Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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vermindert wird. Worin besteht dann aber die Wirkung <strong>des</strong> Anwachsens der<br />
Reichtümer für die öff entliche Wohlfahrt? Unser Verfasser hat tausend Pächter<br />
angenommen, die genießen, während hunderttausend Landarbeiter arbeiten,<br />
tau send Fabrikanten, die sich bereichern, während hunderttausend Handwerker<br />
un ter ihrem Befehl stehen. Das etwaige Glück, das der Vermehrung der leichtfertigen<br />
Genüsse <strong>des</strong> Luxus entspringen kann, wird also nur einem Hun- <br />
dert stel der Nation zuteil. Würde dieses Hundertstel, das dazu berufen ist, den<br />
ganzen Überfl uß <strong>des</strong> Produkts der arbeitenden Klasse zu verbrauchen, auch<br />
dann hierzu imstande sein, wenn diese Produktion durch den Fortschritt der<br />
Maschinen und der Kapitalien ohne Aufhören anwächst? In der Annahme <strong>des</strong><br />
Verfassers muß der Pächter oder der Fabrikant je<strong>des</strong>mal, wenn das nationale<br />
Produkt sich verdoppelt, seinen Verbrauch verhundertfachen; wenn der nationale<br />
Reichtum dank der Erfi ndung so vieler Maschinen heute hundertmal so<br />
groß ist, als er zu der Zeit war, in der er nur die Produktionskosten deckte, muß<br />
heute jeder Herr Produkte verbrauchen, die zum Unterhalt von zehntausend<br />
Arbeitern ausreichen würden.‹ Und hier glaubt Sismondi wieder den Ansatz zur<br />
Krisenbildung gepackt zu haben: ›Nehmen wir einmal buchstäblich an, daß ein<br />
Reicher die Produkte verbrauchen kann, die zehntausend Arbeiter angefertigt<br />
haben, darunter die Bänder die Spitzen, die Seidenwaren, deren Ursprung uns<br />
der Verfasser aufgezeigt hat. Aber ein einzelner Mensch könnte nicht in gleichem<br />
Verhältnis die Erzeugnisse der Landwirtschaft verbrauchen: die Weine,<br />
den Zucker, die Gewürze, die Ricardo in Tausch entstehen läßt (Sismondi, der<br />
den Anonymus der ›Edinburgh Review‹ erst später erkannte, hatte off enbar<br />
zuerst Ricardo im Verdacht, den Artikel geschrieben zu haben – R.L.), wären<br />
zuviel für die Tafel eines einzigen Menschen. Sie werden nicht verkauft<br />
werden, oder vielmehr das Verhältnis zwischen den landwirtschaftlichen und<br />
Fabrikerzeugnissen, das als Grundlage seines ganzen Systems erscheint, wird<br />
sich nicht mehr aufrechterhalten lassen.‹<br />
Wir sehen also, wie Sismondi auf die MacCullochsche Finte hereinfällt:<br />
Statt die Beantwortung der Frage nach der <strong>Akkumulation</strong> durch den Hinweis<br />
auf die Luxusproduktion abzulehnen, folgt er, ohne die Verschiebung <strong>des</strong> Fel<strong>des</strong><br />
zu merken, seinem Widerpart auf dieses Gebiet und fi ndet hier nur zweierlei<br />
auszusetzen. Einmal macht er MacCulloch einen sittlichen Vorwurf daraus, daß<br />
er den Mehrwert den Kapitalisten statt der Masse der Arbeitenden zugute kommen<br />
läßt, und verirrt sich so in eine Polemik gegen die Verteilung der kapitalistischen<br />
Wirtschaftsweise. Zum anderen Mal fi ndet er von diesem Seitenpfad<br />
unerwartet den Weg zum ursprünglichen Problem zurück, das er aber nunmehr<br />
so stellt: <strong>Die</strong> Kapitalisten verbrauchen also selbst im Luxus den ganzen<br />
Mehrwert. Schön! Aber ist denn ein Mensch imstande, seinen Verbrauch so<br />
rasch und so grenzenlos zu erweitern, wie die Fortschritte der Produktivität<br />
der Arbeit das Mehrprodukt anwachsen lassen? Hier läßt Sismondi also selbst<br />
sein eigenes Problem im Stich, und statt die Schwierigkeit der kapitalistischen<br />
Akku mulation in dem fehlenden Verbraucher außerhalb der Arbeiter<br />
und der Kapitalisten zu sehen, fi ndet er nunmehr eine Schwierigkeit der einfachen<br />
Reproduktion in den physischen Schranken der Verbrauchsfähigkeit<br />
der Kapitalisten selbst. Da die Aufnahmefähigkeit der Kapitalisten für Luxus<br />
mit der Produktivität der Arbeit, also mit dem Wachstum <strong>des</strong> Mehrwerts,<br />
nicht Schritt halten könne, so müssen sich Überproduktion und Krise ergeben,<br />
Wir haben schon einmal bei Sismondi in seinen ›Nouveaux principes‹<br />
120 Geschichtliche Darstellung <strong>des</strong> Problems