Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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232 ›The necessity of the situation,<br />
the critical state of the<br />
country, the urgent need of revenue,<br />
may have justified this haste,<br />
which, it is safe to say, is unexampled<br />
in the history of civilized countries.‹<br />
(Taussig: l.c., S.168)<br />
Gesetzgebung der Vereinigten Staaten bildet, wurde buchstäblich in 3 Tagen im<br />
Kongreß und in 2 Tagen im Senat durchgepeitscht – ohne Kritik, ohne Debatte,<br />
ohne jede Opposition.²³²<br />
Mit diesem Umschwung in der Finanzpolitik der Vereinigten Staaten<br />
be gann die schamlose parlamentarische Korruption der Union, der off ene und<br />
skrupellose Gebrauch der Wahlen, der Gesetzgebung und der Presse als Werkzeuge<br />
nackter Tascheninteressen <strong>des</strong> Großkapitals. Das Enrichissez-vous wurde<br />
zur Losung <strong>des</strong> öff entlichen Lebens seit dem ›edlen Kriege‹ um die Be freiung<br />
der Menschheit vom ›Schandfl eck der Sklaverei‹; der Negerbefreier-Yankee<br />
feierte Orgien als Glücksritter der Spekulation an der Börse, schenkte sich<br />
selbst als Gesetzgeber nationale Ländereien, bereicherte sich selbst durch Zölle<br />
und Steuern, durch Monopole, Schwindelaktien, <strong>Die</strong>bstahl <strong>des</strong> öff entlichen<br />
Vermögens. <strong>Die</strong> Industrie kam in Blüte. Jetzt waren die Zeiten vorbei, wo der<br />
kleine und mittlere Farmer fast ohne Bargeld auskommen und seinen Weizenvorrat<br />
noch nach Bedarf hie und da dreschen konnte, um ihn zu Geld zu machen.<br />
Jetzt mußte der Farmer immer Geld, recht viel Geld haben, um seine Steuern<br />
zu zahlen, er mußte bald alles, was er hervorbrachte, verkaufen, um wieder alles,<br />
was er brauchte, aus der Hand der Manufakturisten als Ware zu erwerben.<br />
›Wenn wir uns der Gegenwart zuwenden‹, schreibt Peff er, ›so fi nden wir,<br />
daß sich fast alles verändert hat. Im ganzen Westen besonders dreschen alle<br />
Farmer ihren Weizen gleichzeitig, sie verkaufen ihn ebenfalls auf einmal. Der<br />
Farmer verkauft sein Vieh und kauft irisches Fleisch oder Speck, er verkauft<br />
seine Schweine und kauft Schinken und Schweinefl eisch, er verkauft sein<br />
Gemüse und Obst und kauft sie wieder in Form der Konserven. Wenn er<br />
über haupt Flachs baut, so drischt er den Flachs, anstatt ihn zu verspinnen, sodann<br />
Leinwand daraus zu weben und Wäsche für seine Kinder zu verfer<br />
tigen, wie das vor 50 Jahren gemacht wurde, verkauft den Samen, das Stroh<br />
aber verbrennt er. Von fünfzig Farmern züchtet jetzt kaum einer Schafe; er<br />
rech net auf die großen Zuchtfarmen und bezieht seinerseits die Wolle schon in<br />
fertiger Gestalt als Tuch oder Kleid. Sein Anzug wird nicht mehr zu Hause<br />
ge näht, sondern in der Stadt gekauft. Anstatt selbst die nötigen Gerätschaften,<br />
Ga beln, Harke usw., anzufertigen, begibt er sich nach der Stadt, um das Heft<br />
zum Beil oder den Stiel zum Hammer zu kaufen; er kauft Taue und Schnüre<br />
und allerlei Faserzeug, er kauft Kleiderstoff e oder selbst Kleider, er kauft konservierte<br />
Früchte, er kauft Speck und Fleisch und Schinken, er kauft heute fast<br />
alles, was er einst selbst produzierte, und er braucht zu alledem Geld. Außer alle<br />
dem und was seltsamer scheint als alles andere, ist folgen<strong>des</strong>: Während früher<br />
die Heimstätte <strong>des</strong> Amerikaners frei und unverschuldet blieb – nicht in<br />
einem Fall auf tausend war eine Heimstätte mit Hypotheken belastet, um eine<br />
Geldanleihe zu sichern – und während bei dem geringen Bedarf an Geld zur<br />
Füh rung <strong>des</strong> Betriebes stets Geld genug unter den Farmern vorhanden war, ist<br />
jetzt, wo zehnmal soviel Geld benötigt wird, nur wenig oder gar keines zu haben.<br />
Etwa die Hälfte der Farmen haben Hypothekenschulden, die ihren ganzen<br />
Wert verschlingen, und die Zinsen sind exorbitant. <strong>Die</strong> Ursache dieses merkwürdigen<br />
Umschwungs liegt in dem Manufakturisten mit seinen Wollen- und<br />
Leinenfabriken, Holzbearbeitungsfabriken, Baumwollspinnereien und Webereien,<br />
mit seinen Fleisch- und Obstkonservenfabriken usw. usw.; die kleinen<br />
Farmwerkstätten haben den großen städtischen Werken den Platz geräumt.<br />
264 <strong>Die</strong> geschichtlichen Bedingungen der <strong>Akkumulation</strong>