Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
A ›künstlich‹, von außen, außerhalb<br />
der lokalen Verhältnisse und<br />
Beziehungen initiiert, etwas pleonastische<br />
Formulierung<br />
211 In den Regierungs maximen<br />
Timurs (1783 aus dem Persischen<br />
ins Englische übersetzt, hieß es:<br />
›And I commanded that they<br />
should build places of worship, and<br />
monasteries in every city; and that<br />
they should erect structures for the<br />
reception of travellers on the high<br />
roads and that they should make<br />
bridges across the rivers.<br />
An I commanded that the ruined<br />
bridges should be repaired and that<br />
bridges should be constructed over<br />
the rivulets and over the rivers; and<br />
that on the roads, at the distance<br />
of one stage from each other,<br />
Kauru wansarai should be erected,<br />
and that guards and watchers &c.<br />
should be stationed on the road,<br />
and that in every Kauruwansarai<br />
people should be appointed to reside<br />
etc.<br />
And I ordained, whoever undertook<br />
the cultivation of waste lands,<br />
or build an aqueduct, or made a canal<br />
or planted a grove, or restored<br />
to culture a <strong>des</strong>erted district, that<br />
in the first year nothing should be<br />
taken from him, and that in the<br />
second year, whatever the subject<br />
voluntarily offered should be received,<br />
and that in the third year<br />
the duties, should he collected according<br />
to the regulation.‹ [James<br />
Mill: The History of British India,<br />
Bd. II. 4. Aufl., S.492—498]<br />
212 Graf Warren: De l’état moral<br />
de la population indigène. Zit.<br />
bei: Kowalewski: l.c., S.164 [Das<br />
Gemeineigentum an Grund und<br />
Boden. Ursachen, Verlauf und<br />
Folgen seiner Zersetzung. Teil I,<br />
Moskau 1879].<br />
213 Historical and <strong>des</strong>criptive<br />
account of British India from the<br />
most remote period to the conclusion<br />
of the Afghan war by Hugh<br />
Marray, James Wilson, Greville,<br />
Prof. Jameson, William Wallace and<br />
Captain Dalrymple, Bd. II, 4. Aufl.,<br />
Edinburgh 1843, S.427. Zit. bei<br />
Kowalewski: l.c.,<br />
Erst schuf England künstlich A eine Landaristokratie in Indien auf Kosten<br />
uralter Eigentumsrechte der Bauerngemeinden, um hinterdrein die Bauern<br />
gegen diese Bedrücker zu schützen und das ›widerrechtlich usurpierte Land‹<br />
in die Hände englischer Kapitalisten zu bringen.<br />
So entstand in Indien in kurzer Zeit der Großgrundbesitz, während die<br />
Bauern auf enormen Strecken in eine verarmte, proletarisierte Masse kleiner<br />
Pächter mit kurzen Pachtfristen verwandelt wurden.<br />
Endlich kam noch in einem markanten Umstand die spezifi sche Kapitalmethode<br />
der Kolonisation zum Ausdruck. <strong>Die</strong> Engländer waren die ersten<br />
Eroberer Indiens, die eine rohe Gleichgültigkeit für die öff entlichen Kulturwerke<br />
wirtschaftlichen Charakters mitbrachten. Araber, Afghanen wie Mongolen leiteten<br />
und unterstützten in Indien großartige Kanalanlagen, durchzogen das<br />
Land mit Straßen, überspannten Flüsse mit Brücken, ließen wasserspendende<br />
Brunnen graben. Der Ahne der Mongolendynastie in Indien, Timur oder<br />
Tamerlan, trug Sorge für die Bodenkultur, Bewässerung, Sicherheit der Wege<br />
und Verpfl egung der Reisenden.²¹¹ ›<strong>Die</strong> primitiven Radschas Indiens, die afghanischen<br />
oder mongolischen Eroberer, zuweilen grausam für die Individuen, bezeichneten<br />
wenigstens ihre Herrschaft durch jene wunderbaren Konstruktionen,<br />
die man heute auf jedem Schritt fi ndet und die das Werk einer Rasse von Riesen<br />
zu sein scheinen … <strong>Die</strong> Kompanie (die englische Ostindische Kompanie, die<br />
bis 1858 in Indien herrschte – R.L.) hat nicht eine Quelle geöff net, nicht einen<br />
Brunnen gegraben, nicht einen Kanal gebaut, nicht eine Brücke zum Nutzen<br />
der Inder errichtet.‹²¹²<br />
Ein anderer Zeuge, der Engländer James Wilson, sagt: ›In der Provinz<br />
von Madras wird jedermann unwillkürlich durch die grandiosen altertümlichen<br />
Bewässerungsanlagen frappiert, deren Spuren sich bis auf unsere Zeit erhalten<br />
haben. Stausysteme die die Flüsse stauten, bildeten ganze Seen, aus denen<br />
Kanäle auf 60 und 70 Meilen im Umkreis Wasser ver breiteten. Auf<br />
großen Flüssen gab es solcher Schleusen 30—40 Stück … Das Regenwasser,<br />
das von den Bergen hinabfl oß, wurde in besonders zu diesem Behufe gebauten<br />
Teichen gesammelt, von denen viele bis jetzt 15 bis 25 Meilen im Umkreis haben.<br />
<strong>Die</strong>se gigantischen Konstruktionen waren fast alle vor dem Jahre 1750 vollendet.<br />
In der Epoche der Kriege der Kompanie mit den mongolischen Herrschern<br />
und, wir müssen hinzufügen, während der ganzen Periode unserer Herrschaft in<br />
Indien sind sie in großen Verfall geraten.‹²¹³<br />
Ganz natürlich: Für das englische Kapital kam es nicht darauf an, die indischen<br />
Gemeinwesen lebensfähig zu erhalten und wirtschaftlich zu stützen,<br />
sondern im Gegenteil, sie zu zerstören, ihnen die Produktivkräfte zu entreißen.<br />
<strong>Die</strong> rasch zugreifende ungestüme Gier der <strong>Akkumulation</strong>, die ihrem ganzen<br />
Wesen nach von ›Konjunkturen‹ lebt und nicht an den morgigen Tag zu denken<br />
imstande ist, kann den Wert der alten wirtschaftlichen Kulturwerke von<br />
weitsichtigerem Standpunkt nicht einschätzen. In Ägypten zerbrachen sich<br />
kürzlich die englischen Ingenieure, als sie für die Zwecke <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong> am Nil<br />
Riesenstauwerke errichten sollten, den Kopf, um die Spuren jener antiken<br />
Kanalsysteme aufzudecken, die sie in ihren indischen Provinzen mit der stupiden<br />
Sorglosigkeit von Botokuden hatten gänzlich verfallen lassen. <strong>Die</strong> Engländer<br />
haben das edle Werk ihrer Hände erst einigermaßen zu würdigen gelernt, als<br />
die furchtbare Hungersnot, die im Distrikt Orissa allein in einem Jahre eine<br />
Million Menschenleben dahingeraff t hatte, im Jahre 1867 eine Untersuchung<br />
244 <strong>Die</strong> geschichtlichen Bedingungen der <strong>Akkumulation</strong>