Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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kapitalisierende Mehrwert und der ihm entsprechende Teil der kapitalistischen<br />
Produktenmasse unmöglich innerhalb der kapitalistischen Kreise realisiert werden<br />
kann und unbedingt außerhalb dieser Kreise, in nichtkapitalistisch produzierenden<br />
Gesellschaftsschichten und -formen, seine Abnehmer suchen muß.<br />
So liegen zwischen je einer Produktionsperiode, in der Mehrwert produziert,<br />
und der darauff olgenden <strong>Akkumulation</strong>, in der er kapitalisiert wird, zwei<br />
verschiedene Transaktionen – die Verwandlung <strong>des</strong> Mehrwerts in seine reine<br />
Wertform, die Realisierung, und die Verwandlung dieser reinen Wertgestalt in<br />
produktive Kapitalgestalt –, die beide zwischen der kapitalistischen Produktion<br />
und der sie umgebenden nichtkapitalistischen Welt vor sich gehen. So ist von<br />
beiden Standpunkten: der Realisierung <strong>des</strong> Mehrwerts wie der Beschaff ung der<br />
Elemente <strong>des</strong> konstanten <strong>Kapitals</strong>, von vornherein der Weltverkehr eine historische<br />
Existenzbedingung <strong>des</strong> Kapitalismus, Weltverkehr der in den gegebenen<br />
konkreten Verhältnissen A wesentlich ein Austausch zwischen der kapitalistischen<br />
und den nichtkapitalistischen Produktionsformen ist.<br />
Bis jetzt haben wir die <strong>Akkumulation</strong> nur vom Standpunkt <strong>des</strong> Mehrwerts<br />
und <strong>des</strong> konstanten <strong>Kapitals</strong> betrachtet. Das dritte grundlegende Moment<br />
der <strong>Akkumulation</strong> ist das variable Kapital. <strong>Die</strong> fortschreitende <strong>Akkumulation</strong><br />
ist begleitet von zunehmendem variablem Kapital. Im Marxschen Schema erscheint<br />
als seine entsprechende sachliche Gestalt im gesellschaftlichen Produkt<br />
eine wachsende Menge von Lebensmitteln für die Arbeiter. Das wirkliche variable<br />
Kapital sind aber nicht die Lebensmittel der Arbeiter, sondern die lebendige<br />
Arbeitskraft, für deren Reproduktion die Lebensmittel notwendig sind. Zu<br />
den Grundbedingungen der <strong>Akkumulation</strong> gehört also eine ihren Bedürfnissen<br />
angepaßte Zufuhr lebendiger Arbeit, die vom Kapital in Bewegung gesetzt wird.<br />
Zum Teil wird die Vergrößerung dieser Menge – soweit die Verhältnisse erlauben<br />
– durch Verlängerung <strong>des</strong> Arbeitstages und Intensivierung der Arbeit erreicht.<br />
Allein in beiden Fällen äußert sich diese Vermehrung der lebendigen<br />
Arbeit nicht oder nur in geringem Maße (als Überstundenlohn) im Wachstum<br />
<strong>des</strong> variablen <strong>Kapitals</strong>. Beide Methoden fi nden außerdem teils in natürlichen,<br />
teils in sozialen Widerständen ihre bestimmten, ziemlich engen Schranken, über<br />
die sie nicht hinausgehen können. Das fortschreitende Wachstum <strong>des</strong> variablen<br />
<strong>Kapitals</strong>, das die <strong>Akkumulation</strong> begleitet, muß also in einer zunehmenden<br />
Zahl beschäftigter Arbeitskräfte Ausdruck fi nden. Wo kommen diese zuschüssigen<br />
Arbeitskräfte her? B<br />
Bei der Analyse der <strong>Akkumulation</strong> <strong>des</strong> Einzelkapitals beantwortet Marx<br />
die Frage folgendermaßen: ›Um nun diese Bestandteile tatsächlich als Kapital<br />
fungieren zu lassen, bedarf die Kapitalistenklasse eines Zuschusses von Arbeit.<br />
Soll nicht die Ausbeutung der schon beschäftigten Arbeiter extensiv oder intensiv<br />
wachsen, so müssen zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt werden. Dafür<br />
hat der Mechanismus der kapitalistischen Produktion ebenfalls schon gesorgt,<br />
indem er die Arbeiterklasse reproduziert als vom Arbeitslohn abhängige<br />
Klasse, deren gewöhnlicher Lohn hinreicht, nicht nur ihre Erhaltung zu<br />
sichern, sondern auch ihre Vermehrung. <strong>Die</strong>se ihm durch die Arbeiterklasse<br />
auf verschiednen Altersstufen jährlich gelieferten zuschüssigen Arbeitskräfte<br />
braucht das Kapital nur noch den in der Jahresproduktion schon enthaltnen<br />
zuschüssigen Produktionsmitteln einzuverleiben, und die Verwandlung <strong>des</strong><br />
Mehrwerts in Kapital ist fertig.‹²⁰⁴ Hier wird der Zuwachs <strong>des</strong> variablen<br />
<strong>Kapitals</strong> lediglich und direkt auf die natürliche Vermehrung der bereits<br />
<strong>Die</strong> geschichtlichen Bedingungen der <strong>Akkumulation</strong> 233<br />
A vor 1913; auch wenn das städtische<br />
Kleinbürgertum – selbständige<br />
Handwerker ohne Lohnarbeiter –<br />
und Kleinbauern noch nicht völlig<br />
verschwunden sind und in den<br />
Kreislauf <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong> mit eingerechnet<br />
werden, ist dieser Anteil<br />
inzwischen erheblich geringer als<br />
vor dem Ersten Weltkrieg. Aus<br />
Kleinbauern sind ›Agrarkapitalisten‹<br />
geworden oder, bis zu ihrer vollständigen<br />
Proletarisierung, ›Nebenerwerbslandwirte‹<br />
Indem ›das<br />
Kapital‹ in seinem ›Weltverkehr‹ zunächst<br />
in Warenform vordringt,<br />
vernichtet es die alten Formen.<br />
Kapitalistische Verhältnisse werden<br />
überall zur Regel. selbst wenn dies<br />
nicht bis zur allerletzten menschlichen<br />
Regung gelingen wird,<br />
ten diert doch der Anteil nichtkapitalistischer<br />
[ökonomischer]<br />
Verhältnisse gegen Null. Prominente<br />
Beispiele dieser Ent wicklung<br />
sind [2009] die VR China,<br />
die Indi sche Republik oder die<br />
Nachfolger der Sowjetunion und<br />
die postjugoslawischen Split terstaaten<br />
auf dem Balkan [Transformationen<br />
von Staaten], der Tomatenanbau<br />
und die inzwischen in<br />
der Hand eines italienischen Bourgeois<br />
konzentrierte industrielle<br />
Tomatenverwertung in Ghana,<br />
Bordelle in der Bun<strong>des</strong> republik<br />
Deutschland [Änderung der einschlä<br />
gigen Gesetze] oder das Geschäftsfeld<br />
Sport: die Ent wicklung<br />
<strong>des</strong> ›Profi-Sports‹ nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg verdeutlicht das ›innere<br />
Vordringen‹ <strong>des</strong> ›Kapitalverhältnisses‹<br />
besonders anschaulich.<br />
B vor 1913; nota: der ›moderne‹<br />
technologische Fort schritt‹ dämpft<br />
die Nachfrage vergleichsweise stärker<br />
[›beschleunigt‹]; tendenziell zunehmende<br />
Divergenz zwischen der<br />
Steigerung der Produktivkraft der<br />
Arbeit und der ›Erweiterung <strong>des</strong><br />
Marktes‹.<br />
204 Das Kapital, Bd. I, S.544.<br />
[Karl Marx: Das Kapital, Erster<br />
Band. In: Karl Marx/Friedrich<br />
Engels: Werke, Bd.23, S.607]<br />
Ähnlich an einer anderen Stelle:<br />
›Zunächst ist also ein Teil <strong>des</strong> Mehrwerts<br />
(und <strong>des</strong> ihm in Lebensmitteln<br />
entsprechenden surplus produce)<br />
in variables Kapital zu verwandeln;<br />
d. h., neue Arbeit ist damit<br />
zu kaufen. <strong>Die</strong>s ist nur möglich,<br />
wenn die Zahl der Arbeiter wächst<br />
oder wenn die Arbeitszeit, während<br />
der sie arbeiten, verlängert wird …<br />
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