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Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub

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168 K. Bücher: Entstehung der<br />

Volkswirtschaft, 5. Aufl., S.147.<br />

<strong>Die</strong> neueste Leistung auf diesem<br />

Gebiete ist die Theorie <strong>des</strong> Professors<br />

Sombart, wonach wir nicht<br />

in die Weltwirtschaft hineinwachsen,<br />

sondern gar umgekehrt uns immer<br />

mehr von ihr entfernen: ›<strong>Die</strong><br />

Kulturvölker, so behaupte ich vielmehr,<br />

sind heute (im Verhältnis zu<br />

ihrer Gesamtwirtschaft) nicht wesentlich<br />

mehr, sondern eher weniger<br />

durch Handelsbeziehungen untereinander<br />

verknüpft. <strong>Die</strong> einzelne<br />

Volkswirtschaft ist heute nicht<br />

mehr, sondern eher weniger in den<br />

Weltmarkt einbezogen als vor hundert<br />

oder fünfzig Jahren. Min<strong>des</strong>tens<br />

aber … ist es falsch anzunehmen,<br />

daß die internationalen Handelsbeziehungen<br />

eine verhältnismäßig<br />

wachsende Bedeutung für die<br />

moderne Volkswirtschaft gewinnen.<br />

Das Gegenteil ist richtig.‹ Sombart<br />

wendet sich mit Hohn gegen die<br />

An nahme einer zunehmenden internationalen<br />

Arbeitsteilung, eines<br />

stei genden Bedürfnisses nach auswär<br />

tigen Absatzmärkten, die weil<br />

der inländische Markt einer Ausdehnung<br />

nicht fähig sei; Sombart seinerseits<br />

ist überzeugt, daß ›die einzelnen<br />

Volkswirtschaften immer<br />

vollkommenere Mikrokosmen werden<br />

und daß der innere Markt für<br />

alle Gewerbe den Weltmarkt immer<br />

mehr an Bedeutung überflügelt‹.<br />

(<strong>Die</strong> deutsche Volkswirtschaft im<br />

Neunzehnten Jahrhundert. 2. Aufl.<br />

1909, S.399—420) – <strong>Die</strong>se niederschmetternde<br />

Entdeckung setzt freilich<br />

voraus, daß man das bizarre,<br />

nun dem Herrn Professor erfundene<br />

Schema annimmt, wonach als Ausfuhr<br />

land – man weiß nicht, weshalb<br />

– einzig und allein dasjenige<br />

Land gelten soll, das seine Einfuhr<br />

mit dem Überschuß an landwirtschaftlichen<br />

Produkten über den<br />

eigenen Bedarf, ›mit Boden‹ bezahlt.<br />

Nach diesem Schema sind<br />

Ruß land, Rumänien, die Vereinig ten<br />

Staaten, Argentinien ›Ausfuhr länder‹,<br />

Deutschland aber, England,<br />

Belgien nicht. Da die kapitalistische<br />

Entwicklung über kurz oder lang<br />

den Überschuß an Agrarprodukten<br />

auch in den Vereinigten Staaten<br />

und in Rußland für den inneren Bedarf<br />

in Anspruch nehmen dürfte, so<br />

ist es klar, daß es immer weniger<br />

›Ausfuhrländer‹ in der Welt gibt, die<br />

Weltwirtschaft verschwindet also. –<br />

→ cont. nächste Seite Anmerkung<br />

169 → s. nächste Seite<br />

170 → s. nächste Seite<br />

die Menschheit eine neue Stufe der Entwicklung zu erklimmen im Begriff e<br />

steht, die unter dem Namen der Weltwirtschaft den … früheren Stufen gegenübergestellt<br />

werden müßte. Denn einerseits hat keine Wirtschaftsstufe volle<br />

Selbstherrlichkeit der Bedürfnisbefriedigung auf die Dauer garantiert; jede<br />

ließ … gewisse Lücken bestehen, die so oder so ausgefüllt werden mußten.<br />

An de rer seits hat jene sogenannte Weltwirtschaft bis jetzt wenigstens keine<br />

Erscheinungen hervortreten lassen, die von denen der Volkswirtschaft in wesentlichen<br />

Merkmalen abweichen, und es steht sehr zu bezweifeln, daß solche<br />

in absehbarer Zukunft auftreten werden.‹¹⁶⁸ Bei Bulgakow ergibt sich aus dieser<br />

Auff assung jedenfalls ein unerwarteter Schluß: Seine Th eorie von der schrankenlosen<br />

Entwicklungsfähigkeit <strong>des</strong> Kapitalismus wird nur auf gewisse Länder<br />

mit günstigen Naturbedingungen beschränkt. In England muß der Kapitalismus<br />

in absehbarer Zeit an der Erschöpfung <strong>des</strong> Weltmarktes zugrunde gehen, in den<br />

Vereinigten Staaten, in Indien und in – Rußland blüht ihm eine unumschränkte<br />

Entwicklung durch ›Selbstgenügsamkeit‹.<br />

Doch abgesehen von diesen augenscheinlichen Seltsamkeiten, birgt die<br />

Bulgakowsche Argumentation in bezug auf den auswärtigen Handel wiederum<br />

ein fundamentales Mißverständnis. Das Hauptargument Bulgakows gegen die<br />

Skeptiker von Sismondi bis Nikolai-on, die zur Realisierung <strong>des</strong> kapitalistischen<br />

Mehrwerts den auswärtigen Absatzmarkt zu Hilfe nehmen zu müssen<br />

glaubten, ist folgen<strong>des</strong>: <strong>Die</strong>se Th eoretiker betrachteten off enbar alle den auswärtigen<br />

Handel als ›einen bodenlosen Abgrund‹, in dem der im Innern unabsetzbare<br />

Überschuß der kapitalistischen Produktion auf Nimmerwiedersehen<br />

verschwinde. Demgegenüber hebt Bulgakow mit Triumph hervor, daß ja der<br />

auswärtige Handel durchaus kein ›Abgrund‹ und erst recht kein ›bodenloser‹<br />

sei, daß er ein zweischneidiges Schwert darstelle und daß zur Ausfuhr stets<br />

auch Einfuhr gehöre, die sich beide so ziemlich die Waage zu halten pfl egen.<br />

Was also durch die eine Grenze hinausgeschoben werde, das werde durch die<br />

andere Grenze bloß in veränderter Gebrauchsgestalt wieder hereingeschoben.<br />

›Für die eingeführten Waren, die das Äquivalent der ausgeführten darstellen,<br />

muß man in den Grenzen <strong>des</strong> gegebenen Absatzmarktes Platz fi nden, Platz<br />

ist aber nicht da, folglich zieht die Zuhilfenahme <strong>des</strong> auswärtigen Absatzes<br />

bloß neue Schwierigkeiten nach sich.‹¹⁶⁹ An einer anderen Stelle sagt er, der<br />

Ausweg, den die russischen Volkstümler zur Realisierung <strong>des</strong> Mehrwerts gefunden<br />

hätten, die auswärtigen Märkte, sei ›viel weniger glücklich als der Ausweg,<br />

den Malthus, v. Kirchmann und Woronzow selbst als Verfasser <strong>des</strong> Aufsatzes<br />

vom ‚Militarismus und Kapitalismus’ gefunden hatten‹.¹⁷⁰ Bulgakow verrät hier,<br />

daß er trotz all seiner begeisterten Wiedergabe der Marxschen Schemata der<br />

Reproduktion gar nicht begriff en hat, worin das eigentliche Problem liegt, um<br />

das die Skeptiker seit Sismondi bis Nikolai-on herumtasteten: Er lehnt den auswärtigen<br />

Handel als angeblichen Ausweg aus der Schwierigkeit ab, weil dieser<br />

den abgesetzten Mehrwert, ›wenn auch in veränderter Gestalt‹, wieder ins Land<br />

einführe. Bulgakow glaubt also, im Einklang mit der rohen Vor stellung<br />

v. Kirchmanns und Woronzows, daß es sich darum handelt, ein gewisses<br />

Quantum Mehrwert zu vertilgen, vom Erdboden zu verwischen, er ahnt nicht,<br />

daß es sich um die Realisierung, um die Warenmetamorphose, also gerade um<br />

die ›veränderte Gestalt‹ <strong>des</strong> Mehrwerts handelt.<br />

So gelangt Bulgakow schließlich, wenn auch durch eine andere Straße,<br />

nach demselben Rom wie Struve. Er verkündet die Selbstgenügsamkeit der<br />

196 Geschichtliche Darstellung <strong>des</strong> Problems

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