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Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub

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den ganzen Aufwand an sittlicher Entrüstung über die Entstehung und die ökonomischen<br />

Gesetze <strong>des</strong> Lohnsystems nicht etwa dazu verbraucht, um als die<br />

Konsequenz daraus die Abschaff ung <strong>des</strong> schauderhaften Unrechts, <strong>des</strong> ›törichten<br />

und unbeschreiblichen Widerspruchs‹ zu fordern. Bewahre! Er beruhigt<br />

wiederholt die Mitmenschheit, daß sein Gebrüll wider die Ausbeutung nicht gar<br />

zu tragisch gemeint sei, er sei kein Löwe, sondern bloß Schnock der Schreiner.¹⁰⁷<br />

<strong>Die</strong> ethische Th eorie <strong>des</strong> Lohngesetzes ist nur nötig, um daraus den weiteren<br />

Schluß zu ziehen:<br />

3. Aus der Bestimmung <strong>des</strong> Lohnes durch die ›Tauschwertgesetze‹ ergibt<br />

sich nämlich, daß mit dem Fortschritt der Produktivität der Arbeit der Anteil<br />

der Arbeiter am Produkt immer kleiner wird. Hier sind wir an dem archimedischen<br />

Punkt <strong>des</strong> Rodbertusschen ›Systems‹ angelangt. <strong>Die</strong> ›fallende Lohnquote‹<br />

ist die wichtigste ›eigene‹ Idee, die er seit seiner ersten sozialen Schrift (wahrscheinlich<br />

1839) bis zu seinem Tode wiederholt und die er als sein Eigentum<br />

›in Anspruch nimmt‹. Zwar war diese ›Idee‹ eine einfache Schlußfolgerung<br />

aus Ri cardos Werttheorie, zwar ist sie implicite in der Lohnfondstheorie enthalten,<br />

die seit den Klassikern bis zum Erscheinen <strong>des</strong> Marxschen ›<strong>Kapitals</strong>‹<br />

die bür ger liche Nationalökonomie beherrschte. Trotzdem glaubt Rodbertus<br />

mit dieser ›Entdek kung‹ eine Art Galilei in der Nationalökonomie geworden<br />

zu sein, und er zieht seine ›fallende Lohnquote‹ zur Erklärung aller<br />

Übel und Widersprüche der kapitalistischen Wirtschaft heran. Aus der fallenden<br />

Lohnquote leitet er also vor allem den Pauperismus ab, der bei ihm neben<br />

Krisen ›die soziale Frage‹ ausmacht. Und es wäre angezeigt, der geneigten<br />

Aufmerksamkeit der modernen Marxtöter die Tatsache zu empfehlen, daß<br />

es zwar nicht Marx, wohl aber der ihnen viel näher stehende Rodbertus gewesen<br />

ist, der eine regelrechte Verelendungstheorie, und zwar in der gröbsten<br />

Form, aufgestellt und sie im Unterschied von Marx nicht zur Begleiterscheinung,<br />

sondern zum Zentralpunkt der ›sozialen Frage‹ gemacht hat. Siehe z. B. seine<br />

Beweisführung der absoluten Verelendung der Arbeiterklasse im ›Ersten socialen<br />

Brief an von Kirchmann‹. Sodann muß die ›fallende Lohnquote‹ auch zur<br />

Erklärung der anderen grundlegenden Erscheinung der ›sozialen Frage‹ herhalten:<br />

der Krisen, Hier tritt Rodbertus an das Problem <strong>des</strong> Gleichgewichts zwischen<br />

Konsumtion und Produktion heran und berührt den ganzen Komplex<br />

der damit verbundenen Streitfragen, die bereits zwischen Sismondi und der<br />

Ricardoschule ausgefochten wurden.<br />

<strong>Die</strong> Kenntnis der Krisen war bei Rodbertus natürlich auf ein viel reicheres<br />

Tatsachenmaterial gestützt als bei Sismondi. In seinem ›Ersten socialen<br />

Brief‹ gibt er bereits eine eingehende Schilderung der vier Krisen: 1818; 1819,<br />

1825, a 1837—1839 und 1847. Dank der längeren Beobachtung konnte Rodbertus<br />

zum Teil einen tieferen Einblick in das Wesen der Krisen gewinnen, als dies seinen<br />

Vorläufern möglich war. So formuliert er bereits 1850 die Periodizität der<br />

Krisen, und zwar ihre Wiederkehr mit immer kürzeren Intervallen, dafür aber<br />

in immer zunehmender Schärfe: ›Von Mal zu Mal, im Verhältnis der Zunahme<br />

<strong>des</strong> Reichtums hat sich die Furchtbarkeit dieser Krisen gesteigert, sind die Opfer,<br />

die sie verschlingen, größer geworden, <strong>Die</strong> Krisis von 1818/19, so sehr sie schon<br />

den Schrecken <strong>des</strong> Handels und die Bedenken der Wissenschaft erregte, war<br />

verhältnismäßig unbedeutend gegen die von 1825/26. <strong>Die</strong> letztere schlug dem<br />

Kapitalvermögen Englands solche Wunden, daß die berühmtesten Staatswirte<br />

die vollständige Ausheilung derselben bezweifelten, sie ward dennoch von der<br />

Geschichtliche Darstellung <strong>des</strong> Problems 151<br />

107 Vgl. l.c., Bd. IV, S.225<br />

[›Schnock‹ siehe William<br />

Shakespeare: Ein Sommernachtstraum,<br />

Fünfter Aufzug; erste Szene]<br />

a <strong>Die</strong> Krise von 1825/1826<br />

in Großbritannien war die erste<br />

zyklische Industriekrise in der<br />

Geschichte <strong>des</strong> Kapitalismus. <strong>Die</strong><br />

Aktienkurse fielen derart, daß u. a.<br />

70 Provinzbanken und zahlreiche<br />

Aktiengesellschaften zusammenbrachen.<br />

Bis 1828 wurde kein englisches<br />

Kapital mehr exportiert.

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