Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Die</strong> Quelle aller Übel sieht Sismondi nämlich in dem Mißverhältnis<br />
zwi schen der kapitalistischen Produktion und der durch sie bedingten Einkom<br />
mens verteilung, und hier greift er in das uns interessierende Problem der<br />
<strong>Akkumulation</strong> ein.<br />
Das Leitmotiv seiner Kritik gegenüber der klassischen Ökonomie ist dies:<br />
<strong>Die</strong> kapitalistische Produktion wird ermuntert zur schrankenlosen Erweiterung<br />
ohne jede Rücksicht auf die Konsumtion, diese aber ist bemessen durch das<br />
Einkommen. ›Alle neueren Volkswirte‹, sagt er, ›haben tatsächlich anerkannt,<br />
daß das öff entliche Vermögen, insofern es nur die Zusammensetzung <strong>des</strong> Privatvermögens<br />
ist, durch dieselben Vorgänge wie das je<strong>des</strong> Privatmannes entsteht,<br />
sich vermehrt, verteilt wird, zugrunde geht. Alle wußten gar wohl, daß bei einem<br />
Privatvermögen der Teil, der ganz besonders beachtet werden muß, das Einkommen<br />
ist, daß nach dem Einkommen der Verbrauch oder die Ausgabe sich richten<br />
muß, wenn man nicht das Kapital zerstören will. Da aber in dem öff entlichen<br />
Vermögen aus dem Kapital <strong>des</strong> einen das Einkommen <strong>des</strong> anderen wird,<br />
waren sie in Verlegenheit zu entscheiden, was Kapital ist und was Einkommen,<br />
und haben es <strong>des</strong>halb für das einfachste gehalten, das letztere vollständig bei ihren<br />
Berechnungen beiseite zu lassen. Durch die Unterlassung der Bestimmung<br />
einer so wesentlichen Menge sind Say und Ricardo zu dem Glauben gelangt, daß<br />
der Verbrauch eine unbegrenzte Macht sei oder wenigstens daß seine Grenzen<br />
lediglich durch die Produktion bestimmt werden, während er doch tatsächlich<br />
durch das Einkommen begrenzt wird. Sie haben gemeint, daß jeder produzierte<br />
Reichtum stets Verbraucher fi nde, und sie haben die Produzenten zu dieser<br />
Überfüllung der Märkte ermutigt, die heute das Elend der gesitteten Welt ausmacht,<br />
anstatt daß sie die Produzenten hätten darauf hinweisen sollen, daß sie<br />
nur auf Verbraucher rechnen können, die ein Einkommen haben.‹⁷⁵<br />
Sismondi legt seiner Auff assung also eine Lehre vom Einkommen zugrunde.<br />
Was ist Einkommen und was Kapital? – dieser Unterscheidung wendet<br />
er die größte Aufmerksamkeit zu und nennt sie ›die abstrakteste und schwierigste<br />
Frage der Volkswirtschaft‹. Das IV. Kapitel im Buch II ist dieser Frage gewidmet.<br />
Sismondi beginnt die Untersuchung wie üblich mit einer Robinsonade. Für den<br />
›Einzelmenschen‹ war die Unterscheidung zwischen Kapital und Einkommen<br />
›noch eine dunkle‹, erst in der Gesell schaft wurde sie ›grundstürzend‹.<br />
Aber auch in der Gesellschaft wird diese Unterscheidung sehr schwierig, nämlich<br />
durch die uns bereits bekannte Fabel der bürgerlichen Ökonomie, wonach<br />
›das, was für den einen Kapital, für den anderen Einkommen wird‹ und umgekehrt.<br />
Sismondi übernimmt diesen Wirrwarr, den Smith angerichtet und Say<br />
zum Dogma und zum legitimen Rechtfertigungsgrund der Gedankenfaulheit<br />
und Oberfl ächlichkeit erhoben hatte, getreulich: ›<strong>Die</strong> Natur <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong> und<br />
<strong>des</strong> Einkommens vermengen sich in unserem Geiste fortwährend; wir sehen<br />
das, was für den einen Einkommen ist, zum Kapital für den anderen werden<br />
und denselben Gegenstand, während er aus einer Hand in die andere geht, nach<br />
und nach die verschiedensten Bezeichnungen annehmen, während sein Wert,<br />
der sich von dem verzehrten Gegenstande ablöst, eine übersinnliche Menge<br />
scheint, welche der eine verausgabt und der andere austauscht, welche bei dem<br />
einen mit dem Gegenstand selbst untergeht und sich bei dem anderen wieder<br />
erneut und so lange andauert wie der Umlauf.‹ Nach dieser vielversprechenden<br />
Einleitung stürzt er sich in das schwierige Problem und erklärt: Aller Reichtum<br />
ist das Produkt der Arbeit. Das Einkommen ist ein Teil <strong>des</strong> Reichtums, folglich<br />
muß es denselben Ursprung haben. Es sei in<strong>des</strong>sen ›üblich‹, drei Arten <strong>des</strong><br />
Geschichtliche Darstellung <strong>des</strong> Problems 105<br />
75 l.c., Bd. I, S. XIX.