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Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub

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a Durch die Niederlage Rußlands<br />

im Krimkrieg 1855—1856 sah sich<br />

die herrschende Klasse gezwungen,<br />

zwischen 1861 und 1870 eine Reihe<br />

von Reformen durchzuführen, die<br />

trotz feudaler Einschlüsse die kapitalistische<br />

Entwicklung in Rußland<br />

gefördert haben. <strong>Die</strong> wichtigsten<br />

Reformen betrafen die Aufhebung<br />

der Leibeigen schaft (1861), die<br />

Bildung von Selbstverwaltungsorganen<br />

(1864). die Reorganisation<br />

<strong>des</strong> Finanzwesens (1860) und <strong>des</strong><br />

Heeres (ab 1862), Veränderungen<br />

im Volksbildungs- (1863) und<br />

Gerichtswesen (1864) sowie in der<br />

Zensur (1865).<br />

A siehe l.c., S.322ff . [W. I. Lenin:<br />

Zur Charakteristik der ökonomischen<br />

Romantik. In: Werke, Bd.2]<br />

der ökonomischen Politik sei für Rußland eine ebenso dringende Notwendigkeit<br />

angesichts der drohenden Proletarisierung und <strong>des</strong> drohenden Untergangs wie<br />

seinerzeit die alexandrinischen Reformen nach dem Krimkriege. a <strong>Die</strong> soziale<br />

Reform, die Nikolai-on empfi ehlt, ist nun völlig utopisch und kehrt<br />

um soviel krasser als bei Sismondi die kleinbürgerliche und reaktionäre Seite<br />

der Auff assung heraus, als der russische ›Volkstümler‹ um 70 Jahre später<br />

schreibt. Nach seiner Meinung ist nämlich die einzige Rettungsplanke Rußlands<br />

aus der kapitalistischen Überschwemmung die alte ›Obschtschina‹, die auf<br />

Gemeinbesitz an Grund und Boden beruhende Landgemeinde. Auf diese sollen<br />

– durch Maßnahmen freilich, die das Geheimnis Nikolai-ons geblieben<br />

sind – die Resultate der modernen Großindustrie und der modernen wissenschaftlichen<br />

Technik aufgepfropft werden, damit sie als Grundlage einer ›vergesellschafteten‹<br />

höheren Produktionsform dienen könne. Rußland habe keine<br />

Wahl mehr als diese Alternative: entweder Umkehr von der kapitalistischen<br />

Entwicklung oder Untergang und Tod.¹⁴⁷ A<br />

<br />

Anmerkung 147<br />

Anders beurteilte Fr. Engels die Lage in Rußland und suchte Nikolai-on wiederholt klarzumachen,<br />

daß für Rußland die großindustrielle Entwicklung unvermeidlich und daß die Leiden Rußlands<br />

nur die typischen Widersprüche <strong>des</strong> Kapitalismus seien. So schreibt er am 22. Sep tember<br />

1892: ›Ich behaupte nun, daß die industrielle Produktion heutzutage grande industrie bedeutet,<br />

Dampf, Elektrizität, mechanische Spindeln und Webstühle und schließlich maschinelle<br />

Herstellung der Maschinen selbst. Von dem Tage an, da Rußland Eisenbahnen einführte, war<br />

die Einführung dieser modernen Produktionsmittel beschlossene Sache. Ihr müßt imstande<br />

sein, Eure eigenen Lokomotiven, Waggons, Schienenwege zu reparieren und das kann nur auf<br />

billige Weise geschehen, wenn Ihr bei Euch auch die Dinge herstellen könnt, die Ihr reparieren<br />

wollt. Von dem Augenblick an, da die Kriegführung ein Zweig der grande industrie wurde<br />

(Panzerschiffe, gezogene Geschütze, schnellfeuernde Repetierkanonen, Repetiergewehre, Stahlmantelkugel,<br />

rauchloses Pulver usw), ist die grande industrie, ohne die alle diese Dinge nicht<br />

pro duziert werden können, eine politische Notwendigkeit geworden. All das kann man nicht<br />

ohne eine hochentwickelte Metallindustrie haben, und diese wieder ist unmöglich ohne eine<br />

entsprechende Entwicklung aller anderen Industriezweige, namentlich der Textilindustrie.‹<br />

Und weiter in demselben Briefe: ›Solange sich die russische Manufaktur auf den inneren<br />

Markt beschränken muß, können ihre Produkte auch nur den Inlandsbedarf decken. <strong>Die</strong>ser<br />

aber kann nur langsam wachsen und sollte sogar, wir mir scheint, unter den gegenwärtigen<br />

Bedingungen in Rußland abnehmen.<br />

Denn es ist eine der notwendigen Folgeerscheinungen der grande industrie, daß sie ihren<br />

eigenen innern Markt durch denselben Prozeß zerstört, durch den sie ihn schafft. Sie schafft<br />

ihn, indem sie die Basis der bäuerlichen Hausindustrie vernichtet. Aber ohne Hausindustrie<br />

kann die Bauernschaft nicht leben. <strong>Die</strong> Bauern werden als Bauern ruiniert; ihre Kaufkraft wird<br />

auf ein Minimum reduziert; und bis [Hervorhebung bC] sie sich als Proletarier in die neuen<br />

Existenzbedingungen hineingefunden haben, geben sie für die neuentstandenen Fabriken<br />

einen sehr schlechten Markt ab.<br />

<strong>Die</strong> kapitalistische Produktion als eine vorübergehende ökonomische Phase ist voll innerer<br />

Wi dersprüche, die sich in dem Maße entfalten und sichtbar werden, in dem sie sich selbst entfaltet.<br />

<strong>Die</strong> Tendenz, ihren eigenen Markt zu schaffen und zugleich zu zerstören, ist einer dieser<br />

Widersprüche. Ein anderer liegt in der безвыходное положеніе, zu der sie führt und die<br />

in einem Land ohne aus wärtigen Markt, wie Rußland, eher eintritt als in Ländern, die auf dem<br />

freien Weltmarkt mehr oder weniger konkurrenzfähig sind. <strong>Die</strong>se letztgenannten Länder finden<br />

in einer solchen scheinbar ausweglosen Lage eine Lösung in der Ausdehnung <strong>des</strong> Handels<br />

durch gewaltsame Erschließung neuer Märkte. Aber auch da steht man vor einem cul-de-sac.<br />

Nehmen Sie England! Der letzte neue Markt, <strong>des</strong>sen Erschließung dem englischen Handel eine<br />

zeitweilige Wiederbelebung bringen könnte, ist China. Daher besteht das englische Kapital<br />

darauf, die chinesischen Eisenbahnen zu bauen. Aber chinesische Eisenbahnen bedeuten die<br />

Zerstörung der ganzen Basis der chinesischen kleinen Landwirtschaft und Hausindustrie, und<br />

da es nicht einmal eine chinesische grande industrie als Gegengewicht gibt, wird es Hunderten<br />

von Millionen Menschen unmöglich gemacht, ihr Dasein zu fristen. <strong>Die</strong> Folge wird<br />

eine Massenauswanderung sein, wir sie die Welt noch nicht gesehen hat, eine Überflutung<br />

Amerikas, Asiens und Europas durch den verhaßten Chinesen, der dem amerikanischen,<br />

182 Geschichtliche Darstellung <strong>des</strong> Problems

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