Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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Vergleicht man das Marxsche Reproduktionsschema mit dem ›Tableau<br />
économique‹ Quesnays, so springt die Ähnlichkeit sowohl wie der große Abstand<br />
sofort in die Augen. <strong>Die</strong> beiden Schemata, die die Entwicklungsstrecke der klassischen<br />
Nationalökonomie fl ankieren, sind die beiden einzigen Versuche der exakten<br />
Darstellung <strong>des</strong> scheinbaren Chaos, das die Gesamtbewegung der kapitalistischen<br />
Produktion und Konsumtion in ihre gegenseitigen Verschlingung und ihrem<br />
Auseinanderfallen zahlloser Privatproduzenten und Konsumenten darstellt.<br />
Beide reduzieren das wirre Durcheinander in der Bewegung der Einzelkapitale<br />
auf einige einfache Zusammenhänge, in denen die Möglichkeit der Existenz<br />
und der Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft trotz ihres ungeregelten<br />
anarchischen Getriebes verankert ist. Beide vereinigen nämlich den doppelten<br />
Gesichtspunkt, welcher der Gesamtbewegung <strong>des</strong> gesellschaftlichen <strong>Kapitals</strong><br />
zugrunde liegt: daß sie zugleich als Kapitalbewegung eine Produktion und Aneignung<br />
von Mehrwert und als gesellschaftliche Bewegung Produktion und<br />
Kon sumtion von sachlichen Notwendigkeiten der menschlichen Kulturexistenz<br />
ist. In beiden vermittelt die Zirkulation der Produkte als Warenzirkulation den<br />
Gesamtprozeß, und in beiden folgt die Bewegung <strong>des</strong> Gel<strong>des</strong> nur als äußerer<br />
Ausdruck an der Oberfl äche der Bewegung der Warenzirkulation.<br />
In der Ausführung dieser großen Grundlinien liegt aber ein tiefer Ab-<br />
stand. Das Quesnaysche ›Tableau‹ macht zwar die Mehrwertproduktion<br />
zu einem Angelpunkt der Gesamtreproduktion, faßt aber den Mehrwert noch<br />
unter der naiven feudalen Form der Grundrente auf, versieht also eine Teilform<br />
für das Ganze.<br />
Es macht ebenso die sachliche Unterscheidung in der Masse <strong>des</strong> Gesamtprodukts<br />
zum anderen Angelpunkt der gesellschaftlichen Reproduktion, faßt<br />
sie aber unter dem naiven Gegensatz zwischen landwirtschaftlichen und manufakturmäßigen<br />
Produkten auf, versieht also äußere Unterschiede in den Stoff en,<br />
mit denen der arbeitende Mensch zu tun hat, für grundlegende Kategorien <strong>des</strong><br />
menschlichen Arbeitsprozesses überhaupt.<br />
Bei Marx ist die Mehrwertproduktion in ihrer reinen und allgemeinen,<br />
also absoluten Form der Kapitalproduktion aufgefaßt. Zugleich sind die ewigen<br />
sachlichen Bedingungen der Produktion in der grundlegenden Unterscheidung<br />
von Produktionsmitteln und Konsumtionsmitteln berücksichtigt und das<br />
Verhältnis beider auf ein exaktes Wertverhältnis zurückgeführt.<br />
Fragt man, warum die von Quesnay so glücklich angeschnittene Lösung<br />
<strong>des</strong> Problems bei der späteren bürgerlichen Nationalökonomie scheiterte und<br />
was zu dem gewaltigen Sprung, den die Analyse mit dem Marxschen Schema<br />
macht, erforderlich war, so ergeben sich hauptsächlich zwei Vorbedingungen.<br />
Vor allem fußt das Marxsche Reproduktionsschema auf der klaren und scharfen<br />
Unterscheidung der beiden Seiten der Arbeit in der Warenproduktion:<br />
der konkreten nützlichen Arbeit, die bestimmte Gebrauchswerte schaff t, und<br />
der abstrakten allgemeinmenschlichen Arbeit, die als gesellschaftlich notwen<br />
dige Werte schaff t. <strong>Die</strong>ser geniale Grundgedanke der Marxschen Werttheorie,<br />
der ihm u. a. die Lösung <strong>des</strong> Geldproblems ermöglicht hat, führte ihn<br />
auch zu der Auseinanderhaltung und zur Vereinigung der beiden Gesichtspunkte<br />
im Gesamtreproduktionsprozeß: der Wertstandpunkte und der sachlichen<br />
Zusammenhänge. Zweitens liegt dem Schema die scharfe Unterscheidung<br />
von konstantem und variablem Kapital zugrunde, bei der erst die<br />
Mehrwertproduktion in ihrem inneren Mechanismus aufgedeckt und als<br />
Das Problem der Reproduktion 53<br />
Das ist die ›Warenanalyse‹:<br />
Das Kapital. Kritik der politischen<br />
Ökonomie. Erster Band. Buch I: Der<br />
Produktionsprozeß <strong>des</strong> <strong>Kapitals</strong>.<br />
Erster Abschnitt. Ware und Geld.<br />
Erstes Kapitel. <strong>Die</strong> Ware.