Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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A Krisentheorien. In: <strong>Die</strong> Neue<br />
Zeit. 20. Jg., Zweiter Band, S.116<br />
B l.c., S.80<br />
einen spezifi schen Moment: den Übergang von der einfachen zur erweiterten<br />
Reproduktion, zugeschnitten hat, einen Moment, der theoretisch nur als<br />
Ausnahme gedacht werden kann, praktisch aber überhaupt nicht in Betracht<br />
kommt.¹⁸¹ A<br />
Anmerkung 181<br />
Wenn K. Kautsky durch die Fortsetzung <strong>des</strong> Schemas der erweiterten Reproduktion Tugan ziffernmäßig<br />
beweist, daß die Konsumtion unbedingt wachsen müsse, und zwar ›genau in demselben<br />
Verhältnis wie die Wertmasse der Produktionsmittel‹, so ist dazu zweierlei zu bemerken.<br />
Erstens ist dabei von Kautsky, wie auch von Marx in seinem Schema, der Fortschritt der<br />
Produktivität der Arbeit nicht berücksichtigt, wodurch die Konsumtion relativ größer erscheint<br />
als der Wirklichkeit entsprechen würde. Zweitens aber ist das Wachstum der Konsumtion,<br />
auf das Kautsky hier verweist, selbst Folge, Ergebnis der erweiterten Reproduktion, nicht ihre<br />
Grundlage und ihr Zweck, es ergibt sich in der Hauptsache aus dem gewachsenen variablen<br />
Kapital, aus der wachsenden Verwendung neuer Arbeiter. <strong>Die</strong> Erhaltung dieser Arbeiter kann<br />
aber nicht als Zweck und Aufgabe der Erweiterung der Reproduktion betrachtet werden, sowenig<br />
übrigens wie die zunehmende persönliche Konsumtion der Kapitalistenklasse. Der Hinweis<br />
Kautskys schlägt also wohl die Spezialschrulle Tugans zu Boden: den Einfall, eine erweiterte<br />
Reproduktion bei abso luter Abnahme der Konsumtion zu konstruieren; er geht hingegen nicht<br />
auf die Grundfrage <strong>des</strong> Verhältnisses von Produktion zur Konsumtion vom Standpunkte <strong>des</strong><br />
Reproduktionsprozesse ein. Wir lesen zwar an einer anderen Stelle <strong>des</strong>selben Aufsatzes: ›<strong>Die</strong><br />
Kapitalisten und die von ihnen ausgebeuteten Arbeiter bilden einen mit der Zunahme <strong>des</strong><br />
Reichtums der ersteren und der Zahl der letzteren zwar stets wachsenden, aber nicht so rasch<br />
wie die <strong>Akkumulation</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong> und die Produktivität der Arbeit anwachsenden und für<br />
sich allein nicht ausreichenden Markt für die von der kapitalistischen Großindustrie geschaffenen<br />
Konsummittel. <strong>Die</strong>se muß einen zusätzlichen Markt außerhalb ihres Bereiches in den noch<br />
nicht kapitalistisch produzierenden Berufen und Nationen suchen. Den findet sie auch, und sie<br />
erweitert ihn ebenfalls immer mehr, aber ebenfalls nicht rasch genug. Denn dieser zusätzliche<br />
Markt besitzt bei weitem nicht die Elastizität und Ausdehnungsfähigkeit <strong>des</strong> kapitalistischen<br />
Produktionsprozesses. Sobald die kapitalistische Produktion zur entwickelten Großindustrie geworden<br />
ist, wie dies in England schon im ersten Viertel <strong>des</strong> neunzehnten Jahrhunderts der Fall<br />
war, erhält sie die Möglichkeit derartiger sprunghafter Ausdehnung, daß sie jede Erweiterung<br />
<strong>des</strong> Marktes binnen kurzem überholt. So ist jede Periode der Prosperität, die einer erheblichen<br />
Erweiterung <strong>des</strong> Marktes folgt, von vornherein zur Kurzlebigkeit verurteilt, und die Krise<br />
wird ihr notwendiges Ende. <strong>Die</strong>s in kurzen Zügen die, soweit wir sehen, von den ‚orthodoxen’<br />
Marxisten allgemein angenommen, von Marx begründete Krisentheorie.‹ B Kautsky befaßt<br />
sich aber damit nicht, die Auffassung von der Realisierung <strong>des</strong> Gesamtprodukts mit dem<br />
Marxschen Schema der erweiterten Reproduktion in Einklang zu bringen, vielleicht aus dem<br />
Grunde, weil er, wie auch das Zitat zeigt, das Problem ausschließlich unter dem Gesichtswinkel<br />
dar Krisen, d. h. vom Standpunkte <strong>des</strong> gesellschaftlichen Produkts als einer unterschiedslosen<br />
Warenmasse in ihrer Gesamtmenge, nicht unter dem Gesichtswinkel seiner Gliederung im Repro<br />
duktionsprozeß, behandelt.<br />
An diese letztere Frage tritt anscheinend näher L. Boudin heran, der in seiner glänzenden Kritik<br />
<strong>des</strong>selben Tugan-Baranowski die Formulierung gibt: ›Das in den kapitalistischen Ländern<br />
pro duzierte Mehrprodukt hat – mit einigen später zu erwähnenden Ausnahmen – nicht darum<br />
die Räder den Produktion in ihrem Lauf gehemmt, weil die Produktion geschickter in die verschiedenen<br />
Sphären verteilt worden ist oder weil aus der Produktion von Baumwollwaren<br />
eine Produktion von Maschinen geworden ist, sondern <strong>des</strong>halb, weil auf Grund der Tatsache,<br />
daß sich einige Länder früher kapitalistisch umentwickelt haben als andere und daß es auch<br />
jetzt noch einige kapitalistisch unentwickelt gebliebene gibt, die kapitalistischen Länder wirklich<br />
eine außerhalb liegende Welt haben, in welche sie die von ihnen nicht selbst zu verbrauchenden<br />
Produkte hineinwerfen konnten, gleichviel, ob diese Produkte nun in Baumwoll- oder<br />
Eisenwaren bestanden. Damit soll durchaus nicht gesagt sein, daß die Wandlung von den<br />
Baumwoll- zu den Eisenwaren als führendem Produkt der hauptsächlichen kapitalistischen<br />
Länder etwa bedeutungslos wäre. Im Gegenteil, sie ist von der größten Wichtigkeit. Aber ihre<br />
Bedeutung ist eine ganz andere, als Tugan-Baranowski ihr beilegt. Sie zeigt den Anfang vom<br />
Ende <strong>des</strong> Kapitalismus. Solange die kapitalistischen Länder Waren zur Konsumtion ausführten,<br />
solange war noch Hoffnung für den Kapitalismus in jenen Ländern. Da war noch nicht die<br />
Rede davon, wie groß die Aufnahmefähigkeit der nichtkapitalistischen Außenwelt für die kapitalistisch<br />
produzierten Waren wäre und wie lange sie noch dauern würde. Das Anwachsen<br />
der Maschinenfabrikation im Export der kapitalistischen Hauptländer auf Kosten der Konsumtionsgüter<br />
zeigt, daß Gebiete, welche früher abseits vom Kapitalismus standen und <strong>des</strong>halb<br />
als Abla<strong>des</strong>telle für sein Mehrprodukt dienten, nunmehr in das Getriebe <strong>des</strong> Kapitalismus<br />
hineingezogen worden sind, zeigt, daß, da ihr eigener Kapitalismus sich entwickelt, sie ihre<br />
eigenen Konsumtionsgüter selbst produzieren. Jetzt, wo sie erst im Anfangsstadium ihrer<br />
204 Geschichtliche Darstellung <strong>des</strong> Problems