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Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub

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Re gale <strong>des</strong> Buchhändlers füllen, sei es, daß niemand Bedarf nach ihm hat, sei es,<br />

daß der Bedarf bereits gedeckt ist. <strong>Die</strong> in Leipzig eingetauschten Bücher werden<br />

sich nur dann verkaufen, wenn die Buchhändler Privatleute fi nden, die sie<br />

nicht nur begehren, sondern die auch bereit sind, ein Opfer zu bringen, um sie<br />

aus dem Umlauf zu ziehen. <strong>Die</strong>se erst bilden eine wirkliche Nachfrage.‹ Trotz<br />

seiner Naivität zeigt das Beispiel deutlich, daß Sismondi sich durch die Finte<br />

seines Widersachers nicht beirren läßt und weiß, worum es sich im Grunde genommen<br />

handelt.⁸¹<br />

MacCulloch macht nun weiter einen Versuch, die Betrachtung vom ab-<br />

strakten Warenaustausch zu konkreten sozialen Verhältnissen zu wenden:<br />

›Nehmen wir z.B. an, daß ein Landbebauer hundert Arbeitern Nahrung<br />

und Kleidung vorgeschossen hat und daß diese ihm Nahrungsmittel haben entstehen<br />

lassen, die für zweihundert Menschen ausreichend sind, während ein<br />

Fabrikant seinerseits hundert Arbeitern Nahrung und Kleidung vorgeschossen<br />

hat, für die ihm diese Kleidungsstücke für zweihundert Menschen angefertigt<br />

haben. Es wird dann dem Pächter nach Abzug der Nahrung und Kleidung für<br />

seine eigenen Arbeiter noch Nahrung für hundert andere zur Verfügung stehen,<br />

während der Fabrikant nach Ersatz der Kleidung seiner eigenen Arbeiter<br />

noch hundert Kleider für den Markt übrigbehält. In diesem Falle werden die<br />

beiden Artikel, der eine gegen den anderen, getauscht werden, die überschüssigen<br />

Nahrungsmittel bestimmen die Nachfrage nach den Kleidern, und die überschüssigen<br />

Kleider bestimmen die Nachfrage nach der Nahrung.‹<br />

Man weiß nicht, was man mehr an dieser Hypothese bewundern soll:<br />

die Abgeschmacktheit der Konstruktion, die alle wirklichen Verhältnisse auf<br />

den Kopf stellt, oder die Ungeniertheit, mit der gerade alles, was zu beweisen<br />

war, in den Prämissen bereits vorausgeschickt ist, um hinterher als ›bewiesen‹<br />

zu gelten. Jedenfalls erscheint die Leipziger Büchermesse dagegen als<br />

das Muster einer tiefen und realistischen Denkweise. Um zu beweisen, daß<br />

für jede Sorte Waren jederzeit eine unumschränkte Nachfrage geschaff en werden<br />

könne, nimmt MacCulloch als Beispiel zwei Produkte, die zu den dringendsten<br />

und elementarsten Bedürfnissen je<strong>des</strong> Menschen gehören: Nahrung<br />

und Kleidung. Um zu beweisen, daß die Waren in jeder beliebigen Menge ohne<br />

Rücksicht auf das Bedürfnis der Gesellschaft zum Austausch gebracht werden<br />

können, nimmt er ein Beispiel, wo zwei Produktenmengen von vornherein<br />

aufs Haar genau den Bedürfnissen angepaßt sind, wo also gesellschaftlich<br />

gar kein Überschuß vorhanden ist, nennt aber dabei die gesellschaftlich notwendige<br />

Menge einen ›Überschuß‹ – nämlich gemessen an dem persönlichen<br />

Bedürfnis der Produzenten an ihrem eigenen Produkt – und weist so glänzend<br />

nach, daß jeder beliebige ›Überschuß‹ an Waren durch einen entsprechenden<br />

›Überschuß‹ an anderen Waren zum Austausch gelangen kann. Um endlich<br />

zu beweisen, daß der Austausch zwischen verschiedenen privat produzierten<br />

Waren – trotzdem ihre Mengen, ihre Herstellungskosten, ihre Wichtigkeit<br />

für die Gesellschaft naturgemäß verschiedene sein müssen – dennoch zuwege<br />

gebracht werden könne, nimmt er als Beispiel von vornherein zwei genau gleiche<br />

Mengen Waren von genau gleichen Herstellungskosten und genau gleicher<br />

allgemeiner Notwendigkeit für die Ge sellschaft. Kurz, um zu beweisen,<br />

daß in der planlosen kapitalistischen Privatwirtschaft keine Krise möglich, konstruiert<br />

er eine streng planmäßig geregelte Produktion, in der überhaupt keine<br />

Überproduktion vorhanden ist.<br />

Geschichtliche Darstellung <strong>des</strong> Problems 117<br />

81 <strong>Die</strong> Leipziger Büchermesse<br />

Sismundis als Mikrokosmos <strong>des</strong> kapitalistischen<br />

Weltmarkts feierte übrigens<br />

nach fünfundfünfzig Jahren<br />

eine fröhliche Auferstehung – in<br />

dem wissenschaftlichen ›System‹<br />

Eugen Dührings. Und wenn Engels<br />

in seiner kritischen Stäupung <strong>des</strong><br />

unglücklichen Universalgenies diesen<br />

Einfall damit erklärt, Dühring<br />

zeige sich darin als ›echter deutscher<br />

Literatus‹, daß er sich wirkliche<br />

industrielle Krisen an eingebildeten<br />

Krisen auf dem Leipziger<br />

Büchermarkt, den Sturm auf der<br />

See am Sturm im Glase Wasser klarzumachen<br />

sucht, so hat der große<br />

Denker auch hier wieder, wie in so<br />

vielen von Engels nachgewiesenen<br />

Fällen, einfach eine stille Anleihe<br />

bei einem anderen gemacht.

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