Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Einunddreißigstes Kapitel<br />
Schutzzoll und <strong>Akkumulation</strong><br />
Der Imperialismus ist der politische Ausdruck <strong>des</strong> Prozesses der<br />
Kapitalakkumulation in ihrem Konkurrenzkampf um die Reste <strong>des</strong> noch nicht<br />
mit Beschlag belegten nichtkapitalistischen Weltmilieus. Geographisch umfaßt<br />
dieses Milieu heute noch die weitesten Gebiete der Erde. Gemessen jedoch<br />
an der gewaltigen Masse <strong>des</strong> bereits akkumulierten <strong>Kapitals</strong> der alten kapitalistischen<br />
Länder, das um die Absatzmöglichkeiten für sein Mehrprodukt wie<br />
um Kapitalisierungsmöglichkeiten für seinen Mehrwert ringt, gemessen ferner<br />
an der Rapidität, mit der heute Gebiete vorkapitalistischer Kulturen in kapitalistische<br />
verwandelt werden, mit anderen Worten gemessen an dem bereits<br />
erreichten hohen Grad der Entfaltung der Produktivkräfte <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>,<br />
erscheint das seiner Expansion noch verbleibende Feld als ein geringer Rest.<br />
Demgemäß gestaltet sich das internationale Vorgehen <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong> auf der<br />
Weltbühne. Bei der hohen Entwicklung und der immer heftigeren Konkurrenz<br />
der kapitalistischen Länder um die Erwerbung nichtkapitalistischer Gebiete<br />
nimmt der Imperialismus an Energie und an Gewalttätigkeit zu, sowohl in<br />
seinem aggressiven Vorgehen gegen die nichtkapitalistische Welt wie in der<br />
Verschärfung der Gegensätze zwischen den konkurrierenden kapitalistischen<br />
Ländern. Je gewalttätiger, energischer und gründlicher der Imperialismus aber<br />
den Untergang nichtkapitalistischer Kulturen besorgt, um so rascher entzieht<br />
er der Kapitalakkumulation den Boden unter den Füßen. Der Imperialismus ist<br />
ebensosehr eine geschichtliche Methode der Existenzverlängerung <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong><br />
wie das sicherste Mittel, <strong>des</strong>sen Existenz auf kürzestem Wege objektiv ein Ziel<br />
zu setzen. Damit ist nicht gesagt, daß dieser Endpunkt pedantisch erreicht werden<br />
muß. Schon die Tendenz zu diesem Endziel der kapitalistischen<br />
Entwicklung äußert sich in Formen, die die Schlußphase <strong>des</strong> Kapitalismus zu<br />
einer Periode der Katastrophen gestalten.<br />
<strong>Die</strong> Hoff nung auf eine friedliche Entwicklung der Kapitalakkumulation,<br />
auf den ›Handel und Gewerbe, die nur bei Frieden gedeihen‹, die ganze offi -<br />
ziöse manchesterliche Ideologie der Interessenharmonie zwischen den Handels<br />
nationen der Welt – die andere Seite der Interessenharmonie zwischen<br />
Kapital und Arbeit – stammt aus der Sturm-und-Drang-Periode der klassischen<br />
National ökonomie und schien eine praktische Bestätigung zu fi nden<br />
in der kurzen Freihandelsära in Europa in den 60er und 70er Jahren. Sie hat<br />
zur Grund lage das falsche Dogma der englischen Freihandelsschule, als sei<br />
der Warenaustausch die einzige Voraussetzung und Bedingung der Kapi talakkumulation,<br />
als sei diese mit der Warenwirtschaft identisch. <strong>Die</strong> ganze<br />
Ricardoschule identifi zierte, wie wir sahen, die Kapitalakkumulation und ihre<br />
Reproduktionsbedingungen mit der einfachen Warenproduktion und mit den<br />
Bedingungen der einfachen Warenzirkulation. Noch mehr tritt dies später<br />
bei dem praktischen Freihändler vulgaris zutage. <strong>Die</strong> ganze Beweisführung<br />
der Cobden-Liga war zugeschnitten auf die besonderen Interessen der exportierenden<br />
Baumwollfabrikanten von Lancashire. Ihr Hauptaugenmerk war darauf<br />
gerichtet, Käufer zu gewinnen, und ihr Glaubensartikel lautete: Wir müssen<br />
dem Auslande abkaufen, damit wir wiederum als Verkäufer der Industrieprodukte,<br />
will sagen: der Baumwollwaren, Abnehmer fi nden. Der Konsument, in<br />
<strong>Die</strong> geschichtlichen Bedingungen der <strong>Akkumulation</strong> 299