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Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub

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für 100 Dollar zu übernehmen. Später ist das leere Haus unter der Last <strong>des</strong><br />

Schnees zusammengebrochen. In Oregon sahen wir viele verlassene Farmen<br />

mit Wohnhäuschen und Gemüsegärtchen. Eins davon, das wir besucht haben,<br />

war ausgezeichnet gebaut: ein kräftiges von Meisterhand zusammengefügtes<br />

Blockhaus mit einigen Gerätschaften. Und alles das war vom Farmer verlassen.<br />

Jedermann konnte alles unentgeltlich in Besitz nehmen.‹²⁴³<br />

Wohin wendet sich der ruinierte Farmer der Union? – Er zieht mit seinem<br />

Wanderstab dem ›Weizenzentrum‹ und den Eisenbahnen nach. Das Weizenparadies<br />

verschiebt sich zum Teil nach Kanada an den Saskatschewan und den<br />

Mackenziefl uß, wo Weizen noch unter dem 62. Grad nördlicher Breite gedeiht.<br />

Ihm folgt ein Teil der Farmer der Union, 244 um nach einiger Zeit in Kanada<br />

noch einmal dasselbe Schicksal durchzumachen. Kanada ist in den letzten<br />

Jahren auf dem Weltmarkt in die Reihe der Weizenausfuhrländer eingetreten,<br />

dort wird aber die Landwirtschaft noch mehr vom Großkapital beherrscht.²⁴⁵<br />

Anmerkung 245<br />

›Ich habe auf der Reise durch den kanadischen Westen nur eine einzige Farm besucht, welche<br />

we niger als 1 000 Acres (1 585 preußische Morgen) umfaßte. Nach dem 1881er Census<br />

<strong>des</strong> Dominion of Canada waren in Manitoba zur Zeit der Aufnahme 2 384 337 Acre Lan<strong>des</strong><br />

von nur 9 077 Besitzern okkupiert; es entfielen demnach auf einen einzelnen nicht weniger<br />

2 047 Acres – eine Durchschnittsgröße, wir sie in keinem Staate der Union nur entfernt erreicht<br />

wird.‹ A Wenig verbreitet war freilich zu Beginn der 80er Jahre in Kanada eigentlicher<br />

Großbetrieb. Doch beschreibt schon Sering die einer Aktiengesellschaft gehörige ›Bell-Farm‹, die<br />

nicht weniger als 22 680 Hektar umfaßte und offenbar nach dem Muster der Dalrymple-Farm<br />

eingerichtet war. – Sering, der die Aussichten kanadischen Konkurrenz sehr kühl und skeptisch<br />

betrachtete, hat in den 80er Jahren als den ›fruchtbaren Gürtel‹ Westkanadas eine Fläche von<br />

311 000 Quadratmeilen oder ein Gebiet drei Fünftel so groß wie ganz Deutschland berechnet,<br />

davon nahm er bei extensiver Kultur nur 38,4 Millionen Acres als wirkliches Kulturland<br />

und davon als voraussichtliches Weizengebiet im Höchstfalle nur 14 Millionen Acres an. B<br />

Nach den Schätzungen der ›Manitoba Free Press‹ von Mitte Juni 1912 betrug die Anbaufläche<br />

für Frühjahrsweizen in Kanada im Sommer 1912 11,2 Millionen Acres gegen eine Fläche von<br />

19,2 Millionen Acres Frühjahrsweizen in den Vereinigten Staaten. C<br />

<strong>Die</strong> Verschleuderung der öff entlichen Ländereien an privatkapitalistische<br />

Gesellschaften ist in Kanada noch ungeheuerlicher betrieben worden als<br />

in den Vereinigten Staaten. Der Charter und Landgrant der kanadischen Pa -<br />

zi fi kbahngesellschaft ist etwas Beispielloses an öff entlichem Raub durch das<br />

Privatkapital. Der Gesellschaft war nicht bloß das Monopol auf den Eisen -<br />

bahnbau für 20 Jahre gesichert, die ganze zu bebauende Strecke von etwa<br />

713 eng lischen Meilen im Werte von zirka 35 Millionen Dollar gratis<br />

zur Verfügung gestellt, nicht bloß hatte der Staat auf 10 Jahre eine Zinsgarantie<br />

für 3 Prozent auf das Aktienkapital von 100 Millionen Dollar übernommen<br />

und ein bares Darlehen von 27½ Millionen Dollar gewährt. Außer alledem<br />

ist der Gesellschaft ein Landgebiet von 25 Millionen Acres geschenkt worden,<br />

und zwar zur beliebigen Auswahl unter den fruchtbarsten und bestgelegenen<br />

Ländereien auch außerhalb <strong>des</strong> unmittelbar die Bahn begleitenden Gürtels.<br />

Alle die künftigen Ansiedler auf der ungeheuren Fläche waren so von vornherein<br />

dem Eisenbahnkapital auf Gnade und Ungnade überantwortet. <strong>Die</strong><br />

Eisenbahnkompanie hat ihrerseits 5 Millionen Acres, um sie möglichst rasch<br />

zu Geld zu machen, gleich weiter an die Nordwest-Landkompanie, d. h. an<br />

eine Vereinigung von englischen Kapitalisten unter Führung <strong>des</strong> Herzogs<br />

von Manchester verschleudert. <strong>Die</strong> zweite Kapitalgruppe, an die öff entliche<br />

<strong>Die</strong> geschichtlichen Bedingungen der <strong>Akkumulation</strong> 271<br />

243 Zit. bei Nikolai-on: l.c.,<br />

S.224<br />

244 <strong>Die</strong> Einwanderung nach<br />

Kanada betrug 1901 49 149 Personen.<br />

Im Jahre 1912 sind über<br />

300 000 Personen eingewandert,<br />

davon 131 000 britische<br />

und 134 000 amerikanische<br />

Einwanderer. Wie aus Montreal<br />

Ende Mai 1912 gemeldet wurde,<br />

dauerte der Zuzug der amerikanischen<br />

Farmer auch in diesem<br />

Frühjahr fort.<br />

A Sering: l.c., S.376<br />

B Sering: l.c., S.337 und S.338<br />

C siehe Berliner Tageblatt und<br />

Handelszeitung, Nr. 305 vom<br />

18. Juni 1912

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