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Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub

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A Zwar ist das Entstehen einer<br />

neuen gesellschaftlichen Ordnung<br />

bedingt durch das, was ihr historisch<br />

vorausgeht, zwar ist die Geschichte<br />

ein Kontinuum, welches<br />

alles, was je gewesen und geworden<br />

ist auf unterschiedliche Weise<br />

und in verschiedener Art beinhaltet,<br />

so daß es durchaus parallele<br />

Erscheinungen von zu unterschiedlichen<br />

Epochen herausgebildeten<br />

Verhältnissen gibt. R.L. geht jedoch<br />

in ihrer Hypothese weiter, ohne die<br />

für ihre Auffassung sig ni fi kanten<br />

Größen- oder Mengen rela tionen<br />

mit einzubeziehen. Damit ihre<br />

These auch in der Zeit beste hen<br />

kann, fehlt der Nachweis, woher –<br />

bei der quantitativ beschleunigten<br />

und geographisch endlichen Ausdeh<br />

nung – die stets in geeigneter<br />

Menge und Beschaf fenheit wiederentsehenden<br />

›nichtkapitali stischen<br />

Formationen‹ herstammen. Darüber<br />

hinaus sind ihre kurzen Ab risse<br />

›fort schreitenden Zerbröckelns‹ zutreffend<br />

anschaulich. <strong>Die</strong>s zeichnet<br />

die bürgerliche Gesellschaft vor<br />

allen anderen aus: ›<strong>Die</strong> Bourgeoisie<br />

kann nicht existieren, ohne die Produk<br />

tionsinstrumente, also die Pro -<br />

duk tionsverhältnisse, also sämtliche<br />

gesellschaftlichen Verhältnisse fortwährend<br />

zu revolutionieren. Un veränderte<br />

Beibehaltung der alten Produktionsweise<br />

war dagegen die erste<br />

Existenzbedingung aller früheren<br />

industriellen Klassen. <strong>Die</strong> fortwährende<br />

Umwälzung der Produktion,<br />

die ununterbrochene Er schütterung<br />

aller gesellschaftlichen Zustände,<br />

die ewige Unsicherheit<br />

und Bewegung zeichnet die Bourgeois<br />

epoche vor allen anderen<br />

aus. Alle festen eingerosteten Verhält<br />

nisse mit ihrem Gefolge von<br />

altehrwürdigen Vorstellungen und<br />

Anschauungen werden aufgelöst,<br />

alle neugebildeten veralten, ehe sie<br />

verknöchern können. Alles Stän dische<br />

und Stehende verdampft, alles<br />

Heilige wird entweiht, und die<br />

Menschen sind endlich gezwungen,<br />

ihre Lebensstellung, ihre gegenseitigen<br />

Beziehungen mit nüchternen<br />

Augen anzusehen.<br />

Das Bedürfnis nach einem stets<br />

ausgedehnteren Absatz für ihre<br />

Produkte jagt die Bourgeoisie über<br />

die ganze Erdkugel. Überall muß<br />

sie sich einnisten, überall anbauen,<br />

überall Verbindungen herstellen.<br />

→ cont. nächste Seite<br />

kleinen Bauernrepubliken einen modernen Großstaat setzt, hat nunmehr das<br />

Kapital offi ziell das Kommando übernommen. Der alte Gegensatz zwischen<br />

Engländern und Holländern ist in dem neuen Gegensatz zwischen Kapital und<br />

Arbeit ertränkt worden:<br />

Beide Nationen haben ihre rührende Verbrüderung in der Union mit der<br />

bürgerlichen und politischen Entrechtung von 5 Millionen farbiger Ar beiterbe<br />

völkerung durch eine Million weißer Ausbeuter besiegelt. Dabei sind nicht<br />

bloß die Neger der Burenrepubliken leer ausgegangen, sondern den Negern<br />

der Kapkolonie, die von der englischen Regierung ehemals politische Gleich berech<br />

tigung erhalten hatten, ihre Rechte zum Teil genommen worden. Und dieses<br />

edle Werk, das die imperialistische Politik der Konservativen durch einen<br />

schamlosen Gewaltstreich gekrönt hat, sollte gerade von der liberalen Partei vollendet<br />

werden – unter dem frenetischen Beifall ›der liberalen Kretins Europas‹,<br />

die mit Stolz und Rührung in der völligen Selbstverwaltung und Freiheit, die<br />

England der Handvoll Weißer in Südafrika schenkte, den Beweis feierten, welche<br />

schöpferische Macht und Größe doch noch dem Liberalismus in England<br />

innewohne.<br />

Der Ruin <strong>des</strong> selbständigen Handwerks durch die Konkurrenz <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong><br />

ist ein Kapitel für sich, das weniger geräuschvoll, aber nicht minder qualvoll<br />

ist. <strong>Die</strong> kapitalistische Hausindustrie ist der dunkelste Abschnitt dieses Kapitels.<br />

Es erübrigt sich hier, auf diese Erscheinungen näher einzugehen.<br />

Allgemeines Resultat <strong>des</strong> Kampfes zwischen Kapitalismus und einfacher<br />

Warenwirtschaft ist dies: Das Kapital tritt selbst an Stelle der einfachen<br />

Warenwirtschaft, nachdem es die Warenwirtschaft an Stelle der Natural wirtschaft<br />

gesetzt hatte. Wenn der Kapitalismus also von nichtkapitalistischen Forma<br />

tionen lebt, so lebt er, genauer gesprochen, von dem Ruin dieser Forma tionen,<br />

und wenn er <strong>des</strong> nichtkapitalistischen Milieus zur <strong>Akkumulation</strong> unbedingt<br />

bedarf, so braucht er es als Nährboden, auf <strong>des</strong>sen Kosten, durch <strong>des</strong>sen<br />

Aufsaugung die <strong>Akkumulation</strong> sich vollzieht. Historisch aufgefaßt ist die<br />

Kapitalakkumulation ein Prozeß <strong>des</strong> Stoff wechsels, der sich zwischen der kapitalistischen<br />

und den vorkapitalistischen Produktionsweisen vollzieht. Ohne sie<br />

kann die <strong>Akkumulation</strong> <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong> nicht vor sich gehen, die <strong>Akkumulation</strong><br />

besteht aber, von dieser Seite genommen, im Zernagen und im Assimilieren jener.<br />

<strong>Die</strong> Kapitalakkumulation kann demnach sowenig ohne die nichtkapitalistischen<br />

Formationen existieren, wie jene neben ihr zu existieren vermögen. Nur<br />

im ständigen fortschreitenden Zerbröckeln jener sind die Daseinsbedingungen<br />

der Kapitalakkumulation gegeben. A<br />

Das, was Marx als die Voraussetzung seines Schemas der <strong>Akkumulation</strong><br />

angenommen hat, entspricht also nur der objektiven geschichtlichen Tendenz<br />

der <strong>Akkumulation</strong>sbewegung und ihrem theoretischen Endresultat. Der<br />

<strong>Akkumulation</strong>sprozeß hat die Bestrebung, überall an Stelle der Naturalwirtschaft<br />

die einfache Warenwirtschaft, an Stelle der einfachen Warenwirtschaft die kapitalistische<br />

Wirtschaft zu setzen, die Kapitalproduktion als die einzige und ausschließliche<br />

Produktionsweise in sämtlichen Ländern und Zweigen zur absoluten<br />

Herrschaft zu bringen.<br />

Hier beginnt aber die Sackgasse. Das Endresultat einmal erreicht – was<br />

jedoch nur theoretische Konstruktion bleibt -, wird die <strong>Akkumulation</strong> zur<br />

Unmöglichkeit: <strong>Die</strong> Realisierung und Kapitalisierung <strong>des</strong> Mehrwerts verwandelt<br />

sich in eine unlösbare Aufgabe. In dem Moment, wo das Marxsche Schema<br />

276 <strong>Die</strong> geschichtlichen Bedingungen der <strong>Akkumulation</strong>

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