsenen <strong>im</strong> Ausbildungsalter (18-25 Jahre) wird sich in der Zukunft<br />

auch aufgrund Geburten schwächerer Jahrgänge voraussichtlich nicht fortsetzen (ebenda: 11).<br />

606 Vgl. Strohmeier 2006.<br />

607 Vgl. Leibfried, Leisering 1994. S. 64 f; Kohli 1999, S. 111-129.<br />

608 Bereits 1899 hat B. Seebohm Rowntree als erster eine z. T. bis heute gültige Erfahrung über Armut unter den<br />

Arbeitern der englischen Industriestadt York beschrieben. Die verbreitete Armut <strong>im</strong> Kindesalter erklärte er zum<br />

einen mit den zusätzlich notwendigen Versorgungskosten für die Kinder. Weil die (kleinen) Kinder noch nichts<br />

362<br />

<strong>Lebenslagen</strong> <strong>im</strong> <strong>Land</strong> <strong>Bremen</strong> 2009

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