Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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Auf dem Mißverständnis über das Verhältnis der Konsumtion zur<br />
Produktion in der kapitalistischen Gesellschaft errichtet Bulgakow ferner eine<br />
ganz verkehrte Th eorie <strong>des</strong> auswärtigen Handels. Vom Standpunkte der obigen<br />
Auff assung der Reproduktion gibt es in der Tat für den auswärtigen Handel<br />
keinen Raum. Wenn der Kapitalismus in jedem Lande gleich zu Beginn seiner<br />
Entwicklung jenen bewußten ›geschlossenen Zirkel‹ herausbildet, in dem er sich<br />
wie eine Katze um den eigenen Schwanz dreht und ›sich selbst genügt‹, für sich<br />
selbst schrankenlos einen Absatz schaff t und sich selbst Stachel zur Erweiterung<br />
ist, dann ist je<strong>des</strong> kapitalistische Land ökonomisch auch ein abgeschlossenes,<br />
›sich selbst genügen<strong>des</strong>‹ Gan zes. Nur in einem Fall wäre dann auswärtiger<br />
Handel begreifl ich: als Mittel, das natürliche Manko eines Lan<strong>des</strong> an gewissen<br />
Produkten <strong>des</strong> Bodens und <strong>des</strong> Klimas durch Einfuhr von auswärts zu dekken,<br />
nur als notgedrungene Einfuhr von Rohstoff en oder Nahrungsmitteln. Und<br />
in der Tat errichtet Bulgakow, indem er die Th ese der Volkstümler direkt auf den<br />
Kopf stellt, eine Th eorie <strong>des</strong> internationalen Handels der kapitalistischen Staaten,<br />
in dem die Einfuhr von Produkten der Landwirtschaft das grundlegende aktive<br />
Element, die industrielle Ausfuhr nur die notgedrungene Deckung jener Einfuhr<br />
darstellt. Der internationale Warenverkehr erscheint hier nicht im Wesen der<br />
Produktionsweise begründet, sondern in den Naturbedingungen der Länder –<br />
jedenfalls eine Th eorie, die nicht von Marx, sondern von deutschen Gelehrten<br />
der bürgerlichen Nationalökonomie geliehen ist. Wie Struve von Wagner und<br />
Schäffl e sein Schema der drei Weltreiche, so übernimmt Bulgakow von dem seligen<br />
List die Einteilung der Staaten in Kategorien nach dem ›Agrikulturstand‹<br />
und dem ›Agrikulturmanufakturstand‹, die er mit dem Fortschritt der Zeiten in<br />
›Manufakturstand‹ und ›Agrikulturmanufakturstand‹ modifi ziert. <strong>Die</strong> erstere<br />
Kategorie ist von Natur mit einem Mangel eigener Rohstoff e und Nahrungsmittel<br />
gestraft und <strong>des</strong>halb auf den auswärtigen Handel angewiesen, die letztere<br />
Kategorie ist von der Natur mit allem versehen und kann auf den auswärtigen<br />
Handel pfeifen. Typus der ersteren ist England, der zweiten – die Vereinigten<br />
Staaten. Für England würde die Abschaff ung <strong>des</strong> auswärtigen Handels ökonomische<br />
Agonie und Tod bedeuten, für die Vereinigten Staaten nur eine vorübergehende<br />
Krise, nach der völlige Genesung gesichert wäre: ›Hier kann sich die<br />
Produktion auf der Basis <strong>des</strong> inneren Marktes schrankenlos erweitern.‹¹⁶⁷ <strong>Die</strong>se<br />
Th eorie, die ein ehrwürdiges Erbstück der deutschen Nationalökonomie bis auf<br />
den heutigen Tag bildet, hat off enbar von den Zusammenhängen der kapitalistischen<br />
Weltwirtschaft keinen Dunst und führt den heutigen Weltverkehr ungefähr<br />
auf die Grundlagen aus den Zeiten der Phönizier zurück. Doziert doch<br />
z. B. auch Professor Bücher: ›Es ist ein Irrtum, wenn man aus der im liberalistischen<br />
Zeitalter erfolgten Erleichterung <strong>des</strong> internationalen Verkehrs schließen<br />
zu dürfen meint, die Periode der Volkswirtschaft gehe zur Neige und mache der<br />
Periode der Weltwirtschaft Platz … Gewiß sehen wir heute in Europa eine Reihe<br />
von Staaten, welche der nationalen Selbständigkeit in ihrer Güterversorgung insofern<br />
entbehren, als sie erhebliche Mengen ihrer Nahrungs- und Genußmittel<br />
aus dem Auslande zu beziehen genötigt sind, während ihre industrielle Produktionstätigkeit<br />
weit über das nationale Bedürfnis hinausgewachsen ist<br />
und dauernd Überschüsse liefert, die auf fremden Konsumtionsgebieten ihre<br />
Verwertung fi nden müssen. Aber das Nebeneinanderbestehen solcher Industrie-<br />
und Rohproduktionsländer, die gegenseitig aufeinander angewiesen sind,<br />
diese ‚Internationale Arbeitsteilung’ ist nicht als ein Zeichen anzusehen, daß<br />
Geschichtliche Darstellung <strong>des</strong> Problems 195<br />
167 Bulgakow, l.c., S.199.