Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
nicht ihren individuellen Mehrwert – resp. das individuelle Mehrprodukt, wie<br />
der Sklavenhalter – direkt verzehren können. Seine sachliche Naturalgestalt<br />
schließt vielmehr in der Regel diesen Verbrauch aus. Der Gesamtmehrwert aller<br />
Kapitalisten befi ndet sich aber – unter der Voraussetzung der einfachen<br />
Reproduktion – im gesellschaftlichen Gesamtprodukt in einer entsprechenden<br />
Menge von Konsummitteln für die Kapitalistenklasse ausgedrückt, wie<br />
der Gesamtsumme der variablen Kapitale eine wertgleiche Menge von Lebensmitteln<br />
für die Arbeiterklasse entspricht und wie dem konstanten Kapital aller<br />
Einzelkapitalisten zusammen eine wertgleiche Menge von sachlichen Produktionsmitteln<br />
entspricht. Um den individuellen ungenießbaren Mehrwert gegen<br />
die entsprechende Menge Lebensmittel einzutauschen, ist ein doppelter Akt<br />
der Warenzirkulation nötig: der Verkauf <strong>des</strong> eigenen Mehrprodukts und der<br />
Ein kauf der Lebensmittel aus dem gesellschaftlichen Mehrprodukt. Da diese<br />
zwei Akte ausschließlich innerhalb der Kapitalistenklasse vor sich gehen,<br />
unter einzelnen Kapitalisten stattfi nden, so geht auch das vermittelnde<br />
Geld medium hierbei nur aus einer Hand der Kapitalisten in die andere und<br />
bleibt immer in der Tasche der Kapitalistenklasse hängen. Da die einfache<br />
Reproduktion stets dieselben Mengen Werte zum Austausch bringt, so dient<br />
zur Zirkulation <strong>des</strong> Mehrwert je<strong>des</strong> Jahr dieselbe Geldmenge, und man könnte<br />
höchstens, bei ausnahmsweiser Gründlichkeit, etwa die Frage stellen: Wo kam<br />
diese zur Vermittelung der eigenen Konsumtion der Kapitalisten dienende<br />
Geldmenge einst in die Taschen der Kapitalisten her? Aber diese Frage löst sich<br />
in die andere allgemeinere Frage auf: Wo kam überhaupt das erste Geldkapital<br />
einst in die Hände der Kapitalisten her, jenes Geldkapital, von dem sie neben<br />
der Verwendung für produktive Anlagen einen gewissen Teil stets in der Tasche<br />
behalten mußten für die Zwecke der persönlichen Konsumtion? <strong>Die</strong> so gestellte<br />
Frage schlägt aber in das Kapitel der sogenannten ›primitiven <strong>Akkumulation</strong>‹,<br />
d. h. der geschichtlichen Genesis <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>, und fällt aus dem Rahmen der<br />
Analyse sowohl <strong>des</strong> Zirkulations- wie <strong>des</strong> Reproduktionsprozesses.<br />
So ist die Sache klar und unzweideutig – wohlgemerkt: solange wir auf<br />
dem Boden der einfachen Reproduktion stehen. Hier wird das Problem der<br />
Realisierung <strong>des</strong> Mehrwertes durch die Voraussetzungen selbst gelöst, es ist<br />
eigentlich schon antizipiert im Begriff der einfachen Reproduktion. <strong>Die</strong>se beruht<br />
eben darauf, daß der ganze Mehrwert von der Kapitalistenklasse konsumiert<br />
wird, und damit ist gesagt, daß er von ihr auch gekauft, d. h. von den<br />
Einzelkapitalisten einander abgekauft werden muß.<br />
›In diesem Fall‹, sagt Marx selbst, ›war angenommen, daß die Geldsumme,<br />
die der Kapitalist bis zum ersten Rückfl uß seines <strong>Kapitals</strong> zur Bestreitung seiner<br />
individuellen Konsumtion in Zirkulation wirft, exakt gleich ist dem von<br />
ihm produzierten und daher zu versilbernden Mehrwert. <strong>Die</strong>s ist off enbar, mit<br />
Bezug auf den einzelnen Kapitalisten, eine willkürliche Annahme. Aber sie<br />
muß richtig sein für die gesamte Kapitalistenklasse, bei Unterstellung einfacher<br />
Reproduktion. Sie drückt nur dasselbe aus, was diese Unterstellung besagt, nämlich<br />
daß der ganze Mehrwert, aber auch nur dieser, also kein Bruchteil <strong>des</strong> ursprünglichen<br />
<strong>Kapitals</strong>tocks, unproduktiv verzehrt wird.‹⁶⁸<br />
Aber die einfache Reproduktion auf kapitalistischer Basis ist in der theoretischen<br />
Ökonomie eine imaginäre Größe, eine wissenschaftlich so berechtigte<br />
und unentbehrliche imaginäre Größe wie √ −1 in der Mathe matik.<br />
Jedoch das Problem der Realisierung <strong>des</strong> Mehrwertes ist damit für die<br />
Das Problem der Reproduktion 93<br />
Infolge der gesellschaftlichen<br />
Arbeits teilung ist die Naturalform<br />
<strong>des</strong> Mehrprodukts eines einzelnen<br />
<strong>Kapitals</strong> – es ist dies nicht das<br />
Kapital eines indivi duellen Kapitalisten<br />
– oder Kapitalisten weder<br />
für <strong>des</strong>sen produktive, noch für<br />
seine unproduktive Konsumtion<br />
geeig net. <strong>Die</strong>s gilt aber in gewissem<br />
Sinn auch für den Mehrwert, weil<br />
die von einem einzelnen Kapital individuell<br />
ausgepreßte Menge vermittelt<br />
über die ›Produktionspreise‹<br />
und die Angleichung (Ausgleich)<br />
über die Durchschnittsprofitrate<br />
nicht dort zur Verfügung steht,<br />
wo sie herstammt – Aus nahme<br />
s. Anm. 3, 3.; |S.92|). Auch dieser<br />
Ausgleich über die Verwandlung<br />
<strong>des</strong> Zyklen produkts in die Geldform.<br />
Dazu bedarf es jedoch nicht unbedingt<br />
dieser oder jener besonderen<br />
Geld ware, bspw. Gold –<br />
s. Anm. |S.50|, es bedarf der<br />
Waren(pro duktion) überhaupt;<br />
denn: ›<strong>Die</strong> einfache Warenform ist<br />
[…] der Keim der Geldform‹. [Karl<br />
Marx, das Kapital Bd.1, MEW 23,<br />
S.85]<br />
68 Das Kapital, Bd. II, S.309<br />
[Karl Marx: Das Kapital, Zweiter<br />
Band. In: Karl Marx/Friedrich<br />
Engels: Werke, Bd.24, S.337]