Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals ... - babbelClub
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Von diesen allgemeinen Gesichtspunkten [aus gesehen] behält also das<br />
Marxsche Schema der erweiterten Reproduktion – mutatis mutandis – seine<br />
objektive Gül tigkeit auch für die geregelte Gesellschaft.<br />
Prüfen wir jetzt die Gültigkeit <strong>des</strong> Schemas für die kapitalistische Wirtschaft.<br />
Hier haben wir vor allein zu fragen: Was ist der Ausgangspunkt für die<br />
<strong>Akkumulation</strong>? Von diesem Standpunkte haben wir die gegenseitige Abhängigkeit<br />
<strong>des</strong> <strong>Akkumulation</strong>sprozesses in beiden Abteilungen der Produktion zu verfolgen.<br />
Zweifellos ist auch kapitalistisch die Abteilung II insofern auf I angewiesen,<br />
als ihre <strong>Akkumulation</strong> an eine entsprechende Menge verfügbarer zuschüssiger<br />
Produktionsmittel gebunden ist. Umgekehrt ist die <strong>Akkumulation</strong> in der<br />
Abteilung I an eine entsprechende zuschüssige Menge von Lebensmitteln für<br />
zuschüssige Arbeitskräfte gebunden. Daraus folgt nun aber durchaus nicht, daß<br />
es genügt, beide Bedingungen einzuhalten, damit die <strong>Akkumulation</strong> in beiden<br />
Abteilungen auch tatsächlich vonstatten geht und von Jahr zu Jahr sich ganz automatisch<br />
vollzieht, wie das nach dem Marxschen Schema den Anschein hat.<br />
<strong>Die</strong> angeführten Bedingungen der <strong>Akkumulation</strong> sind eben nur Bedingungen,<br />
ohne die die <strong>Akkumulation</strong> nicht stattfi nden kann. Auch der Wille zur <br />
<strong>Akkumulation</strong> mag in I wie in II vorhanden sein. Allein der Wille und die technischen<br />
Vorbedingungen der <strong>Akkumulation</strong> genügen in einer kapitalistischen<br />
Wa ren wirtschaft nicht. Damit tatsächlich akkumuliert, d. h. die Produktion erweitert<br />
wird, dazu ist noch eine andere Bedingung notwendig: eine Erweiterung<br />
der zahlungsfähigen Nachfrage nach Waren. Wo rührt nun die ständig wachsende<br />
Nachfrage her, die der fortschreitenden Erweiterung der Produktion im<br />
Marxschen Schema zugrunde liegt?<br />
Soviel ist zunächst klar: Sie kann unmöglich von den Kapitalisten I<br />
und II selbst, d. h. von ihrem persönlichen Konsum herrühren. Im Gegenteil,<br />
die <strong>Akkumulation</strong> besteht gerade darin, daß sie einen – und zwar min<strong>des</strong>tens<br />
absolut wachsenden – Teil <strong>des</strong> Mehrwerts nicht selbst konsumieren, sondern<br />
dafür Güter schaff en, die von anderen verwendet werden. <strong>Die</strong> persönliche<br />
Konsumtion der Kapitalisten wächst zwar mit der <strong>Akkumulation</strong>, sie<br />
mag selbst dem verzehrten Wert nach wachsen. Immerhin ist es nur ein Teil<br />
<strong>des</strong> Mehrwerts, der für die Konsumtion der Kapitalisten verwendet wird.<br />
Grundlage der <strong>Akkumulation</strong> ist gerade die Nichtkonsumtion <strong>des</strong> Mehrwerts<br />
durch die Kapitalisten. Für wen produziert dieser andere, akkumulierte Teil<br />
<strong>des</strong> Mehrwerts? Nach dem Marxschen Schema geht die Bewegung von der<br />
Abteilung I aus, von der Produktion der Produktionsmittel. Wer braucht<br />
diese vermehrten Produktionsmittel? Das Schema antwortet: <strong>Die</strong> Abteilung II<br />
braucht sie, um mehr Lebensmittel herstellen zu können. Wer braucht aber<br />
die vermehrten Lebensmittel? Das Schema antwortet: eben die Abteilung I,<br />
weil sie jetzt mehr Arbeiter beschäftigt. Wir drehen uns off enbar im Kreise.<br />
Lediglich <strong>des</strong>halb mehr Konsummittel herstellen, um mehr Arbeiter erhalten<br />
zu können, und lediglich <strong>des</strong>halb mehr Produktionsmittel herstellen, um jenes<br />
Mehr an Arbeitern zu beschäftigen, ist vom kapitalistischen Standpunkt eine<br />
Absurdität. Für den einzelnen Kapitalisten ist freilich der Arbeiter ein ebenso<br />
guter Konsument, d. h. Abnehmer seiner Ware – falls er sie zahlen kann – wie<br />
ein Kapitalist oder sonst jemand. Im Preise der Ware, die er dem Arbeiter verkauft,<br />
realisiert jeder einzelne Kapitalist seinen Mehrwert genauso wie im Preise<br />
jeder Ware, die er einem anderen beliebigen Abnehmer verkauft. Nicht so vom<br />
Standpunkte der Kapitalistenklasse im ganzen. <strong>Die</strong>se gibt der Arbeiterklasse im<br />
Das Problem der Reproduktion 71<br />
<strong>Die</strong> Erweiterung der Produktion<br />
hängt unter kapitalistischen Voraus<br />
setzungen davon ab, ob die<br />
Waren <strong>des</strong> gegebenen Produktionszyklus<br />
verkauft [zu Durchschnittspreisen],<br />
in Geld verwandelt<br />
werden [zahlungsfähige<br />
Nachfrage]. Ihr bloßes Dasein als<br />
Vorrat genügt nicht.